Jan Tabak geht aufs Ganze
mit auf die Welt gekriegt, das ihm eine gewisse Festigkeit und natürlich auch Starrheit verleiht. Das läßt sich nicht verbiegen. Darum müssen viele der Erziehungsversuche scheitern. Im schlimmsten Fall scheitert sogar die Ehe. Dem kann man aber entgegenwirken, wenn man die Anstrengungen des Partners mit Humor betrachtet und nicht alles, was verlangt wird, ganz wörtlich nimmt. Seht mal, Tante Tina zum Beispiel, hat eine große Abneigung gegen Alkohol, was mir völlig unverständlich ist. Wahrscheinlich hat sie eine schwache Galle und kann ihn nicht vertragen. Gut, soll sie ihn meiden, wenn er ihr nicht bekommt. Aber wieso um alles in der Welt soll ich ihn nicht trinken? Wo er mir doch schmeckt? Versteht ihr das? Tina verlangt von mir, daß ich abstinent lebe, dauernd stocknüchtern bin und Durst habe. Das hält doch kein Mensch aus!“
„Junge, Junge“, mischte sich Hinnerk Murken ein, „was die Weiber doch für eine Vorstellung von der Welt und ihren Bewohnern haben! Kaum zu glauben.“
Jan nickte und fuhr fort.
„Am Anfang unserer Ehe habe ich es ihr jedesmal gesagt, wenn ich auf ein Glas Bier und einen Korn in die Wirtschaft ging. Sie hat mich immer so ausgezählt, daß mir das Bier gar nicht mehr schmeckte. Darum habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie ich zu meinem Bier und meinen Freunden kommen könnte, ohne daß sie ihre Ruhe und ihre gute Meinung von mir verliert. Tja, und da führte mich der Zufall mit Hinnerk zusammen, diesem ehrenwerten und trinkfesten Mann an meiner Seite, der an demselben Problem knabberte wie ich, obwohl auch seine Frau eine Seele von Pferd ist, stimmt’s, Hinnerk?“
„Und ob, Jan! Sophie ist die beste Frau, die es gibt, das kann ich getrost laut vor allen Anwesenden sagen“, bestätigte Hinnerk. „Nur meine Vorliebe für geistige Getränke teilt sie nicht... Schicksal!“
„Ihr seht also“, fuhr Jan Tabak fort, „wir litten und leiden an derselben Krankheit. Darum verbündeten wir uns und beschlossen, etwas für unsere Bildung zu tun. In der Volkshochschule! Wir belegten einen Kursus in Englisch und einen in Heimatkunde. Die liefen nämlich beide am selben Tag, am Donnerstag. Der Englischkursus begann um achtzehn Uhr und der Heimatkundekursus um zwanzig Uhr. Wir bekamen die Hörerkarten und prägten uns am ersten Abend die Namen der beiden Dozenten gut ein. Und dann verlegten wir unsere Studien nach hier, denn, ehrlich gesagt, was sollen wir mit Englisch? Und unsere Heimat kennen wir auch ohne Herrn Dr. Müllers Kurse ganz gut. Tina glaubt natürlich, wir seien inzwischen in beiden Fächern schon in Kurs elf.“
Jan leerte sein Glas auf einen Zug und bestellte ein neues. „Seitdem können wir uns in aller Gemütlichkeit einmal in der Woche hier treffen. Es schmeckt uns, und unsere Frauen halten uns für solide. Beides ist dem Ehefrieden sehr dienlich und tut keinem weh.“ Die Kinder hatten ihre Wurst aufgegessen und waren schon bei der zweiten Flasche Sprudel.
„Ganz ehrlich ist es ja nicht“, sagte Nicole.
„Nein“, stimmte Hinnerk Murken ihr zu, „aber es schont die Nerven.“
Schiffbruch in Polynesien
Am achten August hatte Jochen Langewisch Geburtstag. Er schickte seine Frau zu Jan Tabak und lud ihn, die Kinder und Lady dazu ein. Die beiden Damen seien ihm selbstverständlich auch willkommen, ließ er bestellen, aber sie sollten sich zu nichts verpflichtet fühlen, wenn sie im Hause zu tun hätten.
Also fuhr Jan mit Tim, Nicole und Lady allein zu seinem Freund. Wieder machten sie erst in Wasserhorst Station, um ein Gastgeschenk zu kaufen, diesmal eine große Flasche Gin, und dann stiegen sie vor Jochens Haus an Land.
Lady sprang als erste aus dem Boot, denn sie hatte Kindergeschrei gehört. In der Schaukel unter der hohen Pappel saßen zwei Jungen, etwa neun Jahre alt. Sie hatten je ein Bein durch den Autoreifen gezwängt und kreischten mörderisch, während sie durch die Luft sausten. Es waren die Zwillinge Ralf und Axel, die Kinder von Jochens Bruder Teo. Für sie war die Schaukel angelegt worden, für sie hatten Jochen und Waltraud immer Kekse, Süßigkeiten und Obst im Hause. Jetzt schossen sie beängstigend hoch unter der Pappel dahin, hielten sich nur mit einer Hand und schleuderten mit der anderen Steine gegen die Apachen oder einen ähnlich kriegerischen Stamm, der in Kanus die Wümme überquerte, um Feindseligkeiten zu eröffnen. Über die Köpfe der ankommenden Gäste hinweg zischten die Geschosse ins Wasser.
„Hört
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