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Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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verwirrt. Ängst­lich. Ihr Gesicht war bleich unter dem übertriebenen Make-up. Die grelle Beleuchtung des Vernehmungszimmers verlieh ihrer Blässe einen gelblichen Schimmer und vertiefte die Schatten unter ihren Augen. Ihr Haar war in einem matten Blond ge­färbt, wie es viele norddeutsche Frauen benutzen, wenn sie er­grauen, und zu einem Pferdeschwanz gebunden. Aber das Ma­ke-up und die Frisur passten nicht im Geringsten zu ihr.
    »Frau Dahlke, man hat Sie vermutlich darauf hingewiesen, dass Sie nach Paragraph 136 der Strafprozessordnung das Recht haben, die Aussage zu verweigern. Außerdem haben Sie die Möglichkeit, sich durch einen Rechtsbeistand vertreten zu las­sen. Verstehen Sie diese Rechte?«
    Viola Dahlke nickte. Sie schien die Sorgen der Welt auf den Schultern zu tragen und hatte sich offenbar damit abgefunden. »Ich brauche keinen Anwalt. Ich möchte nach Hause. Es tut mir leid. Wenn ich das Gesetz gebrochen habe, werde ich die Strafe bezahlen. Ich habe es nicht böse gemeint. In Wirklich­keit ... in Wirklichkeit bin ich keine dieser Frauen.«
    »Frau Dahlke, ich glaube nicht, dass Sie sich über die Um­stände im Klaren sind. Uns interessiert nicht, ob Sie als Prosti­tuierte arbeiten - ganztags, halbtags oder überhaupt nicht. Ich bin Erster Hauptkommissar Fabel ... von der Mordkommis­sion. Die Beamten, die Sie verhaftet haben, sind ebenfalls Mordermittler.«
    »Mord?« Sie hob geschockt die vor Wimperntusche schwe­ren Augenlider. Ihre Furcht verstärkte sich. »Was habe ich mit Mord zu tun?«
    »Wissen Sie nicht, was letzte Woche geschehen ist? Das kann Ihnen doch nicht entgangen sein, Frau Dahlke. Die Zei­tungen und das Fernsehen waren voll davon. Haben Sie nicht von Jake Westland gehört, dem britischen Popsänger?«
    Viola Dahlke ging ein Licht auf. Die Erkenntnis erschreckte sie, und sie musterte Fabels Gesicht, um eine Spur von Trost da­rin zu finden. Er erfüllte ihr den Wunsch nicht.
    »Damit habe ich nichts zu tun ...« Ihre Stimme bebte. »Ich schwöre, dass ich nichts damit zu tun habe.«
    »Frau Dahlke, Sie sind eine Hausfrau mittleren Alters, die sich als Prostituierte ausgibt. Und Sie haben versucht, einen meiner Beamten auf ein verdunkeltes Grundstück zu locken. Letzte Woche wurde Jake Westland weniger als zweihundert Meter vom Ort Ihrer Verhaftung in einen verdunkelten Hof ge­lockt und ermordet. Die Tat wurde von einer als Prostituierte getarnten Person begangen.«
    Viola Dahlke starrte ihn an, als habe es ihr die Sprache ver­schlagen. Oder den Atem.
    »Ich nehme an, dass Ihnen der Ernst Ihrer Lage nun bewusst ist.«
    »Ich habe nicht ... Ich würde niemals ... Es war doch nicht böse gemeint.«
    »Wo waren Sie zwischen 23 Uhr am Samstag, dem sechs­undzwanzigsten, und 13 Uhr am Sonntag, dem siebenundzwan­zigsten?«
    »Zu Hause. Im Bett.«
    »Wer kann das bestätigen?«
    »Mein Mann ...« Wieder zeigte ihre Miene an, dass ihre Furcht um ein, zwei Grade gestiegen war. »Oh, bitte nicht ... Bitte reden Sie nicht mit meinem Mann.«
    »Frau Dahlke, Sie scheinen den Ernst Ihrer Situation immer noch nicht zu begreifen. Wenn Sie nicht nachweisen können, wo Sie sich während der Zeit des Mordes aufgehalten haben, werden Sie für weitere Befragungen hierbleiben müssen, und wir werden eine umfassende kriminaltechnische Untersuchung Ihrer Wohnung durchführen. Wenn Sie mit Ihrem Mann zu Hause waren, dann brauchen wir ihn zur Verifizierung.«
    »Aber ich habe nichts Unrechtes getan«, schluchzte sie. »Ich habe niemandem wehgetan. Das schwöre ich.«
    »Arbeiten Sie, Frau Dahlke?«
    »In unserer Ortsbücherei. Teilzeit.«
    »Und ist Ihr Mann erwerbstätig?«
    »Ja ... er ist Ingenieur.«
    »Warum also arbeiten Sie dann auch noch als Prostituierte?«
    »Das stimmt nicht. Ich ...« Wieder schienen ihre Augen verzweifelt ein gewisses Verständnis von Fabel zu erflehen. Dann löste sich ihre Verzweiflung auf. Sie neigte den Kopf und fi­xierte den vor ihr stehenden Tisch. »Ich habe es nur dreimal ge­macht.« Ihre Stimme war nun wieder bleiern und eintönig. »Ich tue es nicht des Geldes wegen.«
    »Warum dann? Warum um alles in der Welt setzen Sie Ihre Gesundheit aufs Spiel?«
    Sie schaute auf. Ihre Augen glänzten von Tränen, die ihr nun über die Wangen rollten und Streifen von Wimperntusche hin­terließen. »Ich bin durchschnittlich. Das war ich schon immer. Langweilig. Ich führe ein langweiliges Leben mit einem lang­weiligen Mann und langweiligen Kindern. Vor unserer

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