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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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5. Juni
      Das Feuer in Werners Augen verriet Fabel, dass es sich um etwas Wichtiges handelte.
    Werner ging die Polizeiarbeit methodisch und sorgfältig an - im Gegensatz zu Fabels eher intuitivem Verfahren. Während Werner sich in Details erging, widmete sich Fabel den großen Zusammenhängen.
    Dieser Kontrast trug dazu bei, dass sie ein solch gutes Team bildeten. Das Einzige, was Fabel frustrierte, war Werners Unwille, sich auf Maria Klee einzustellen, damit sie ihre zusätzlichen und genauso wertvollen analytischen Fähigkeiten einbringen konnte. Im Moment allerdings hatte Werner jene Miene aufgesetzt, die Fabel verriet, dass er in einem kleinen Winkel der Ermittlung herumgeschnuppert und eine Fährte gefunden hatte.
    »Was hast du rausgekriegt, Werner?«
    Werner setzte sich Fabel gegenüber und lachte leise, weil er so leicht zu durchschauen war. »Zwei Dinge. Erstens, unglaublich, aber wahr, hat sich unser Freund Klugmann nicht ganz ehrlich geäußert.«
    »Welch eine Überraschung.«
    Werner zeigte Fabel eine Liste, die wie eine Telefonrechnung ohne Gebührenangaben aussah. Nur die gewählten Nummern und die Dauer der Gespräche waren darauf verzeichnet. »Ich habe die Einzelheiten von Klugmanns Handyrechnung.« Werner bemerkte Fabels hochgezogene Augenbrauen. »Es war nicht leicht.« Er tippte mit der Spitze seines kräftigen Zeigefingers auf einen Eintrag. »Sieh dir das an. Er hat diese Nummer um zwei Uhr fünfunddreißig angerufen. Es ist der Notruf, genau wie verzeichnet.« Werner fuhr mit dem Finger über die Seite. »Und nun guck das hier an. Zwei Uhr zweiundzwanzig.«
    Fabel schaute von dem Eintrag auf und blickte Werner in die Augen. »Der Mistkerl.«
    »Genau. Er hat dreizehn Minuten lang mit der Nummer telefoniert. Dann muss er aufgelegt und die Polizei angerufen haben. Wen zum Teufel ruft man vor der Polizei an, wenn man gerade eine so genannte Freundin aufgefunden hat, die wie Suppenfleisch zerschnitten worden ist? Den Pizzadienst?«
    »Also wer ist das? Wessen Nummer?«
    Werner lehnte seinen breiten Rücken gegen den Stuhl und kippte ihn ein wenig zurück. »Das ist die zweite Sache. Ich habe mehrere Male bei allen wichtigen Stellen nachgefragt, zum Beispiel bei der Deutschen Telekom und den Mobiltelefondienstleistern, aber diese Nummer« - er ließ seinen Stuhl nach vorn kippen und klopfte mit dem Finger auf den Eintrag - »existiert nicht.«
    »Sie muss existieren.«
    »Sicher, denn Klugmann hat dreizehn Minuten lang mit ihr gesprochen, aber sie ist nirgends verzeichnet. Damit bleibt uns nur noch eine Möglichkeit.«
    »Du hast es noch nicht versucht?«
    »Ich dachte, das sollte ich dir überlassen, Chef.«
    Fabel griff nach seinem Handy und wählte die Nummer. Der Anruf wurde nach dem zweiten Klingeln entgegengenommen, doch niemand sagte ein Wort.
    Nach einer Weile rief Fabel: »Hallo?«
    Schweigen.
    »Hallo?« Fabel glaubte, Atemzüge zu hören. Er war sich recht sicher, mit einem Handy verbunden zu sein. Nach zwei Sekunden meldete er sich erneut: »Hallo ... ich bin's.« Die Verbindung brach ab. Fabel wählte die Nummer noch einmal. Er ließ das Telefon mehrere Minuten lang klingeln, bevor er auflegte. Dann wandte er sich an Werner. »Wird Klugmann noch überwacht?«
    Werner nickte.
    »Dann lass ihn uns herholen.«
    Es war eher eine Gasse als eine Straße. Da sie so schmal war und von Ost nach West verlief und die Gebäude aus rotem Sandstein mindestens drei Etagen in die Höhe ragten, wirkte sie düster. Man durfte nur an einer Seite der Straße parken, und Anna Wolffs und Paul Lindemanns Mercedes stand auf halber Höhe des Fahrdamms. Es gab keine weiteren Plätze, und Fabel - mit Werner auf dem Beifahrersitz - musste seinen Wagen eine Straße weiter abstellen.
    Sonja Brun kam um die Ecke. Sie trug zwei mit Lebensmitteln voll gestopfte Aldi-Taschen. Die schlanke Frau hatte lange, gebräunte Beine. Ihre dunklen Haare wurden durch eine Sonnenbrille, die sie sich über die Stirn geschoben hatte, daran gehindert, ihr ins Gesicht zu fallen. Sie wirkte geschmeidig und gesund. Fabel dachte an die Kommentare, die der Gerichtsmediziner Möller über die Fitness des zweiten Opfers abgegeben hatte. Sonja war unter anderem Table-Tänzerin in der Tanzbar Paradies. Das trug anscheinend zu ihrer Gesundheit bei, und vielleicht trainierte sie in einem Fitness-Studio. Möglicherweise war »Monique« also doch eine Nutte gewesen. Sonja ging an der anderen Seite der schmalen Straße an Fabels geparktem Wagen

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