Jane Reloaded - Roman
es nichts zu tun gibt. Und das kann tagelang der Fall sein.
Jane wundert sich, als sie die Mappe zuklappt, dass das Projekt Anthropological Demonstration of Ancestors and Mankind mit nur zwei Labors auskommt, um die ganze Menschheitsentwicklung zu demonstrieren. Nichts Geringeres verspricht doch ADAM. Aber im Dossier stand auch, dass die hominide Psychologie inzwischen das Hauptforschungsgebiet geworden sei. Was sie wohl darunter verstehen? Ich muss Rita fragen, ist Janes letzter Gedanke, bevor sie fast auf dem Sessel einnickt. Sie wankt zum Bett, legt sich angezogen unter das Moskitonetz und schläft zwölf Stunden durch.
Jane entdeckt ihren Lieblingsplatz gleich am dritten Tag, als sie nach dem Mittagessen, mit einem Plan der erlaubten Wege und der Umgebung in der Hand, umherstreift. Ein hellgrüner Tupfer auf einem kleinen Hügel, nur zwanzig Minuten Fußweg vom weißen Haupthaus entfernt, lockt sie an. Oben steht Jane dann vor einem Bambushain, der drei alte behauene Steinquader von drei Seiten umschließt.
Bambus hat sie schon immer gemocht, dieses schnell aufschießende Riesengras mit den biegsamen, goldbraunen Stängeln und den Blättern wie Vogelfedern, so leicht und flatterig. Bambus wächst im Laos-Labor wie Unkraut. Die filigranen Wälder schillern in den unglaublichsten Grüntönen, wenn die Sonne sie beleuchtet.
»Das ist ein guter Platz«, findet auch Gregor, der Jane am frühen Abend hierher begleitet. Er zeigt nach Westen, dorthin, wo versteckt unter einem grünen, lückenlosen Riesenteppich der Mekong fließt.
»Bevor es das Laos-Labor gab, sahen die Hügelkuppen wie kahl geschorene Köpfe aus«, erzählt er. »Die Bäume wurden ohne Rücksicht abgeholzt. Entweder stand die Natur irgendwelchen Vorhaben im Weg oder das Holz wurde geschlagen und zu Geld gemacht.«
»Gab es eigentlich nie Proteste gegen das alles hier?«
»Nein, damals, als wir anfingen, haben die Mammuts alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Und hier hat sich jeder gefreut, dass nach dem großen Krieg endlich etwas ganz Neues passiert.«
Jane hat vor der Reise einiges über den Krieg gelesen, und natürlich sind ihr auf der Fahrt hierher die vielen verbauten Raketenteile aufgefallen. Und doch kann sie kaum glauben, dass vor über hundert Jahren hier mehr Bomben als im Zweiten Weltkrieg über ganz Deutschland niedergegangen sein sollen.
US-amerikanische Fliegerstaffeln hatten in den 1970er-Jahren nicht nur versucht, die wichtigen Nachschubwege des Vietcong nach Vietnam zu zerstören, sie hatten auch überzählige Fracht, den Kriegsmüll, über dem alten Laos entsorgt, also einfach abgeworfen. Ein Teil dieses tödlichen metallenen Regens versickerte in der Erde und schlug auch im Frieden weiter zu. Noch jahrzehntelang starben Bauern, die ihre Felder bestellen wollten, und Landminen töteten oder verkrüppelten Kinder, die um die Dörfer spielten. Auch deshalb machten sich immer mehr Menschen auf nach Thailand in ein sicheres und besseres Leben. Nach dieser »großen Migration«, wie es die Geschichtsbücher nennen, begann noch ein ganz anderer Ausverkauf: Seit der zweiten Jahrtausendwende schlugen immer mehr Konzerne legal und illegal die Edelhölzer in den laotischen Regenwäldern und zapften rücksichtslos die Wasservorräte an. China veränderte durch Staudämme am Oberlauf das alte Auf und Ab des Mekong, dessen Wasser die Ufer fruchtbar gemacht hatten. Seitdem waren die Felder an dem Grenzfluss entweder zu trocken oder zu oft überschwemmt.
Die Vereinigung des boomenden Thailands mit Laos, nachdem dessen überholte kommunistische Regierung aufgegeben hatte, und mit Myanmar, dessen Diktatur endlich hinweggefegt worden war, versprach große Lösungen für Thaimyla. Eine davon war das Laos-Labor, für das der dünn besiedelte Norden noch weiter gezielt entvölkert wurde. Für die Regenwaldbewohner gab es hohe Prämien und neue Häuser mit Feldern ohne todbringende Bomben westlich des Mekong. Ein internationales Konsortium stellte das unbewohnte riesige, hügelige Gebiet unter privaten Naturschutz, bezahlte die komplette Minenbeseitigung und eröffnete ein Freilandlabor für grüne und bald auch rote Gentechnikversuche.. Die Nachfrage war von Beginn an immens, ebenso die Einnahmen für die thaimylanische Regierung. Anfängliche Proteste in Europa gegen das Vorhaben waren nicht mehr als Nadelstiche. Und wenn solche umstrittenen Versuche schon unumgänglich waren, dann lieber dort als hier. Das alte Indochina lag schließlich
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