Jan Fabel 01 - Blutadler
bringen.« Nun nahm auch Eitel wieder Platz. Markmann nickte den beiden Vernehmungsbeamten zu. Sie verließen den Raum, um von Markmann und Fabel abgelöst zu werden. »Ein Mannschaftswechsel«, sagte Eitel lächelnd. »Ich scheine wohl eine Befragung durch höhere Beamte verdient zu haben.«
»Was vermuten lässt, Herr Fabel«, warf Waalkes ein, »dass es Ihnen immer schwerer fällt, Gründe für die Belästigung meines Mandanten zu finden.« Wieder brachte ihn eine Geste von Eitel zum Schweigen.
»Ich bin nicht so leicht einzuschüchtern.« Eitel warf erneut den Kopf zurück und nutzte auch im Sitzen seine überlegene Größe.
»Schon bei Kriegsende haben sie es alle mit ihren unterschiedlichen Methoden versucht. Die Amerikaner waren grob und durchschaubar; außerdem griffen sie zu Beschimpfungen und Drohungen. Die Briten waren viel subtiler und professioneller: immer höflich, aber hartnäckig und unnachgiebig. Man hatte das Gefühl, von ihnen respektiert und sogar bewundert zu werden, während sie versuchten, genug Material für eine Hinrichtung zu sammeln. Wie Sie sehen, Herr Fabel, haben beide Seiten versagt.«
Fabel schien Eitel nicht zugehört zu haben. Er hob den Telefonhörer, wählte Marias Anschluss und forderte sie auf, die FBI-Mitteilung und andere Unterlagen ins Vernehmungszimmer zu bringen. Dann blieb er schweigend sitzen. Waalkes öffnete den Mund, um zu protestieren.
»Seien Sie bloß still«, sagte Fabel ruhig und ohne Zorn.
»Jetzt reicht's.« Waalkes stand erneut auf.
»Setzen Sie sich!«, bellte Eitel. »Merken Sie nicht, dass Herr Fabel uns provozieren will?«
Als Maria mit den Unterlagen eintraf, war die Atmosphäre im Vernehmungszimmer wie elektrisiert.
»Maria«, sagte Fabel heiter, »würdest du dich uns bitte anschließen?«
Sie zog einen Stuhl von der Wand neben der Tür herüber und stellte ihn an das Ende des Tisches. Es war ein Vorstoß auf neutrales Gelände, der Waalkes veranlasste, einen missbilligenden Laut von sich zu geben und seinen Stuhl ein wenig zur Seite zu rücken. Fabel merkte, dass auch Waalkes' Mandant über den Vorstoß verärgert war.
»Können wir jetzt anfangen?«, fragte Waalkes.
»Wenn Sie möchten.« Fabel nahm die Unterlagen von Maria entgegen, öffnete sie und fragte, ohne aufzublicken: »Herr Eitel, stimmt es, dass Sie Kontakte zur Odessa-Mafia unterhalten, wie unsere amerikanischen Freunde sie nennen?«
Waalkes wollte das Wort ergreifen. Noch eine Handbewegung von Eitel. »Ich habe nicht die geringsten Kontakte zu irgendeiner Mafia, Herr Fabel.« Seine Stimme war ruhig, hatte jedoch einen drohenden Klang. »Ich würde Ihnen raten, mit Ihren Anschuldigungen etwas vorsichtiger zu sein.«
»Sie arbeiten mit John Sturchak zusammen?«
»In der Tat, genau wie mit seinem Vater. Und ich bin stolz darauf.«
Fabel hob die Augen. »Aber Sturchak ist eine Art Pate, eine Art Boss ...« Er tat so, als suche er nach dem Wort.
»Pachan«, sprang Maria ihm bei, ohne Eitel aus den Augen zu lassen.
»Ja, eine Art hoher Pachan. Habe ich Recht? Jemand, der sich mit Betrug, Prostitution und Rauschgift abgibt.«
Eitel erstarrte, und nun schwang ein eisiger Ton in seiner Stimme mit. »Das ist eine Verleumdung. Eine ungerechtfertigte, haltlose Verleumdung eines geachteten Geschäftsmanns.«
Fabel lächelte. Endlich war er unter Eitels Haut vorgedrungen.
»Ach, ich bitte Sie. Nicht umsonst erzählt man sich, dass John Sturchak nichts ist als ein ukrainischer Gauner, genau wie sein Vater.«
Eitels Wangen röteten sich bis zu den Schläfen. »Roman Sturchak war ein mutiger Soldat und ein militärisches Genie. Außerdem ein wahrer ukrainischer Patriot. Ich werde nicht dulden, dass jemand ...«
Eitel verzog das Gesicht, als müsse er ein übel riechendes Objekt von sich fern halten. »... jemand wie Sie sein Andenken beleidigt.«
Fabel zuckte so unbekümmert wie möglich die Achseln. »Hören Sie doch auf. Roman Sturchak war ein Söldner der Nazis. Er hat seine eigenen Landsleute auf Befehl einer Verbrecherbande in Berlin umgebracht.«
Jetzt konnte Eitel seine Wut kaum noch im Zaum halten. »Roman Sturchak hat für sein Land gekämpft. Es ging ihm um nichts anderes, als die Ukraine von Stalin und seinen Handlangern zu befreien. Er war ein Freiheitskämpfer und ein besserer Mann, als Sie es jemals sein könnten.«
»Tatsächlich? Woran ist diese Qualität denn zu messen? An der Zahl seiner Landsleute, die er ermordete? Oder an der Menge dubioser Gelder, die
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