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Jane Reloaded - Roman

Jane Reloaded - Roman

Titel: Jane Reloaded - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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beruhigend weit weg, das half zu vergessen. Örtlichen Widerstand gegen das Projekt gab es kaum, und wenn ja, wurden die Beteiligten durch Zahlungen oder in seltenen Fällen durch Drohungen mundtot gemacht. Die Mehrheit der Bewohner hatte das Labor gewollt, das auch Arbeitsplätze in die umliegende Region brachte.
    »Das abergläubische Geraune ist aber nie verstummt«, klagt Gregor. »In Thaimyla kursieren immer noch die verrücktesten Geschichten. Wer sich in das verbotene Gebiet wage, dem werde auf Geheiß des Affengottes Hanuman ein langer dünner Affenschweif wachsen, erzählt man sich. Und manche sollen sich sogar in einen Affenmenschen verwandelt haben.«
    Jane muss lachen. »Aber damit meinen sie doch nicht den Homo erectus? «
    »Den bekommen die Thaimylaner normalerweise nicht zu Gesicht. Alle Infos über die Ringsicherung standen doch in deinem Dossier.«
    Jane nickt. »Und wie viele sind euch in all der Zeit entwischt?«
    »Erfasst sind über die letzten fünfundzwanzig Jahre nur elf Exemplare. Gleich am Anfang der Messel-Mann. Das war die erste Meldung.«
    »Wusste Großmutter Bescheid?«
    Gregor nickt. »Sie hat mitgeholfen, das Ganze klein zu halten. Zwei andere wurden kurz danach ebenfalls tot aufgefunden, in Indien, die sind nicht so weit gekommen. Einzelne Thaimylaner, meistens ehemalige Mitarbeiter, haben auch immer wieder versucht, gutes Geld zu machen, indem sie Homo erectus -Exemplare gefangen und hinausgeschmuggelt haben. Besonders dreist war der Versuch, einen HE-Mann zu zwingen, als Missing Link aufzutreten. Er hat uns aber kontaktieren können und wir haben ihn befreit und wieder hierhergebracht. Das stand natürlich in keiner Zeitung. Dann hatten wir lange Ruhe, aber vor einem Jahr fing es wieder an mit den Ausbrüchen. Und dann zuletzt die Gruppe in Amerika.«
    »Sind die denn tatsächlich an den Zoo verkauft worden?«
    »Nein, sie haben sich scheinbar frei für dieses Leben entschieden.«
    »Können sie sich denn frei entscheiden?«
    »Ich denke schon … doch.«
    »Und wie haben sie es so weit geschafft? Wie sind sie rausgekommen?«
    »Das überprüfen wir gerade noch. Rita ist dafür zuständig.«
    Der Wind frischt auf und der Bambus hinter Jane und Gregor raschelt wie feines Reispapier. Es ist ein gutes Gefühl, hier nebeneinanderzusitzen, zu reden und manchmal auch zu schauen und zu schweigen.
    Nach einer Weile fragt Jane: »Wieso gerade er?«
    »Du meinst, warum überhaupt ein Homo erectus ?«
    Sie schüttelt den Kopf, das muss ihr Gregor nun wirklich nicht erklären. »Nein, das meine ich nicht. Warum genau dieses Exemplar? Warum treffe ich ausgerechnet ihn und keinen anderen?«
    »Er ist neu, eben angekommen, so wie du«, antwortet ihr Vater. »Und er hat gerade erst begonnen, Global zu lernen. Er ist also noch unverbildet.«
    »Habt ihr ihn geholt, für mich ausgesucht?«
    »Nein, er stand eines Morgens vor dem Haus.«
    »Wie? Einfach so?«, wundert sich Jane.
    »Er hat sich wohl verlaufen, vermuten wir. Er hat den zweiten Ring verlassen und dann nicht mehr zurückgefunden. Wir konnten ihn aufgrund seines genetischen Fingerabdrucks identifizieren.«
    »Wie heißt er eigentlich richtig?«, fragt Jane nach.
    »Das weißt du doch aus dem Dossier«, entgegnet Gregor erstaunt. »Das LL steht für …«
    »Nein, nein«, fällt sie ihm ins Wort, »ich meine, seinen richtigen Namen.«
    »Es gibt keinen. Wir belassen es bei den Registriernummern. Das macht uns emotional freier.«
    »Freier? Lächerlich. Er ist doch kein Ding. Er braucht einen Namen, wie jeder von uns.«
    »Du redest schon wie deine Mutter. Zu viel Bindung kann nur schaden, den Blick verstellen.«
    Sie wird immer wütend, wenn jemand sie mit ihrer Mutter vergleicht. Und Gregor hat schon gar kein Recht dazu. Schließlich hat er sie beide verlassen, seine Frau Johanna und die kleine Tochter!
    »Quatsch! Ich bin nicht wie sie! Ich bin … Jane reloaded!« Zum ersten Mal wagt sie es, diesen Namen vor ihm laut auszusprechen. Ein kleiner Ruck geht dabei durch ihren Körper, alles an ihr spannt sich an. Sie steht auf, wirft den Kopf leicht nach hinten, lächelt vorsichtig, reckt das Kinn mit dem typischen Klark-Grübchen vor.
    »Wie bitte?« Ihr Vater muss fast lachen. Aber es berührt ihn auch, wie sie so vor ihm steht, kindlich empört und angriffslustig. Es fehlt gerade noch, denkt er, dass sie die Fäuste ballt. Ihm wird plötzlich bewusst, dass er sie als Kind nie wirklich erlebt hat und kaum kennt. Er streckt den Arm aus,

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