Jane Christo - Blanche - 01
bemerkt, die sich ihr von hinten genähert haben. Sie packen sie wie ein Katzenjunges im Nacken. Das Mädchen stößt einen schrillen Schrei aus, tritt wild um sich
.
Als sie nun mit stockenden Schritten die Gasse betrat, fühlte sich ihre Brust an, als würde sie in einer viel zu engen Rüstung stecken. Ihr Herz hämmerte wild, während kalter Schweiß in dünnen Rinnsalen ihre Wirbelsäule entlanglief. Sie schloss die Augen.
Die kleine Blanche wehrt sich aus Leibeskräften. Sie trommelt mit ihren Fäusten auf den Angreifer ein, kratzt und beißt in die groben Finger, die ihren Mund bedecken. Der Todesengel flucht und schlägt ihr ins Gesicht. Warmes Blut sickert aus ihrer Nase, doch sie hört nicht auf zu schreien, die Augen vor Entsetzen geweitet. Behaarte Hände zerren an ihr und werfen sie auf die Rückbank des wartenden Wagens. Sie gerät in Panik, weiß, dass sie sterben wird, sobald sich die Tür hinter ihr schließt. Sie will nicht sterben. Der Mann beugt sich ins Wageninnere, jetzt sieht er wie ein Racheengel aus – Todesengel – also tritt sie ihm mit aller Macht ins Gesicht. Sie hat seine Nase gebrochen. Sie hört einen bitteren Fluch, aber er stammt nicht vom Todesengel, der seine Schulter umklammert und sich fieberhaft umsieht. Blut sammelt sich auf dem weißen Jackett. Er duckt sich hinter der offenen Wagentür, zieht eine Waffe und sieht sich um
.
Heiße Tränen zogen feuchte Bahnen über ihre Wangen, während sie gegen die Bilderflut ankämpfte. Tränen, die sie lange zurückgehalten hatte, weil sie stark sein musste. Warum konnte sie die Flut diesmal nicht aufhalten? Mitten in der Gasse ging sie in die Knie und krümmte sie sich zusammen, als die geballte Wucht des Schmerzes sie traf, Qualen, die sie jahrelang unterdrückt hatte. In diesem Moment bohrten sie sich wie glühende Klingen in ihr Innerstes, als das Mädchen von damals die Gewissheit traf, dass sie Andrej niemals wiedersehen würde.
Als Nächstes kippt der Kopf des Fahrers der Limousine auf das Steuer, der Wagen hüpft nach vorn und macht Bekanntschaft mit der Hauswand. Der Todesengel verschwindet in einer Toreinfahrt und wieder flucht jemand
.
Kalte Wut durchflutete Blanche so unvermittelt, dass ihre Tränen schlagartig versiegten. Sie wurde still und lauschte in sich hinein.
Er kam direkt von einem Auftrag, als er die Limousine seines Erzfeindes in die Gasse einbiegen sah. Er beobachtet, wie diese schmierigen Typen ein Kind wie einen Mehlsack in den Wagen werfen. Er weiß, welches Schicksal ihr blüht. Sein Blut gefriert zu Eiswasser, als Maries Gesicht vor seinem inneren Auge erscheint. Seine Tochter. Missbraucht und ermordet, genau wie ihre Mutter. Hinter einem Schuttcontainer findet er Deckung und erledigt den ersten Kerl, den zweiten, dann Zoey, danach den Fahrer …
Wayne flucht. Normalerweise trifft er sein Ziel immer, aber das Mädchen hat die Zielperson aus der Schusslinie getreten. Zoey, diese Kakerlake, flüchtet. Gerade aus seinem Moskauer Exil zurückgekehrt, sorgt er bereits für Ärger. Um den würde er sich später kümmern. Zuerst das Kind
.
Blanche hielt den Atem an, ihre Nackenhaare stellten sich auf. Sie konnte Waynes geistige Präsenz körperlich fühlen. Den Schock, der ihn erschütterte, als er ins Wageninnere blickte und in die veilchenblauen Augen des Mädchens sah. Maries Augen. Ihr pechschwarzes Haar, das bleiche Gesicht. Sie sah so klein aus, so zerbrechlich.
Blanche schnappte nach Luft. Und dann, innerhalb eines Wimpernschlags, verstand sie, was Beliar tatsächlich meinte, als er sie aufforderte, nach Wayne zu suchen. Er dachte dabei nicht an eine bestimmte Gegend, sondern an einen inneren Ort.
Ihr Herz.
Als sie die Augen öffnete, war sie nicht mehr allein in der Gasse. Der Dämon kniete vor ihr. Dunkle Macht umgab ihn wie eine schwarze Korona, so konzentriert, dass sie geradezu greifbar war. Er sah sie nicht an, vielmehr strich sein Blick über ihre Konturen – ihre Aura.
Oh mein Gott, das war es! Während sie in Erinnerungen geschwelgt hatte, war Waynes Energie mit ihrer verschmolzen. So konnte Beliar ihn einfangen.
Wilde Panik erfasste sie, als sie begriff, was sie getan hatte. Sie hatte den Dämon zu Wayne geführt, ohne ihre Hilfe hätte er ihn niemals finden können. Und nun würde er Wayne das Einzige nehmen, das er noch besaß. Seine Seele.
Trotz der Kälte badete sie in Schweiß. Übelkeit breitete sich aus, während sie um Fassung rang. Das würde sie nicht zulassen, auf gar keinen
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