Jan Tabak geht aufs Ganze
auf“, rief Jan, „wir sind bereit, die Friedenspfeife mit euch zu rauchen. Schickt euren Häuptling und seinen Vertreter ins ,Tal des Weißen Fuchses’!“
„Nee“, schrie Ralf zurück. „Ich hab noch ‘ne Menge Steine inne Tasche, die muß ich erst verballern! Hau ab, Stinkender Büffel, und nimm die beiden Bleichgesichter mit, sonst durchbohren unsere Pfeile dein feiges Herz. Los, Axel, mit den Appeln dürfen wir genau ins Ziel gehen, das gibt höchstens ‘ne Beule!“
Und schon versuchten sie, Jan und die Kinder mit den unreifen Augustäpfeln zu treffen. Das war bei der Geschwindigkeit, mit der sie sich zwischen Himmel und Erde bewegten, glücklicherweise nicht leicht. Darum gelangte der Besuch unverletzt bis auf die Terrasse, wo bereits die Kaffeetafel gedeckt war und zwei Schwestern Jochens sowie sein Bruder Teo, der Vater der Zwillinge, auf den Beginn der Schmauserei warteten. Jan kannte sie alle, gab ihnen reihum die Hand, gratulierte seinem Freund herzlich und stellte die Kinder vor. Waltraud goß den Kaffee auf, und die Feier begann.
Ralf und Axel hörten das Tassengeschepper. Sofort unterbrachen sie die Kampfhandlungen. Hinter Büschen und Bäumen schlichen sie lautlos an den Tisch heran, sprangen unverhofft mit gellendem Geschrei auf die erschrockenen Gäste zu und rissen in der Sekunde der größten Verwirrung den ganzen Kuchenteller an sich. Einen Augenaufschlag später waren sie in Schilf und Buschwerk verschwunden.
„Also, das geht nun wirklich zu weit!“ schrie Teo. „Jetzt gibt es eine Wucht, Knaben!“ Er schoß in die Höhe, als säße er zwischen Feuerameisen, und machte sich an die Verfolgung seiner Söhne. Dabei schimpfte er laut und drohte ihnen allerhand Unangenehmes an. Waltraud holte wortlos einen zweiten Teller mit Kuchen heraus, während Jochens Schwestern ihren Ärger über die ungeratenen Rüpel lautstark bekundeten.
„Teo sollte gefälligst wieder heiraten“, grollte Martha. „Man sieht doch, daß er mit den Zwillingen nicht fertig wird. Erziehung ist Frauensache. Die beiden nehmen ihren Vater ja gar nicht ernst!“
Erna pflichtete ihrer Schwester bei. Auch sie war empört bis über beide Ohren.
„Eine strenge Hand war noch immer das Beste“, sagte sie. „Uns haben die Ohrfeigen auch nicht geschadet, die wir als Kind einstecken mußten.“
„Aber genützt haben sie euch auch nicht“, bemerkte Jochen bissig. „Wieso nicht?“ fragte Martha spitz.
„Weil ihr zwei richtige griesgrämige Tunten geworden seid, die den Kindern jeden Spaß mißgönnen.“
„Aber, Jochen“, rief Waltraud, „wie kannst du so taktlos sein! Auch wenn du hundertmal recht hast, darfst du das zu deinen Schwestern nicht sagen. Jetzt sind sie beleidigt.“
Darauf erhoben sich die Tunten wie ein Mann und verließen wortlos die Feier, ohne einen Schluck Kaffee getrunken zu haben.
„Die sind wir los“, sagte Jochen, „nun wird es gemütlich. Fangt an,
Freunde! Auf Teo können wir nicht warten, der ist noch eine Zeitlang auf der Jagd.“
Da langten Tim und Nicole nach dem Kuchen und Jan nach dem Gin. Aber Waltraud goß ihm erst eine Tasse Kaffee ein, bevor sie die Flasche freigab.
Es war angenehm kühl auf der Terrasse. Von der Wümme her wehte ein leichter Wind, die hohen Bäume spendeten Schatten. Jochen und seine Gäste hörten die Rufe, mit denen Ralf und Axel sich verständigten und ihren Vater neckten; sie vernahmen auch Ladys fröhliches Gebell, die sich selbstverständlich an der Jagd beteiligte und als Meldegänger zwischen den beiden Parteien hin und her wechselte. Erst als Tim und Nicole den Kuchenteller leergegessen und mehrere Tassen Kaffee getrunken hatten, tauchten Jäger und Gejagte wieder auf. Teo, der im Schilffeld mit seiner hellen Sommerhose bis an die Oberschenkel eingesunken war, marschierte voran. Hinter ihm trotteten, pudelnaß und schlickbeschmiert, seine Söhne, jeder auf einem Bein humpelnd. Den Schluß bildete Lady. Sie allein kehrte mit heiterem Herzen zurück.
„Es tut mir leid, Jochen“, sagte Teo, „aber ich muß sofort nach Hause, die Kinder sind klitschenaß, und meine neue Hose ist hin. Mach’s gut und viel Spaß noch!“
„Aber wegen der Hose brauchst du doch nicht wegzulaufen!“ rief Jochen. „Du kannst eine von meinen anziehen.“
„Nein“, antwortete Teo bestimmt, „ich habe meine Pflicht als Erzieher wahrzunehmen. Die Kinder müssen bestraft werden. Ich bringe sie nach Hause und stecke sie ins Bett. Außerdem muß ich sie
Weitere Kostenlose Bücher