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Jane True 02 - Meeresblitzen

Titel: Jane True 02 - Meeresblitzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Peeler
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reiten wie auf einem Pony. Aber dann überlegte ich es mir doch noch einmal anders.
    »Wie lief es so bei dir?«, erkundigte er sich.
    »Ach, ganz gut. Viel zu tun. Und bei dir?«
    »Auch gut«, grollte er. »Viel los. Ich bin hergekommen, sobald ich Ryus Nachricht bekommen habe. Aber es scheint ja alles ruhig zu sein, oder?«
    Ich nickte und kraulte ihn weiter von den Ohren abwärts, am kitzeligen Übergang seiner Lefzen zum Hals und am Unterkiefer.
    »Es ist schön, zu Hause zu sein«, hechelte er und hielt genüsslich den Kopf schräg.
    »Seit wann bist du schon hier?«, fragte ich in dem Moment, als ich offenbar einen besonders empfindsamen Punkt erreichte und er die Augen schloss und wohlig zu knurren begann. Er liebte es, gekrault zu werden.
    »Erst vor ein paar Stunden. Ich habe ein wenig gedöst.«
    Ich musste an den großen Schatten auf der Galerie denken. Den menschlichen Schatten.
    »Oh«, sagte ich. Dann merkte ich, dass ich errötete und zog hastig die Hand zurück. Anyan war ein Barghest, ein Gestaltwandler wie meine Mutter. Nur dass er die Form eines Hundes und eines Menschen annehmen konnte. Und mit Hund meine ich den Höllenhund, dessen Ohren ich
gerade noch gekrault hatte. Und mit dem Mann meine ich einen großen, sehr muskulösen, prächtig ausgestatteten Mann mit den Oberschenkeln eines Rugbyspielers, der mich locker über die Schulter werfen konnte. Das wusste ich, weil er genau das schon einmal getan hatte – wobei er splitterfasernackt war, weshalb ich einen guten Blick auf seinen Körper von der Taille abwärts erhaschen hatte können.
    Wir hatten nie darüber gesprochen, was auf dem Verbundsgelände passiert war, und ich hatte mir damit beholfen, den Menschen Anyan und den Hund Anyan einfach komplett zu trennen. Was, wie ich genau wusste, falsch war, aber es war auch eine leicht aufrechtzuerhaltende Selbsttäuschung, da ich den Menschen Anyan sowieso nie zu Gesicht bekam. Ich hatte Anyan mit Fell kennengelernt und ihn seither auch nur so gesehen, mit Ausnahme des einen Mals, als er mir am Hof der Alfar das Leben rettete. Deshalb fiel es mir nicht schwer, zu vergessen, dass ein Mann in dem riesigen Welpen steckte, der gerne Frisbeescheiben apportierte und am Bauch gekrault wurde. Doch ab und an wurde ich an die Wahrheit erinnert, was die ganze Sache ausgesprochen bizarr machte.
    »Alles okay?«, knurrte er und schaute mit seinen grauen Augen aufmerksam in meine schwarzen, bis er den Kopf schließlich wieder senkte und weiter an meinen Fingern schnüffelte. »Du wirkst müde.«
    Ich lächelte. »Habe nur viel zu tun. Und im Übrigen hasse ich dieses ganze Aura-Training.«
    Er lachte kehlig, ein raues Geräusch, das eigentlich barsch klang, was bei ihm aber nicht der Fall war. »Das mit der Aura ist auch schwer. Du wirst es schon schaffen.«

    Ich seufzte. »Hoffentlich. Weil im Moment finde ich es echt tödlich.« Plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz, der von meiner Blase ausging, und mich brutal an ihre Existenz erinnerte. »Aber ich muss jetzt mal dringend pinkeln. Äh, ich meine… mal für kleine Mädchen. Entschuldige mich.«
    Beschämt watschelte ich, praktisch mit überkreuzten Beinen, davon. Ich legte noch schnell meine Kuriertasche auf der Granitarbeitsfläche in der Küche ab, bevor ich in Richtung Badezimmer hechtete.
    Während ich mir die Hände wusch, bewunderte ich eine riesige Schmiedearbeit an der Wand hinter mir im Spiegel. Ich liebte all die Kunstobjekte, mit denen Nells Häuschen dekoriert war – die winzige Zwergin schien einen ziemlich guten Geschmack zu haben. Die meisten Kunstwerke stammten, so nahm ich zumindest an, von demselben Künstler, da viele davon eine einheitliche Verwendung von Farben erkennen ließen, sowie die Art und Weise, wie der Künstler die großen, wässrigen Augen malte, sehr charakteristisch war. Abgesehen davon folgten sie völlig verschiedenen Stilrichtungen. Die Werke erstreckten sich von klassischen Objekten bis hin zu richtig modernem Zeug, das fast schon an den Stil von japanischen Mangas erinnerte. Aber mein Lieblingsstück war dieses hier im Bad. Es war wie die schmiedeeiserne Variante einer Graphic Novel: voll mit seltsamen kleinen Karrikaturen, die wunderliche Dinge taten. Ich konnte keine der Figuren erkennen, aber so weit ich das sagen konnte, erzählte das Bild die Geschichte einer Gruppe von seltsamen Tieren und Menschen, die dabei war, eine andere Gruppe von Tieren und Menschen zu
besiegen – durch List, manchmal im Kampf

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