Jane Christo - Blanche - 01
nicht so berühmt. Streit um Geld, deswegen hat Wayne Sonderschichten übernommen und war immer seltener zu Hause. Aber er hat Marie, seine kleine Tochter, geliebt wie ein Verrückter. Sie war seine Prinzessin, sein …“
Ein und Alles, beendete Blanche den Satz in Gedanken.
„Vielleicht war er schon immer ein Killer, der nur darauf gewartet hat, aus sich herauszubrechen, keine Ahnung. Nachdem klar war, dass die beiden nach …“ Er räusperte sich, „du weißt schon. Dass sie danach getötet wurden, hat Wayne einen nach dem anderen kaltgemacht. Er hat ganz allein und ohne jede Ausbildung zwei der russischen Zellen ausgelöscht, angefangen von ihrem Brigadier, das ist der Mittelsmann, bis hin zum Pakhan, dem Chef der Zelle. Dadurch sind die Italiener auf ihn aufmerksam geworden. Sie haben ihm Geld, Waffen und einen Unterschlupf geboten, damit er weitermacht. Sie hatten natürlich viel bessere Kontakte als er, kannten die Strukturen der Russen, die Köpfe und einige ihrer Unterkünfte. Sie haben seinen Rachefeldzug finanziert und ihn für ihre Zwecke benutzt, so wie er sie für seine Pläne benutzt hat. Es war ein Geschäft.“ Leo legte eine Pause ein und setzte sich wieder auf. „Alles lief gut, bis zu dem Tag, als …“
„… ich aufgekreuzt bin.“
„Ja.“ Leo schnaubte. „Du warst das Abbild von Marie, seiner Tochter, die gleichen veilchenblauen Augen, die blasse Haut, das schwarze Haar. Und total unterernährt. Das Letzte, das Wayne brauchte, war ein Kind, aber er konnte dich dort nicht zurücklassen.“
Abermals lehnte sie sich Halt suchend gegen die Kirchenbank. Nie würde sie Waynes Blick vergessen, als er in der offenen Tür der Limousine erschien und sie mit diesem Ausdruck anstarrte. Überraschung. Schock. Schmerz. Wut. Alles ging so schnell, dann hatte er sich wieder im Griff und sein Visier war heruntergeklappt.
„Danach suchte er sich seine Aufträge sorgfältiger aus, lehnte einiges ab – hat die Italiener verärgert. Aber er war ihr bester Mann, also haben sie es geschluckt.“
Leo rutschte unbehaglich hin und her. Offensichtlich kam nun der schwierige Teil, wobei sich Blanche fragte, was jetzt noch kommen konnte. Wayne hatte dem Russensyndikat den Krieg erklärt und sich der italienischen Mafia angeschlossen. Die einzig mögliche Steigerung wäre, wenn er zusätzlich die chinesischen Triaden bestohlen und die japanische Yakuza beleidigt hätte. Doch Leo belehrte sie eines Besseren.
„Du musst verstehen, dass Wayne einmal alles verloren hatte. Der Schmerz über den Verlust seiner Familie saß tief. Tiefer, als er es sich eingestehen wollte. Nachdem er dich gefunden hatte, glaubte er an eine zweite Chance und diesmal wollte er alles richtig machen. Er hat eine Menge Geld verdient, das wirst du noch feststellen. Mehr als genug, um sich zur Ruhe zu setzen. Aber aus der Mafia tritt man nicht einfach aus. Es ist ja nicht so, als wäre das ein Fitnessclub, dem man die Mitgliedschaft kündigt. Die halten dich an der kurzen Leine, verstehst du. Endlich hatten sie ein Druckmittel gegen Wayne, etwas wonach sie jahrelang gesucht, aber nie gefunden haben.
„Mich.“
Leo nickte. „Ein paar Jahre ging es gut. Wayne ist ständig mit dir umgezogen, blieb nie länger als drei, vier Wochen an einem Ort. Er hat versucht, dich zu schützen, verstehst du?“
Und ob sie verstand. Darum die harte Ausbildung. Das stundenlange Training mit der Waffe, dem Messer, der Nahkampfunterricht. Blanche war klein und zierlich, darum hatte Wayne ihr effiziente Tritte und Griffe beigebracht, die ihren Mangel an Körperkraft wettmachten. Sie hatte immer angenommen, dass es sein Wunsch war, dass sie einmal in seine Fußstapfen treten würde. Dabei diente der Unterricht ihrem Schutz. Sie sollte in der Lage sein, sich zu verteidigen, eine Fähigkeit, die weder seine Frau noch seine Tochter beherrscht hatten. Vielleicht wären beide noch am Leben, wenn sie gewusst hätten, wie man einen Angreifer abwehrt. Zumindest musste das Waynes Gedanke gewesen sein, warum sonst hätte er sie stundenlang Punches, Side- und Heelkicks üben lassen, bis sie kurz vor dem Kollaps stand?
Oh Gott! Wenn sie daran dachte, wie wütend sie gewesen war, als er sie vor fünf Jahren fortgeschickt hatte – weg von ihm. Apropos.
„Was ist damals passiert, als er mich gezwungen hat, ihn zu verlassen?“
Leo zog eine Grimasse. „Zu der Zeit hätten die Russen euch fast geschnappt – kein Wunder bei fünf Millionen Dollar Kopfgeld, das auf
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