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Jane Reloaded - Roman

Jane Reloaded - Roman

Titel: Jane Reloaded - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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vielleicht doch eine Ursprache der Gattung Homo und welche Rolle spielen dabei die Fox-Sprachgene? Warum und seit wann reden wir überhaupt? Das faszinierte mich, und deshalb wählte ich als Spezialgebiet die Vorformen unserer Sprache, die sich bereits vor mehr als 1,8 Millionen Jahren entwickelt hatten.
    Zu dieser Ursprache gehörten wahrscheinlich vielsagende Ausrufe, wie wir sie auch heute noch benutzen. Wie viel Bewunderung kann ein langes Ooh ausdrücken und wie viel Ekel ein schrilles Iih. Aber selbst solche kurzen Signale verlangen nach anatomischen Voraussetzungen: Atemkontrolle und ein Zungenbein, die menschliche Sprachlaute formen helfen. Und natürlich Ohren, die hören können. Für alles liegen inzwischen fossile Beweise vor.
    Die Gehirnsubstanz der Frühmenschen jedoch war für immer verloren, aufgelöst, verwest. Wir können sie nicht mehr untersuchen, unsere Ahnen nicht mehr befragen. Dafür hinterließen ihre immer größeren Hirne an den Innenseiten von fossilen Schädelknochen sprechende Spuren. Abdrücke von typischen Venen etwa, die zum Broca-Sprachzentrum gehören. Es ist der Hauptsitz der Spiegelneuronen, mit denen wir uns in andere einfühlen können, und es behauptet seinen Platz an derselben Stelle seit mindestens 400 000 Jahren. Genau zu dieser Zeit fabrizierte der späte Homo erectus Speere, die es mit jedem Wettkampfspeer des 21. Jahrhunderts aufnehmen könnten. Um ein solches Meisterwerk zu schnitzen, braucht es nicht nur ein Gehirn, sondern viele Gehirne, die in Kontakt treten. Denn Wissen muss von einem zum anderen überliefert werden. Und genau dafür war Sprache nötig, dass sich Gruppen von Menschen organisieren konnten.
    So entstand soziale Intelligenz, ein Bewusstsein von Vergangenheit und Zukunft, das den Menschen so weit gebracht hat und mich am Ende ins Laos-Labor zu einem echten Homo erectus. Denn genau diese Fähigkeit, sich zu erinnern und denkend Zusammenhänge herzustellen, ließ mich bei der Meldung aus San Diego aufhorchen und sofort an das Laos-Labor denken. Ich hatte Lala zwar nie ganz vergessen, aber immer seltener daran gedacht. Doch nun wurde ich neugierig, begann nachzuforschen. Nach einigen Stunden intensiver Sucharbeit stieß ich in der digitalen Europabibliothek auf einen Artikel, der genauso alt war wie ich. Wahrscheinlich passierte das nur, weil der Name meiner Großmutter noch als alter Suchauftrag gesichert war und sich beide Begriffe zufällig verlinkt hatten. Dann musste ich nur noch eins und eins zusammenzählen, und am Ende wunderte ich mich, warum ich nicht schon früher mehr begriffen hatte.
    Ich sorgte dafür, dass wir drei – meine Mutter, meine Großmutter und ich – uns allein trafen. Das taten wir selten, weil sich dann immer gleich eine Front bildete: meine Großmutter und ich gegen Mama.
    Von meiner Großmutter, Jane III, hatte ich so viel gelernt, ich bewunderte sie. Sie war mein Vorbild geworden, und wir sahen uns immer ähnlicher, je älter ich wurde. Schlank waren wir, herbe Typen, fast androgyn, während Mama weicher, fraulicher war. Nur ihren sinnlichen Mund hatte ich geerbt. Aschblond waren wir alle drei, aber nur meine Großmutter trug die Haare kurz geschnitten. Ich hatte damals noch meine fransige, halblange Frisur, steckte mir die dünnen Haare manchmal hoch, genau wie meine Mutter. Sie hatte mich gebeten, mir die Haare nicht abzuschneiden. Noch hielt ich mich daran.
    Ich wünschte mir von beiden am Wochenende nach meinem vierundzwanzigsten Geburtstag ein gemeinsames Abendessen. Das konnten sie mir schlecht ausschlagen. Das Essen fand bei meiner Mutter statt, weil sie gerne und am besten von uns kochte. Ihre Wohnung war zwar vollgestopft mit allen möglichen Antiquitäten im Ikea-2000-Chic, der jedem modernen Menschen die Luft zum Atmen nahm, aber meine Großmutter und ich hatten es längst aufgegeben, ihr reinzureden. Da sie auch strikt alle elektronischen Hausmedien ablehnte und nicht einmal eine White Wall duldete, musste ich die zwei Artikel auf Papier ausdrucken.
    Ich reichte sie ihnen nach dem Dessert: »Meine süße Zugabe zum heutigen Abend.«
    »Um was geht es denn?«, fragte meine Mutter. »So wie du süß sagst, na ja …« Sie ergriff mit spitzen Fingern die zusammengehefteten Blätter.
    »Lies es einfach«, sagte ich. »Ihr erinnert euch doch sicher noch an den Mann aus der Grube Messel?«
    Die beiden wechselten einen erstaunten Blick, und ganz kurz dachte ich, sie steckten unter einer Decke und ich würde nie etwas

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