Jan Fabel 01 - Blutadler
›Feier des Lebens‹. Ich habe mich mit ihm für heute Abend um halb neun verabredet.«
»Ich komme mit.« Fabel wandte sich an Werner. »Etwas Neues über MacSwain?«
Nun griff Werner nach seinen eigenen Notizen. »John Andreas MacSwain ...« Wie alle in der Mordkommission außer Fabel konnte Werner das weiche angelsächsische »W« in MacSwains Namen nur mit Mühe aussprechen. »Geboren 1973 in Edinburg, Schottland. Sein Vater war Partner in einem Edinburger Steuerberatungsunternehmen. Seine Mutter ist Deutsche und stammt aus Kassel. Er ging auf eine dieser snobistischen britischen Privatschulen und hat ein Informatikstudium an der« - Werner kämpfte mit dem Namen - »Heriot-Watt-Universität absolviert. Außerdem besitzt er ein Informatikdiplom von der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Er ist in Deutschland ansässig, hat sich aber nicht um die deutsche Staatsbürgerschaft bemüht. Ein merkwürdiger Zufall: MacSwain arbeitet für die Verlagsgruppe Eitel. Aber er ist kein Angestellter, sondern hat einen Vertrag als freiberuflicher IT-Consultant.«
»Eine perfekte Voraussetzung, um verschlüsselte E-Mails zu verschicken«, meinte Anna.
Fabel, der auf dem Rand von Werners Schreibtisch saß, ließ das Kinn nachdenklich auf die Brust sinken, hob es aber rasch wieder, als er die Stelle am Hals spürte, wo der Slawe den Druck ausgeübt hatte.
»Fahr fort, Werner.«
»Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen, weder hier noch in Großbritannien. Nicht einmal eine Geschwindigkeitsüberschreitung.« Werner ließ die Hand mit seinen Notizen sinken und machte ein »Das ist alles« -Gesicht.
»Anna, wie sieht's mit der Observation aus?« Anna und Paul tauschten einen Blick aus. Fabel atmete langsam durch. »Bitte, Anna!«
Sie schilderte die Ereignisse des vorherigen Abends.
»Ach so.« Fabels Miene ließ übermäßiges Staunen erkennen. »Das Ergebnis eurer Observation ist also ein Treffen mit der Zielperson ... zu einer Verabredung.« Er betonte die drei letzten Worte.
»Was soll ich sagen? Entweder man hat es, oder man hat es nicht.«
Fabel richtete sich auf. »Ist ja fein, wenn dir die Sache amüsant vorkommt.«
»Hör zu, Chef, es könnte klappen. Ich kann aus dem Observationsteam aussteigen und meine Verabredung mit MacSwain nicht einhalten. Andererseits könnte ich sie einhalten und wahrscheinlich mehr über ihn herausfinden als in einem Monat der Überwachung.«
»Und wenn er unser Mann ist?«, fragte Paul. »Du könntest das nächste Opfer werden.«
Fabel betrachtete das Kleinmädchengesicht unter dem Make-up, die schmächtige, trotzige Gestalt und verspürte einen Anflug von Unruhe. »Es gefällt mir nicht, Anna. Ich möchte dich nicht in Gefahr bringen ... Aber ich werde darüber nachdenken.«
Paul Lindemann machte ein Geräusch, als hätte er etwas Giftiges verschluckt, und schleuderte seinen Kugelschreiber auf den Schreibtisch. Fabel ignorierte ihn, doch er beschloss, Paul zum Leiter des Überwachungsteams zu machen, denn Annas Sicherheit würde ihm wichtiger sein als sein eigenes Leben.
»Ich möchte, dass du einen Operationsplan aufsetzt und ihn mir noch heute auf den Schreibtisch legst«, fuhr Fabel fort. »Und wenn er nicht hundertprozentig sicher ist, lassen wir die Sache fallen. Außerdem musst du ein Abhörgerät tragen. Das Hilfsteam soll unbedingt wissen, was vor sich geht.«
»Ach je.« Anna machte ein enttäuschtes Gesicht. »Versuchst du, mich an meiner Entfaltung zu hindern?« Doch sie merkte, dass ihr Witz keinen Widerhall fand. »Wie du meinst, Chef.«
Fabel spürte, wie sich ein Reifen um seinen Kopf legte. Die gleißenden Neonröhren im Büro der Mordkommission taten seinen Augen stets weh, aber heute störten sie ihn besonders. Er schaute auf seine Uhr: fast halb eins.
»Was liegt über Angelika Blüm vor?« Fabel massierte sich beim Sprechen die Schläfe. »Haben wir mehr über sie herausgefunden?«
»Ich habe eine vollständige Übersicht über ihre Berufslaufbahn«, sagte Werner. »Ein paar interessante Punkte sind zu verzeichnen. Du weißt von der Ausstellung in Bremen?«
Fabel nickte. Konnte es hier etwa eine Verbindung geben?
»Also, bevor Marlies Menzel dazu überging, Bomben in den Alsterarkaden zu legen, arbeitete sie als Journalistin und satirische Karikaturistin für die linke Zeitschrift Zeitgeist. Angelika Blüm war ebenfalls für Zeitgeist tätig, und ihr damaliger Freund war Chefredakteur.«
»Waren Menzel und Blüm befreundet?«
»Das weiß ich
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