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Jan Tabak geht aufs Ganze

Jan Tabak geht aufs Ganze

Titel: Jan Tabak geht aufs Ganze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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Tabak seit Jahren gemeinsam zur Volkshochschule fuhr.
    „Nicole“, rief er, „kennst du das Auto da?“
    Nicole sah sich um.
    „Welches?“
    „Das da hinter dem Busch!“
    „Gehört das nicht Hinnerk Murken?“
    „Na klar“, sagte Tim. „Und wenn es nicht ein Dieb hier abgestellt hat, dann büffelt der liebe Hinnerk jetzt nicht in der Volkshochschule, sondern sitzt in der Ulenborg und macht sich ein paar vergnügte Stunden.“
    „Na und?“ wunderte sich Nicole. „Soll er doch. Was haben wir damit zu tun?“
    Tim grinste seine Schwester an.
    „Mensch, Mädchen“, sagte er, „kapierst du denn nicht? Unser guter Onkel Jan fährt doch immer zusammen mit Hinnerk Murken zur Volkshochschule. Und wenn Hinnerk hier in der Ulenborg seine Studien betreibt, wird er dabei bestimmt von Jan Tabak unterstützt.“ Nicole verzog das Gesicht.
    „Ich lach mich kaputt“, sagte sie, „so ein Gauner! Da wird es ihm wohl gar nicht recht sein, wenn wir ihn hier sehen, was?“
    „Schon möglich“, sagte Tim, „aber wie ich ihn kenne, wird er das überleben. Sicherlich hat er eine glaubhafte Erklärung zur Hand, warum er an dieser Stätte und nicht in der Schule weilt. Komm, wir gehen ‘rein!“
    Er drückte die Klinke herunter und betrat die Gaststätte. Fröhliches Stimmengewirr schlug ihm entgegen. Auf den ersten Blick entdeckte er Jan Tabak, der, von Tabaksrauch umwölkt, inmitten einer Runde Gleichgesinnter saß und soeben sein Glas an den Mund hob. Lachtränen schimmerten in seinen Augen. Wahrscheinlich hatte er gerade eine seiner lustigen Geschichten erzählt. Bevor er das kühle Bier im Munde spürte, sah er den Jungen und das Mädchen. Erstaunt kniff er die Augen zusammen, als könne er nicht glauben, was er sah, dann aber winkte er die beiden zu sich heran.
    „Hallo“, rief er dabei laut über die Köpfe seiner Freunde hinweg. „Wo kommt ihr denn her? Na, das ist eine Überraschung!“
    Er schien kein bißchen verlegen zu sein.
    „Hinnerk, Jochen, nun guckt doch mal, wer da steht! Meine Kinder! Macht mal ein bißchen Platz, damit sie sich zu uns setzen können! Kommt, Kinder, kommt! Wir rücken alle ein Stück zusammen, dann wird es gehen.“
    Er war genauso ungezwungen und natürlich wie immer. Als die Kinder sich gesetzt hatten, bestellte er mit lauter Stimme zwei Sprudel und zwei Curry-Würste und sah sie strahlend an.
    „Na, nun erzählt mal“, sagte er, „wo wart ihr denn diesmal?“
    „Och“, sagte Tim, „wir haben eine große Runde gedreht, ganz um den Bürgerpark ‘rum, und sind zufällig hier hereingekommen. Du mußt schon entschuldigen, daß wir dich hier aufgestöbert haben, wir dachten doch, du seist in der Volkshochschule. Wenn wir das geahnt hätten, wären wir woanders hingefahren.“
    „Aber warum denn?“ wunderte sich Jan. „Weil ich nicht in der Schule bin? Das ist doch kein Grund, mich zu verleugnen! Wenn Tante Tina plötzlich aufgekreuzt wäre, das wäre mir peinlich gewesen, ja, aber ihr seid doch nicht mit mir verheiratet. Und verschwiegen seid ihr auch. Also ist alles in Ordnung. Prost! Trinkt erst mal! Dann wollen wir uns weiter unterhalten.“
    Die Kinder stießen mit der gesamten Tischrunde an und tranken. Während sie sich dann über die leckere Wurst hermachten, erzählte Jan seine Geschichte von der Volkshochschule.
    „Wißt ihr“, begann er, „ihr seid ledig und frei und könnt fast alles tun, was nicht strafbar ist. Tante Tinas .Pädagogik 1 hat sich ja schon überlebt. Wenn ihr aber erwachsen und verheiratet seid, ist es damit vorbei. Dann hast du eine Frau, Tim, und du einen Mann, Nicole, die über alles, was ihr tut, im Bilde sein wollen. Mal eben einfach so zu verschwinden für ein paar Stunden oder sogar einen ganzen Tag ist nicht mehr möglich. Der Partner will wissen, was ihr treibt. Und das kann man ihm nicht mal verübeln, denn er macht sich ja Sorgen um euch, er liebt euch ja. So weit, so gut. Nur kann die übertriebene Sorge zur Fessel werden, besonders dann, wenn der Partner gewisse Eigenschaften, mit denen ihr geboren worden seid, nicht gutheißt und ängstlich darüber wacht, daß ihr sie ablegt, zu eurem Besten, so sagt er. Er nimmt jede Gelegenheit wahr, euch umzuerziehen, euch zu verändern, damit ihr, auch zu eurem Besten, zu der Idealfigur werdet, die er sich immer als Ehepartner erträumt hat. Aber der Mensch ist ja kein Haufen Lehm, den man kneten, drücken, plattschlagen und zu einer Wurst ausrollen kann. Der Mensch hat ja auch ein Gerüst

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