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Jan Fabel 06 - Tiefenangst

Titel: Jan Fabel 06 - Tiefenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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verstehe.«
    Die Verbindung brach ab.

28.
     
    Fabel wusste, dass er nicht herzlich empfangen werden würde. Er hatte telefonisch ein Treffen mit Tanja Ulmen vereinbart, dem ersten von Föttingers angeblichen Opfern. Tanja Ulmen war glücklich verheiratet, hatte Kinder und wohnte in Bad Bramstedt, einem Städtchen zwischen Hamburg und Kiel. Sie hatte ihn gebeten, sie am Telefon zu befragen, da ihre Familie nichts von dem Vorfall mit Daniel Föttinger wisse, der sich während ihres Studiums ereignet hatte. Fabel war jedoch nicht darauf eingegangen und hatte ihr mitgeteilt, dass es sich um eine Mordermittlung handele, weshalb ein Telefonat nicht ausreiche. Ohnehin widerstrebte es Fabel, die Reaktionen der Menschen, die er befragte, nicht aus der Nähe beobachten zu können. Schließlich hatte Tanja Ulmen sich widerwillig bereit erklärt, sich nach Feierabend mit ihm zu treffen. Sie sei Lehrerin am Ortsgymnasium. Fabel war ein wenig überrascht, als Ulmen verlangte, dass er eine Kollegin mitbrachte.
    Es dauerte vierzig Minuten, bis Fabel und Anna Bad Bramstedt erreichten, und weitere zehn, den Rastplatz an der Bundesstraße 207 zu finden. Während der Fahrt war Anna aufgefallen, dass Fabel öfter als sonst in seinen Rückspiegel blickte.
    »Ist er wieder da?«, fragte sie. »Der Geländewagen?«
    »Nein. Mir kam es so vor, aber ich habe mich wohl getäuscht. Vielleicht werde ich paranoid auf meine alten Tage.«
    »Wenn du wirklich meinst, verfolgt zu werden, vor allem nachdem so viele E-Mails und SMS verschwunden sind, sollten wir Seamark International aufsuchen und uns ein paar Antworten holen.«
    »Vielleicht ist es nichts«, sagte Fabel. »Es könnte ein Zufall sein, oder möglicherweise habe ich zwei oder drei verschiedene Autos versehentlich für ein und dasselbe gehalten. Ich möchte sicher sein, bevor ich etwas unternehme. Jedenfalls ist der Wagen jetzt nicht da.« Er wartete eine Weile und fuhr dann fort: »Das ist noch nicht alles, Anna. Ich meine, neben den SMS und so weiter. Jemand hat mich gestern Abend anonym angerufen. Er behauptet, über Meliha Yazar und Müller-Voigt Bescheid zu wissen.«
    »Und du glaubst ihm?« Anna klang skeptisch. »Nach allem, was sich abgespielt hat, sind es doch wahrscheinlich dieselben Leute, die wieder ihre Spielchen treiben.«
    »Das dachte ich auch, aber dieser Anruf war anders. Der Mann sagte, sie würden ihn finden und umbringen, und ich glaube, dass er davon überzeugt war. Vielleicht ist er ein ehemaliges Mitglied oder hat irgendeine andere Beziehung zu ihnen.«
    »Also bist du sicher, dass das Pharos-Projekt für alles verantwortlich ist?«
    »Mehr als das, Anna. Ich kann mir langsam vorstellen, was wirklich passiert ist. Guck mal, da ist sie …«
    Es war das einzige Auto auf dem Rastplatz: ein bejahrter Citroën. Der Platz war durch einen dichten Baumvorhang von der Straße abgeschirmt, und an der anderen Seite befand sich eine noch tiefere Bewaldung. Frau Ulmen hatte diesen Treffpunkt vorgeschlagen: Er war weit genug von der Stadt entfernt, doch andererseits so nahe, dass sie heimkehren konnte, ohne viel Argwohn zu erregen.
    »Ich habe meinen Kindern erklärt, dass ich einkaufen fahren werde, aber in einer Stunde zurück bin«, sagte sie schroff zur Begrüßung, während sie in den Fond von Fabels Auto stieg. »Sie wollen mit mir über Daniel Föttinger reden?« Fabel wusste aus dem Bericht, dass Tanja Ulmen Mitte dreißig war, aber ihre erschöpfte Miene hätte es schwierig gemacht, ihr Alter auf den ersten Blick zu erraten. Sie hatte unordentliche blonde Haare, die auf ihrem Kopf hochgebunden waren und von einer großen hölzernen Haarspange mit einem keltischen Bogenmuster festgehalten wurden. Ihre Kleidung war weit und ein wenig unkonventionell. Sie wirkte wie eine exzentrische Kunstlehrerin, doch Fabel hatte gelesen, dass sie Informatik unterrichtete.
    »Richtig, Frau Ulmen«, erwiderte er. »Wir möchten mit Ihnen über Daniel Föttinger sprechen. Wissen Sie, dass er tot ist?«
    »Sicher. Ich habe es aus den Zeitungen erfahren.«
    »Also wissen Sie, wie er gestorben ist?«
    »Ja. Unter Schmerzen. Und ich bin froh darüber. Ich hoffe, es hat sehr, sehr lange gedauert, bis er tot war.«
    »Leider war das der Fall«, sagte Fabel. »Ich kann mir keine schlimmere Todesart vorstellen.«
    »Sie wollen mir doch nicht vorwerfen, dass ich etwas damit zu tun habe?« Ihr Gesicht war angespannt. Trotzig. Fabel vermutete, dass sie sich wünschte, wirklich froh über

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