Jan Fabel 01 - Blutadler
darauf hinaus, dass Sie eine Menge Theorien darüber haben, weshalb ich mich dem BND angeschlossen habe. Aber hören Sie sich die Wahrheit an. Ich bin in den BND eingetreten, weil ich die einzigen Dinge verteidigen wollte, die verhindern können, dass sich die Geschichte wiederholt: die Demokratie und das Grundgesetz. Sie sehen sich als Hüter des Gesetzes, während ich mich als Hüter des Grundgesetzes betrachte. Meiner Meinung nach ist das einzige gerechte Regierungssystem eine wirklich liberale Demokratie.« Er lehnte sich in seinem Ledersessel zurück. »Wissen Sie, was ich eigentlich bin, Herr Fabel? Ich bin Feuerwehrmann.« Er deutete mit dem Kopf zum Fenster. »Dort draußen gibt es alle möglichen Versager und traurigen Dummköpfe, die mit Streichhölzern hantieren. Rechtsextremisten, Linksextremisten, fundamentalistische Religionsfanatiker - alle spielen in der Dunkelheit mit Feuer. Und meine Aufgabe ist es, die Funken zu löschen, bevor sie zu Flammen werden.«
»Okay, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen«, sagte Fabel. »Aber Tatsache bleibt, dass Sie uns Beweismaterial vorenthalten haben.«
»Wir brauchen uns nicht voreinander zu entschuldigen, Fabel, aber ein wenig mehr gegenseitiger Respekt und der Entschluss, einander die Arbeit nicht noch schwerer zu machen, würden weiterhelfen.« Er griff zu dem Telefon auf seinem Schreibtisch, drückte auf einen Knopf und befahl, die Witrenko-Akte hereinzubringen.
Die Sekretärin übergab Volker die Akte. Er öffnete sie und entnahm ihr ein Blatt Papier, das er Fabel reichte. Es enthielt mehrere Zeilen mit Buchstaben und Ziffern. Fabel musterte sie mehrere Male, bevor er Maria das Blatt hinhielt.
»Damit kann ich nichts anfangen«, sagte Fabel. Auch Maria zuckte die Achseln.
»Aber Ihre Kollegen von der Abteilung Wirtschaftsdelikte werden sehr viel damit anfangen können.« Volker verschränkte die Finger. »Das sind Transaktionsangaben. Details über die Bewegungen zwischen verschiedenen Konten - Zeiten, Daten und Beträge.« Er reichte Fabel zwei weitere Blätter aus der Akte. »Das ist ein Schlüssel für die Konten. Daraus geht hervor, welcher Firma welches Konto zuzuordnen ist.« Auf der Liste der Kontenbesitzer standen Galicia Trading, Klimenko International, Eitel-Import und mehrere andere, die Fabel nicht kannte.
»Ich vermute, dass das reicht, um einen Durchsuchungsbefehl zu erwirken. Wenn Ihre Experten diese Buchungsvorgänge durchleuchten, werden sie auch Überweisungen auf die Privatkonten der Eitels finden. Außerdem könnten sie auf ein paar andere Überraschungen stoßen.« Fabel hob eine Augenbraue. »Wir wollten dem gerade nachgehen, aber das überlasse ich jetzt Ihnen. Lassen Sie die Sache einfach von den Spezialisten überprüfen.« Volker beugte sich vor und stützte sich auf die Ellbogen. »Was Witrenko angeht, so kann ich Ihnen wirklich keinen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort geben. Er ist wie ein Phantom. Allerdings wissen wir, wo zwei seiner Stellvertreter zu finden sind.« Er zog zwei Fotos aus der Akte hervor, legte sie auf den Schreibtisch und drehte sie herum, damit Fabel und Maria sie sehen konnten. Es waren typische Observationsaufnahmen, die man aus sicherer Entfernung mit einem Teleobjektiv gemacht hatte. Beide Männer waren Ende vierzig, der eine schlank und drahtig, der andere von untersetzter Gestalt. Und beide wirkten wie erfahrene Soldaten. Volker pochte auf das Foto des schlanken Mannes. »Das ist Stanislaw Solowej. Seine Aufgabe war es, Jari Waraussow von den Vorteilen des Ruhestands zu überzeugen. Der andere ist Vadim Redtschenko.«
»Klugmanns Kontaktperson?«, fragte Maria.
»Und möglicher Henker«, setzte Volker hinzu.
Fabel schüttelte den Kopf. »Hansi Kraus hat ausgesagt, dass die Mörder akzentfrei Deutsch sprachen. Und sie haben absichtlich eine Pistole der ukrainischen Sicherheitsdienste hinterlassen. Ich glaube, dass sie uns auf die falsche Fährte locken wollten.«
»Egal, Redtschenko ist ein hemmungsloser Mörder, ob er nun für Klugmanns Tod verantwortlich war oder nicht. Er hatte seinen Stützpunkt in Reinbek, wo er eine Crack-Küche mit Vertriebsnetz besaß. Vor einem Monat haben wir zusammen mit der Abteilung Rauschgiftdelikte eine Razzia in der leer stehenden Fabrik durchgeführt, in der er die Crack-Küche eingerichtet hatte.«
»Lassen Sie mich raten«, sagte Maria. »Niemand war zu Hause?«
»Stimmt. Der Laden ging, gerade als wir anrückten, in Flammen auf. Irgendeine sowjetische Mine
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