Jan Tabak geht aufs Ganze
konntest du Tag und Nacht auf dem Bauch liegen und dir mit einem Palmwedel Kühlung zufächeln, während ich mich für unsere Rettung abrackerte.“
„Sehr wahr“, knirschte Jan, „du gabst dein Bestes, und ich verdanke dir viel. Darum habe ich dir auch nie verraten, daß du die letzten Tage vor unserer Rettung in hellem Wahnsinn vor dich hindämmertest und dauernd über Bord springen wolltest, so daß ich mit der einen Hand dich und mit der anderen das Segel halten mußte. Heute wird es dich nicht mehr so schmerzen, da kann ich frei von deiner Schwachheit sprechen. So schnell, wie es die Not damals von mir verlangte, hat noch kein Mensch auf der Welt den Umgang mit Kompaß und Segel gelernt.“
Bevor Jochen seinem Freund darauf die gebührende Antwort geben und die Geschichte zu seinem Vorteil verändern und ergänzen konnte, rief Waltraud alle zum Abendbrot ins Haus.
Darum endete das Südsee-Abenteuer der beiden Schiffbrüchigen zwangsweise mit einem Trumpf in Jan Tabaks Hand. Wenn Jochen abschließend zu Wort gekommen wäre, hätte er, wer weiß, aus Kokosnüssen und Palmwedeln noch ein Radargerät gebastelt und in der Erzählung verarbeitet.
Die Fahrt nach Helgoland
„Meinst du nicht“, fragte Jan Tabak seine Frau eines Tages, „daß wir den Kindern mal was Besonderes bieten müssen? So was ganz Ausgefallenes, was sie nicht wieder vergessen?“
Tina unterbrach das Kartoffelschälen und sah ihn überrascht an. „Mensch, Jan“, rief sie, „das ist ja wohl Gedankenübertragung. Ich hab just dasselbe gedacht! Mir ist nur noch nicht eingefallen, was wir unternehmen könnten. Hast du schon eine Idee?“
„Ja, die hab ich“, antwortete Jan. „Ich hab sogar mehrere, aber eine, die du bestimmt gutheißen wirst.“
Er schwieg bedeutungsvoll, um die Sache spannend zu machen.
„Na, dann rück mal ‘raus damit!“ forderte Tina ihn auf. „Was ist es denn?“
Jan kniff die Augen zusammen und sagte: „Wir fahren mit dem Schiff nach Helgoland.“
Tina warf die geschälte Kartoffel in den Eimer, daß das Wasser spritzte.
„Helgoland?“ wiederholte sie. „Wie kommst du denn darauf?“
„Na, hör mal“, erklärte Jan, „es liegt doch auf der Hand, daß man einem Gast aus dem Binnenland mal die See zeigt.“
Am Spültisch klirrte es. Jenny hatte die Höhe der Kaffeekanne nicht richtig eingeschätzt und ihr am Wasserhahn das obere Stockwerk abgeschlagen.
„Oma Jenny!“ rief Tina ärgerlich. „Sei doch ein bißchen vorsichtiger! Das ist nun schon die dritte Kanne. Wenn du so weitermachst, müssen wir uns bald eine Blechkanne kaufen.“
Jenny sagte nichts. Sie klaubte umständlich die Scherben aus dem Spülwasser und warf sie in den Abfalleimer. Jan beobachtete sie und merkte, daß sie sehr erregt war. Und als Menschenkenner ahnte er den Grund.
„Vielleicht müßte Jenny sich einen Wettermantel kaufen für die Fahrt“, sagte er, „denn auf See pustet es manchmal ganz schön.“ Klirr! da ging ein Frühstücksteller in Stücke.
Tina wollte gerade wieder eine unfreundliche Bemerkung machen, da sah sie, wie Jan ihr ein Zeichen gab.
„Ach, entschuldige, Jenny“, sagte er, „ich hab dich ja noch gar nicht gefragt, ob du Lust hast, mitzukommen. Ich hab das einfach so vorausgesetzt.“
Jenny wandte sich um und blickte ihn dankbar an.
„Jan Tabak“, sagte sie, „ich glaube, ich habe dich bisher falsch eingeschätzt. Natürlich komme ich mit! Und ich danke dir, daß du das vorausgesetzt hast. Die lächerliche Kaffeekanne und den dummen Teller hier bezahle ich natürlich, damit Tina kein Blechgeschirr anschaffen muß.“
Sie band die Schürze ab und ging hinaus. Der Rest des Geschirrs blieb unabgewaschen in der Spüle zurück.
Am Mittagstisch wurde das Vorhaben den Kindern als besonderer Leckerbissen serviert und dann gründlich besprochen.
„Wir können entweder von Bremerhaven aus fahren“, erklärte Jan, „dann dauert die Fahrt fast vier Stunden, oder von Cuxhaven aus, dann sind es nur zwei Stunden Fahrt. Was möchtet ihr lieber?“ Nicole und Tina war es gleich, ihnen war die Insel wichtiger als die Reise. Tim aber und, darüber waren alle erstaunt, auch Jenny stimmten für die lange Reise.
„Was guckt ihr mich so an?“ fragte Jenny. „Mein ganzes Leben lang habe ich mir gewünscht, einmal das Meer kennenzulernen. Und nun, da ich endlich die Gelegenheit dazu habe, soll ich mich um die Hälfte der Reise betrügen? Seefahrt tut not, auch heute noch! Darum fahren wir von
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