Jane True 02 - Meeresblitzen
Conleths früheres Gefängnis zu. Das Gebäude war groß und vermutlich einmal recht imposant gewesen. Aber das
war schwer zu sagen, so zerstört wie es jetzt war. Ein Flügel der Glastür war eingeschlagen, der andere war noch intakt. Daran prangte ein Schild: Familien im Fokus: Spezialisten für künstliche Befruchtung (In-vitro, GIFT - UND ZiFt-Methode).
Ich starrte auf das Schild, und meine Augen verengten sich, während mein Hirn anfing, alle möglichen Verbindungen herzustellen. »Das Labor war eine Reproduktionsklinik? «
»Nun ja, es arbeitete zumindest unter einem solchen Deckmantel«, sagte Ryu. »Und anscheinend wurden hier nebenbei auch wirklich künstliche Befruchtungen vorgenommen. «
Ich sah ihn eindringlich an, ein Blick, dem er schließlich nicht mehr ausweichen konnte.
Er zuckte erneut mit den Schultern, wohl wissend, dass ich eine Verbindung unterstellte zwischen dem offiziell angegebenen Zweck der Klinik, Conleths Identität als Halbling und den Zeugungsproblemen, mit denen die Gemeinschaft der Übernatürlichen sich konfrontiert sah.
Wie man mir erklärt hatte, war es im Wesentlichen so, dass die übernatürlichen Wesen Probleme hatten, miteinander Nachwuchs zu bekommen. Es war zwar im Prinzip machbar, aber es verlangte ihnen enorme Konzentration und Kraftressourcen ab. Ich hatte meine eigenen Theorien darüber, warum diese Probleme existierten, auch wenn ich sie bisher für mich behalten hatte. Ich wusste, dass uns der Kontakt mit übernatürlichen Kräften eigentlich gesund hielt und mehr oder minder unsterblich machte. Seit ich mit meinem Training begonnen hatte, hatte ich keine Erkältung
und auch keinen Kater mehr gehabt, nicht einmal einen Pickel. Was großartig war, aber ich konnte mich des Gedankens nicht erwehren, dass die reinigenden Eigenschaften unserer Kräfte auch etwas mit den übernatürlichen Zeugungsproblemen zu tun hatten.
In Gedanken versunken folgte ich den anderen, die nacheinander das Gebäude betraten. Als ich an der Reihe war, hielt Ryu mich zurück. Er nahm mich behutsam bei der Taille und hob mich vorsichtig über das zersplitterte Glas, das noch immer am Boden lag. Als er mich wieder absetzte, küsste er mich auf die Stirn, was sein Versuch war, den Streit zwischen uns beizulegen. Nach einem Moment des Zögerns drückte ich meine Stirn an seine Lippen und erwiderte so die Geste.
Die Frontseite des Gebäudes war nicht allzu zerstört, wenn man bedenkt, was hier passiert war. Abgesehen von der zerbrochenen Eingangstür und den Schäden, die durch das Löschwasser entstanden waren, hatte der Eingangsbereich wohl nicht die ganze Wucht von Conleths Attacke abbekommen. Die einzigen beträchtlichen Schäden, die auf Conleth zurückzuführen waren, betrafen die Türen, die zu den restlichen Räumlichkeiten des Labors führten. Sie waren von der Explosion komplett aus den Angeln gerissen worden. Und das, was wohl einmal der Empfang gewesen war, sah nun aus, als sei es einem überdimensionalen Lötkolben in die Quere gekommen.
»Die Sekretärin hat die erste Attacke überlebt, weil sie sich verstecken konnte, aber Conleth fackelte das Empfangspult, bevor er die Flucht antrat, trotzdem ab, als wolle er ihr Angst einjagen. Und ein paar Tage später machte
er sie dann ausfindig – und tötete sie und ihren Freund.« Ryu blätterte in einer Akte und bellte Daoud gleichzeitig einen Befehl zu. Der Mann mit der Habichtnase trat vor, und diesmal bildete ich mir nichts ein: Daoud griff vorne in seine engen schwarzen Jeans und holte eine große Taschenlampe heraus. Er reichte sie Ryu, der ihm dankend zunickte. Dann zog Daoud noch drei weitere Taschenlampen vorne aus seiner Hose: Eine gab er Caleb, eine klemmte er sich selbst unter den Arm, und eine reichte er mir. Ich nahm sie entgegen, ohne nachzudenken, zu verblüfft, um anders zu reagieren, bis mir langsam ins Bewusstsein drang, wo die Lampe herkam, und ich meinen Ärmel über die Hand zog. Ich schüttelte den Kopf und wollte Ryu gerade fragen, warum Daoud einen Gemischtwarenladen in der Hose hatte, als ich wieder an den Grund unserer Anwesenheit erinnert wurde, weil Ryu mir zwei Fotos unter die Nase hielt: Eines zeigte ein junges Pärchen, das lächelnd hinter einem Geburtstagskuchen saß, und das andere zwei verkohlte Leichen. Die Empfangssekretärin und ihr Freund , erinnerte mich mein Gehirn, während mein Körper mit einer Welle der Übelkeit darauf reagierte. Ich befahl meinem Magen energisch, sich zu beruhigen, und mit
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