Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jane Reloaded - Roman

Jane Reloaded - Roman

Titel: Jane Reloaded - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
Vom Netzwerk:
will sie an seine Seite ziehen. »Egal, wie du dich nennst. Es ist gut, dass du hier bist. Komm, setz dich wieder hin.«
    »Das ist nicht egal!« Sie weicht ihm mit einer kleinen Drehung aus.
    »Lass uns bitte nicht streiten, Tanja.«
    »Merk es dir doch endlich – ich heiße Jane.« Sie fühlt sich einfach besser mit diesem Namen.
    »Daran muss ich mich erst gewöhnen, entschuldige. Aber ich werde mich bemühen … Jane.« Dabei überdehnt er den Vokal in ihrem Namen so übertrieben, dass die Anrede geziert klingt.
    »Ist die Kleidung fertig?«, fragt sie.
    »Liegt morgen bereit, wie du es gewünscht hast. Aber bisher hat er sich immer geweigert, etwas anzuziehen.«
    Als ihr Vater aufsteht und gehen will, hält sie ihn am Arm fest. »Und was ist mit dem Namen? Darf ich ihm nun einen Namen geben oder nicht? Bitte, Gregor!«
    Er zögert und denkt an gestern, als er Tanja zu ihrer Hütte begleitet und kurz in den Wohnschlafraum hineingeschaut hatte. Dort thronte doch tatsächlich dieser alte Plüschgorilla auf ihrem Bett unter dem Moskitonetz, daneben auch noch das Kuschelmammut Robert, das er ihr zu ihrem fünften Geburtstag geschenkt hatte. Wie sie damals den Affen tauften, daran erinnert er sich nicht mehr. King Kong hieß er jedenfalls nicht, das wüsste er, denn beide hatten sie die alten Filme geliebt und oft genug zusammen angeschaut. Sehr gewöhnungsbedürftig bei einer Vierundzwanzigjährigen fand er diese Stofftiere. Oder sie imitiert eines ihrer Wissenschaftsidole, die legendäre Schimpansenforscherin Jane Goodall, fürchtet Gregor. Bis ins hohe Alter hatte die Britin einen Stoffaffen zu Vorträgen und Filmvorführungen mitgenommen und sich mit diesem Kindheitsutensil als Teil einer modernen »Ich-Tarzan-du-Jane«-Geschichte oder als »Die Schöne und das Biest« inszeniert. Hoffentlich will Tanja den Homo erectus am Ende nicht Tarzan nennen, denkt er und runzelt die Stirn. Andererseits haben alle gemerkt, wie gut HEs-10/III auf sie anspricht. Dafür ist er zu Zugeständnissen bereit. Er kratzt sich am Ohr.
    »Werde bitte nicht kindisch, Jane. Ich …« Gregor räuspert sich. »Also meinetwegen, gib ihm einen Namen, aber …«
    Jane, die sein Zögern und den skeptischen Gesichtsausdruck richtig deutet – so gut kennt sie ihren Vater nun doch noch –, unterbricht ihn: »Keine Angst, Papa, ich werde unseren Homo erectus nicht King Kong und auch nicht Tarzan nennen. Ich überlege mir in Ruhe einen Namen, nach dem nächsten Treffen.«
    Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft hat sie ihn wie früher Papa genannt. Die Anrede ist ihr einfach rausgerutscht, und sofort bereut sie es, weil Gregor sogleich versucht, mit einem Familienscherz eine alte Vertrautheit heraufzubeschwören: »Aber was macht Jane allein im Urwald, ohne Tarzan?« Als Kind hat sie über die Antwort ihrer Vorgängerinnen lachen müssen: »Tarzan hab ich umgebracht. Jane ist jetzt die Herrscherin im Dschungel. Ich, Jane.«
    Zu alt und abgestanden erscheint ihr jetzt dieser Witz, deshalb spielt Jane Gregors Spiel nicht mit. Sie zuckt kurz mit den Schultern und geht los, wieder den Hügel hinunter zum Haupthaus. Als ihr Vater sitzen bleibt, dreht sie sich nach wenigen Schritten noch einmal zu ihm um.
    »Was ist denn?«, fragt sie. »Es wird dunkel. Lass uns gehen!«
    »Bleib noch kurz, ich muss dir etwas sagen …«
    Sie kommt zurück, stellt ein Bein auf den linken Stein und fragt: »Was denn?«
    »Ich habe mich zwar kaum mit ihm allein beschäftigt. Aber die letzten beiden Male habe ich ihn doch mit einem Namen gerufen, und am Ende hat er darauf reagiert, da bin ich mir sicher. Ein neuer Name würde ihn vielleicht verwirren und uns unnötig zurückwerfen.«
    »Und wie hast du ihn gerufen?«
    »Jamie. Ich habe ihn Jamie genannt.«
    Sie ist überrascht: »Klingt fast wie Jane, dieselben Anfangsbuchstaben. Jamie und Jane. Das hätte allen gefallen, und Oma Jane besonders.«
    »Vielleicht habe ich dabei ja tatsächlich an sie gedacht. Sie hat immer an ADAM geglaubt. Aber hieß nicht auch ein alter Musiker so, den ich sehr gemocht habe? Genau, Jamie Cullum war das. Vielleicht war er der Grund.«
    »Egal – Jamie, Jamie«, wiederholt sie mehrmals. »Hat der Name eigentlich eine besondere Bedeutung?«
    »Kommt von James, der starke Held.«
    »Das klingt nun aber wirklich pathetisch. Passt gar nicht zu dir.«
    »Aber zu ihm. Er hat schließlich Hunderttausende von Jahren auf dem Buckel. Eine ziemliche Last.«
    »Und wie alt ist Jamie

Weitere Kostenlose Bücher