Jane True 02 - Meeresblitzen
anderen begangen hat, darüber lässt sich streiten. Ich verstehe nicht, warum er seine Vorgehensweise so sehr ändern sollte. Außerdem habe ich ihn gejagt. Er ist schnell, und dieser Raketentrick eignet sich hervorragend für eine schnelle Flucht. Nicht zuletzt, weil wir dann Stunden damit beschäftigt sind, menschliche Zeugen mit Auren zu belegen. Aber er kann diesen Zustand nicht lange aufrechterhalten, und es schwächt ihn ungemein. Ich bin nicht sicher, ob er es so schnell bis Chicago und zurück schaffen würde. Einige der Morde in Chicago wurden nur wenige Tage nach Morden in Boston begangen.« Mit Hilfe einiger Polizeiberichte hatte er nebenbei schnell eine Zeitachse der Verbrechen angelegt. Alle drei blickten wir nun mit ähnlich frustrierten Gesichtern auf die Papiere in Anyans Händen.
Schließlich brach der Barghest das ratlose Schweigen. »Habt ihr in letzter Zeit irgendwelche neuen Spuren im Zusammenhang mit den Mordfällen hier gefunden?«
Ryu seufzte. »Wir hatten da eine Spur, aber Conleth kam uns zuvor.«
Ich erblasste. »Ist Hampton tot?«
Ryu nickte. »Er schwelte noch, als wir dort ankamen.«
»Wie um alles in der Welt hat Conleth ihn gefunden?«
»Silver ist verschwunden«, erwiderte Ryu. »Und mit ihm die Leute, die sein Haus bewachen sollten.«
Schockiert starrte ich auf meine Hände. Bisher waren alle, die von Conleth getötet wurden, nur Papiere oder Fotos für mich gewesen. Aber mit Dr. Silver hatte ich sogar einen getrunken. Er schien ein netter Mann zu sein. Na ja,
abgesehen von der Tatsache, dass er im Auftrag der Regierung ein Kind gefangen gehalten hatte.
»Und was die Infos über die Morde in Chicago betrifft, da haben wir wirklich die Arschkarte gezogen. Julian arbeitet daran, in ihren Polizeiakten Todesfälle mit Brandeinwirkung ausfindig zu machen, aber…« Ryu zuckte resigniert mit den Schultern. »Wir bekommen einfach nicht mehr Informationen aus der Grenzregion.«
Anyan blickte Ryu lange an, als wäge er seine Möglichkeiten ab. Schließlich sagte er: »Nenn mir ein paar Namen, und ich sehe, was ich tun kann.«
Ryus Augen verengten sich, und er presste die Lippen zusammen, als er den Barghest anstarrte. »Willst du mir damit sagen, deine Verbindungen reichen bis in die Grenzregion? «
Anyan zuckte kaum merklich mit den Schultern.
»Wissen der König und die Königin davon?«, fragte Ryu verärgert. »Wenn du etwas weißt, was wir nicht wissen …«
»Bleib locker, Baobhan Sith«, erwiderte der Barghest. »Ich habe nichts Relevantes geheim gehalten. Es ist immer noch mein Leben«, knurrte er und setzte Ryus Fragen damit ein klares Ende.
Na super, dass alle ihr eigenes Leben haben , fuhr es mir durch den Kopf, und ich musste daran denken, wie ich selbst mehr und mehr entwurzelt wurde. Ryu war wenig begeistert von Anyans Antwort, und er funkelte den Barghest über den Tisch hinweg wütend an.
Wie immer darauf erpicht, die Spannungen zwischen den beiden beizulegen, fragte ich Anyan, wie die Verfolgung von
Conleth gelaufen war. Als Antwort bekam ich ein seltsam trauriges Lächeln und einen Bericht über alle Geschehnisse nach Conleths Angriff auf uns in Rockabill. Es hatte jede Menge Verfolgungsjagden gegeben, ein paar Kämpfe, und am Ende war es Anyan gelungen, den Ifrit in einem Schlupfloch hier in der Bostoner Gegend aufzuspüren. Aber Con hatte wieder fliehen können und war nicht mehr zurückgekehrt. Doch zumindest wussten wir jetzt, wo er gewohnt hatte.
Nachdem Anyan seinen Bericht beendet hatte, entwickelten er und Ryu einige Theorien darüber, wie Con überhaupt nach Maine gekommen war.
Sie nahmen an, er habe uns im Park angegriffen und zunächst geglaubt, ich sei nichts weiter als irgendeine weitere menschliche »Bettgenossin« von Ryu. Hier sei unbedingt erwähnt, dass meine Gesichtszüge bei dieser Hypothese ausgesprochen entspannt blieben. Wie dem auch sei, als ich Ryu dann bei der Abwehr half und Con sah, dass ich auch zu den Übernatürlichen gehörte, war er offenbar neugierig geworden und hatte sich daraufhin in Ryus Computer gehackt. Anscheinend hatte Ryu sich ein Computerspiel namens Elfenbowling heruntergeladen, das irgendein Schadsoftware-Virus-Ding enthielt, das sich in seinen Computer gefressen und jede Menge Spyware hinterlassen hatte. Oder irgend so etwas. Ryus Erklärug, die vermutlich ursprünglich von Julian stammte, war etwas wirr, aber ich verlor sowieso den Anschluss, sobald er mit dem Fachsimpeln anfing. Zu meiner Verteidung kann ich
Weitere Kostenlose Bücher