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Jan Fabel 01 - Blutadler

Titel: Jan Fabel 01 - Blutadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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seine Ermittlungen über Abteilungsgrenzen hinweg durchzuführen.
    Fabel war klar, dass er vor einem mindestens fünfzehn Millionen Euro teuren Besitztum stand. Das dreistöckige Haus von Mehmet Yilmaz im Stadtteil Rotherbaum lag nur zehn Gehminuten von Fabels Wohnung entfernt. Seine beeindruckende Fassade präsentierte sich der von Bäumen gesäumten Straße mit selbstsicherer Eleganz. Es gehörte zu einer Reihe von fünf Häusern - jedes von genauso mächtigen Dimensionen, jedes von gediegener Erscheinung und jedes von ganz unterschiedlichem Stil. Bauhaus stand neben Art déco und Neugotik.
    Er hatte erwartet, dass ein türkischer Muskelmann mit mächtigem Schnurrbart die Tür öffnen würde. Stattdessen erschien eine attraktive junge Haushälterin mit kurzem, goldblond schimmerndem Haar. Sie fragte ihn höflich nach seinem Namen und dem Zweck seines Besuchs und führte ihn durch einen Korridor aus poliertem Stein in ein großes rundes Empfangszimmer. Dieser Raum im Zentrum des Hauses war drei Etagen hoch und von einer Kuppel gekrönt, durch deren kreisförmiges Buntglasoberlicht Farbtupfer auf den Fußboden fielen. Aus einem fernen Winkel des Hauses hörte Fabel stockendes Klavierspiel und das Lachen von Kindern.
    Auf dem riesigen, runden Nussbaumtisch in der Mitte des Empfangszimmers lagen zwei Stapel in Leder gebundener Bücher. Fabel hatte gerade einen Band aufgehoben, eine wertvolle Edition von Goethes Die Leiden des jungen Werthers, als ein hoch gewachsener, schlanker, glatt rasierter Mann von ungefähr fünfzig Jahren eintrat. Sein Haar war mittelbraun und an den Schläfen ergraut.
    »Wir haben miteinander telefoniert, Herr Kriminalhauptkommissar. Sie wollten mit mir sprechen?«, fragte Mehmet Yilmaz ohne die Spur eines türkischen Akzents.
    Fabel merkte, dass er die Goethe-Ausgabe immer noch in der Hand hielt. »Oh, entschuldigen Sie ...« Er legte das Buch nieder. »Es ist in einem prächtigen Zustand. Sammeln Sie?«
    »Das tue ich tatsächlich«, antwortete Yilmaz. »Deutsche Romantiker, Sturm und Drang und Ähnliches. Wann immer möglich - wenn ich es mir leisten kann -, beschaffe ich mir Erstausgaben.«
    Fabel unterdrückte ein Lächeln. In dieser Umgebung war es schwer, sich vorzustellen, dass Yilmaz Mühe hatte, sich irgendetwas zu leisten. Der Türke ging hinüber an den Tisch und hob ein kleineres Buch mit einem Einband aus üppigem Burgunderrot auf.
    »Theodor Storm, Der Schimmelreiter - eine Erstausgabe und mein letzter Erwerb.« Er reichte Fabel das Buch. Das burgunderrote Leder war weich und nachgiebig, fast warm. Sein Alter schien fühlbar zu sein, als strichen Fabels Fingerspitzen über all die anderen Finger, die das Buch in mehr als einem Jahrhundert berührt hatten.    
    »Wunderbar«, sagte Fabel aufrichtig. Er gab den Band zurück. »Es tut mir Leid, Sie zu Hause zu stören, Herr Yilmaz, und ich danke Ihnen dafür, dass Sie mich so kurzfristig empfangen. Ich dachte einfach, dass es hier nicht ganz so förmlich sein würde. Ich möchte Ihnen ein paar Fragen im Zusammenhang mit einem Fall stellen, an dem ich arbeite.« 
    »Ja, das haben Sie am Telefon erwähnt. Sind Sie sicher, dass die Sache nicht offizieller abgewickelt werden sollte? Vor allem in Gegenwart meines Anwalts?«
    »Das bleibt natürlich Ihnen überlassen, Herr Yilmaz. Aber ich möchte unterstreichen, dass ich Sie nicht als Verdächtigen betrachte, sondern nur als jemanden, der vielleicht ein paar interessante Informationen beisteuern kann. Übrigens, Herr Yilmaz, bevor wir fortfahren: Mein Beileid zum Tod Ihres Cousins.«
    Yilmaz trat auf einen Kaffeetisch und zwei Ledersessel an der Wand zu. »Bitte, Herr Fabel, nehmen Sie Platz.« Die blonde Haushälterin kam mit einer Kaffeekanne herein. Sie füllte zwei Tassen und verließ das Zimmer. »Vielen Dank, Herr Fabel. Es kommt nicht oft vor, dass ein Hamburger Polizist so ... höflich mit mir redet. Es ist traurig, aber Ersin war immer sehr ... sagen wir, impulsiv. Wie auch immer, stellen Sie Ihre Fragen, und ich werde tun, was ich kann, um Ihnen zu helfen. Um was für einen Fall geht es? Am Telefon hatten Sie gesagt, Sie wollten mit mir über Hans Klugmann reden. Aber ich habe schon mit Ihren Kollegen, Herrn Buchholz und Herrn Kolski, über ihn gesprochen. Die beiden wissen, dass ich keine Ahnung habe, wo er ist.«
    Nun begriff Fabel Kolskis Ärger über seinen Besuch bei Yilmaz. Warum suchte das LKA 7 Klugmann? »Ach ja? Aber das ist nicht der Fall, an dem ich arbeite.

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