Jane Blond 01 - Jane Blond - Die Super-Agentin
feststellte, dass sie nicht allein im Zimmer war. Sie sah auf und entdeckte Frau Aron, ihre Lehrerin.
»Hallo Janey! Ich dachte, alle sind draußen! Warum genießt du nicht noch ein wenig die Sonne, bevor ihr den ganzen Tag hier drinnen verbringen müsst?«
»Ich brauchte nur ein bisschen Ruhe, um nachzudenken. Das ist doch in Ordnung, oder?«
Ihre Lehrerin kam zu Janey an den Tisch und beugte sich zu ihr hinunter. »Nun, eigentlich ist es nicht erlaubt. Aber in deinem Fall ist das schon okay. Mach bitte nur keine Gewohnheit daraus, ja? Worüber wolltest du denn nachdenken? Kann ich dir irgendwie helfen?«
Janey blickte zögerlich in Frau Arons Gesicht. Die junge Frau schaute sie mit großen Augen erwartungsvoll an. Sie sah so nett und verständnisvoll aus, dass Janey plötzlich das Bedürfnis hatte, ihr die ganze Geschichte zu erzählen.
»Es hört sich alles etwas verrückt an«, begann sie.
»Mach dir keine Gedanken. Du kannst es mir ruhig anvertrauen, Janey.«
Das Geheimnis war so groß und wichtig, dass Janey das Gefühl hatte, explodieren zu müssen. Ihre Mutter konnte sich an nichts erinnern und war überzeugt, dass alles großer Unsinn war. Freunde hatte Janey auch nicht, mit denen sie darüber hätte sprechen können. Und selbst Big Rosie war ohne ein Wort verschwunden, und Janey hatte keine Ahnung, wo und wie sie erreichbar war. Mehr als alles andere wünschte sie sich jetzt jemanden, dem sie davon erzählen konnte.
»Also, die Sache ist die, dass gestern ...«
Doch gerade als sie anfing zu erzählen, betraten die anderen Schüler laut miteinander redend den Klassenraum, allen voran Alex. Seufzend lehnte sich Frau Aron vor und flüsterte Janey ins Ohr: »Komm nachher zu mir, und wir reden in Ruhe über alles.«
Sie tätschelte Janeys Hand und ging nach vorne, wobei sie die Klasse zur Ruhe rief. Fast alle stellten daraufhin ihre Taschen unter die Tische, nahmen ihre Bleistifte und schauten zu Frau Aron. Einzig Alex Halliday schien beobachtet zu haben, dass Janey und ihre Lehrerin geplaudert hatten. Er warf ihr einen solch finsteren und aggressiven Blick zu, dass Janey erschrak. Doch Frau Arons Unterricht verlangte höchste Konzentration, und bis zur Mittagspause gab es kein anderes Thema.
Janey öffnete ihre Brotdose. Stullen mit Ketchup, was auch sonst. Während sie sich durch die Schülermassen hindurch zu ihrem gewohnten einsamen Platz im hinteren Teil des Speisesaals hindurchzwängte, spürte sie plötzlich eine Hand auf ihrem Arm.
»Hey, du und Miss Lehrerin wart ganz schön vertraut, Brown!«, sagte Alex beiläufig.
Janey zuckte mit den Schultern. »Sie wollte nur wissen, ob ich mich schon eingelebt habe.«
»Wirklich?«, murmelte Alex. »Und, was hast du geantwortet?«
Janey spürte, wie ihr vor Ärger wieder heiß wurde, und sah Alex diesmal direkt in die Augen. »Ich ... ich habe gesagt, dass die anderen Schüler schrecklich sind und dass hier niemand so freundlich ist wie an meiner ehemaligen Schule. Ich hab ihr außerdem von den gemeinen Zetteln erzählt. Und ... und dass wahrscheinlich du es bist, der sie schreibt!«
Alex fiel die Kinnlade runter. »Ich? Warum sollte ich das tun? Du bist bekloppt, Brown.«
»Aha, und wer ist es dann?« Janey versuchte zurückzustarren, aber sie merkte, wie sich in ihren Augen schon langsam Tränen sammelten.
Alex schüttelte den Kopf. »Weiß nicht. Vergiss es einfach. Wenn du dich so drüber ärgerst, dann schmeiß die Teile doch einfach weg.«
»Ich werde jetzt erst mal essen«, sagte Janey abrupt, drängte sich an Alex vorbei und rannte verlegen und mit rotem Kopf aus dem Saal. Sie brauchte unbedingt frische Luft.
Und außerdem musste sie darüber nachdenken, was Alex gesagt hatte.
Falls sie den Brief tatsächlich gestern auf dem Spielplatz verloren hatte, dann könnte der Wind ihn weggeweht haben. Aber es war durchaus auch möglich, dass jemand vom Reinigungspersonal ihn mit aufgefegt und in die Mülltonnen geworfen hatte.
Sie sah sich um, ob irgendjemand auf sie achtete, und ging langsam um das Schulgebäude herum, bis sie hinter der Schulküche bei den vier Müllcontainern aus Stahl angekommen war. Zwei alte Farbeimer standen daneben, die sie aufeinanderstapelte und sich draufstellte. Sie hielt sich am Rand des ersten Containers fest und konnte gerade so eben über die Kante blicken. Der Geruch war abscheulich: verfaulende Essensreste vermischt mit sich zersetzendem Rasenschnitt des gemähten Spielfeldes. Janey nahm allen Mut zusammen,
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