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Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Gefühle. Eine Leiche hat nichts Menschliches mehr an sich. Sie sieht nicht aus wie ein schlafendes Individuum, son­dern sie ist lediglich ein menschenähnliches Objekt. Eine leere Hülle. Die meisten Toten, mit denen Fabel sich beschäftigen musste, waren gewaltsam aus ihrer Hülle entfernt worden. Und wo manche ein von der entwichenen Seele verlassenes Behältnis sahen, vermochte Fabel nur Leere zu erkennen. Die endgültige Trennung und Auslöschung voneinander abhängiger biologi­scher Systeme. Das Ende eines nie mehr wiederkehrenden Uni­versums.
    Wie immer Armin Lensch die Welt gesehen haben mochte, nun war ihm die Sicht genommen. Sein Körper lag auf einer mit niedrigen Büschen bewachsenen Fläche aus Gras und Geröll in der Nähe des Elbufers, unweit der Hafenstraße. Ein paar leere Bierflaschen und das Rad eines vor langer Zeit fortgeworfenen Kinder Spielzeugs dienten ihm als Kissen; das Gras, auf dem er lag, war von den zertrümmerten roten Backsteinen eines Dock­gebäudes umrahmt, das einst hier gestanden hatte. Der Regen war zu Graupeln und dann zu Schnee geworden. Deshalb hat­ten die Techniker ein weißes Spurensicherungszelt errichtet, um den Tatort zu schützen. Er wurde durch Lampen auf Teles­kopständern erhellt.
    Wie Westland war Lensch der Bauch von einer Seite zur an­deren aufgeschlitzt worden. Seine Eingeweide waren seitlich aus der mundähnlich klaffenden Wunde hervorgequollen und schimmerten im gleißenden Licht der Bogenlampen, die das Spurensicherungsteam aufgestellt hatte. Ein ekelhafter Ge­stank drang aus dem aufgeschnittenen Leib und hing in der Luft des Zeltes.
    Ein in einen weißen Overall mit Kapuze gehüllter Mann mit Mundschutz und blauen Latexhandschuhen trat auf Fa­bel zu.
    »Hallo, Jan.« Holger Brauner, der Leiter der Spurensiche­rung, schob den Mundschutz vom Gesicht und lächelte. »Ganz schön frisch heute Nacht...«
    Fabel erwiderte das Lächeln. Brauner war trotz des Wesens seiner Arbeit fast immer fröhlich. Oder vielleicht wegen seiner Arbeit. »Hallo, Holger. Was hast du festgestellt?«
    »Nach meiner Schätzung handelt es sich um einen neunundzwanzigjährigen Mann, einen Meter neunundsiebzig groß. Er ist Angestellter ... Finanzsektor. Blutgruppe 0 rhesus negativ, litt unter einer Nussallergie und wohnte in Eppendorf.«
    »Sehr eindrucksvoll, Sherlock«, sagte Fabel. »Du hast also seine Brieftasche gefunden?«
    »Nein, natürlich nicht. Das alles habe ich über die DNA und mit den geheimnisvollen Fertigkeiten eines forensischen Zau­berers festgestellt. Siehst du nie CSI?« Brauner grinste und hielt eine Spurensicherungstüte aus Plastik hoch, die eine schwarze Lederbrieftasche und einen Personalausweis enthielt. »Da ist alles drin. Anscheinend auch seine Kreditkarten und sein Bar­geld. Nicht zu vergessen sein Handy. Raub scheint nicht das Motiv gewesen zu sein.«
    »Überlass uns die Kriminalarbeit, du Laborratte«, meinte Fabel lachend. Jemand betrat hinter ihm das Zelt. Er drehte sich um und erblickte Anna und Werner. Der Oberkommis­sar, der Fabel angerufen und über den Mord unterrichtet hatte, verdrehte die Augen. Fabel verstand den Hinweis: Annas Make-up bildete einen grellen Kontrast zur Blässe ihrer Haut. Den gleichen Effekt hatte er an Viola Dahlke beobachtet, doch in Annas Fall war es Armin Lenschs aufgeschlitzter Bauch, der sie erbleichen ließ. Sie gab sich alle Mühe, die Leiche nicht anzuschauen. Dies war die Achillesferse der abgebrühten klei­nen Anna und ein weiterer Grund für eine mögliche Verset­zung.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte Fabel.
    »Bestens«, behauptete Anna, als müsse sie sich verteidigen, aber sie wandte die Augen immer noch von Lensch ab. »Das ist also Nummer zwei. Sieht so aus, als wären wir am Beginn einer neuen Serie.«
    »Ihr beide müsst herausfinden, wann er zuletzt gesehen wurde, mit wem er zusammen war ... Werner, was ist los?« Fabels Kollege hatte sich dicht über den Toten gebeugt und mus­terte ihn konzentriert.
    »Anna, komm her und guck ihn dir an ...«
    »Ja ... sehr komisch.«
    »Nein, Anna, ich meine es ernst. Guck ihn dir an ... Ist das nicht der Knabe von vorhin? Als wir Viola Dahlke verhaftet haben?«
    Anna machte einen Schritt nach vorn und hielt sich den Handrücken an die Nase. »Verdammt ... Du hast recht.«
    »Gut«, sagte Fabel, »heraus damit.«
    »Nur ein zufälliges Zusammentreffen, Chef«, erwiderte Anna. »Das vermute ich zumindest. Wir haben dir doch be­richtet, dass es bei der

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