Jane's Journey: Die Lebensreise der Jane Goodall
Jugendlichen gesagt: »Nächstes Jahr fangen wir von vorne an!«
»Ich fand es unglaublich, dass es im reichsten Land der Welt Menschen gibt, die unter genauso schlimmen Bedingungen oder schlimmeren Bedingungen leben wie viele Menschen, die ich in Entwicklungsländern gesehen habe. Von dem Augenblick an wusste ich, dass ich weiterarbeiten musste, um Roots & Shoots oder andere Programme in diese Gemeinden zu tragen. Das wurde eine Leidenschaft. Ich musste einfach etwas tun. Ich konnte nicht anders. ... Ich musste einfach.« Jane Goodall im Film »Jane´s Journey«
Über dem Pine-Ridge-Reservat geht langsam die Sonne unter und schickt ihre letzten Strahlen über den kleinen Friedhof des Ortes, auf dem viele begraben liegen, die nur noch den einen Ausweg sahen, um ihrer deprimierenden Lebenssituation zu entkommen. Weit weg singt jemand eine alte indianische Weise, in deren monotoner Melodie die ganze Resignation widerzuklingen scheint, die das einst so stolze Volk der Lakota befallen hat.
Robert Whitemountain glaubt fest daran, dass die Arbeit von Jane Goodall und den Mitgliedern von »Roots & Shoots« die Dinge im Pine-Ridge-Reservat zum Besseren wenden wird.
»Als die Kids Jane kennenlernten und andere, die ins Reservat kamen, gab ihnen das einen Funken Hoffnung, sodass sie ...«, er muss schlucken, »anstatt sich umzubringen ...«
Robert Whitemountain, der Lakota-Indianer, kann nicht weitersprechen und wendet sich verlegen zur Seite, weil er bei der Erinnerung an seinen Sohn verzweifelt mit den Tränen kämpft. »Entschuldigung«, bringt er gerade noch heraus, bevor seine Stimme ganz versagt.
Kapitel 13
Platte River, Nebraska, 2009
In Nebraska neigt sich der Tag seinem Ende zu. Im Osten leuchten schon die ersten Sterne am klaren Firmament, im Westen färbt die untergegangene Sonne den Himmel noch mit einem warmen Orange-Rosa ein. Nicht mehr lange, dann wird die Dunkelheit der Nacht auch bis hierher vorgedrungen sein und die Landschaft an den Ufern des Platte River mit ihrer samtigen Schwärze einhüllen.
Über die letzten zaghaften Vogelstimmen, die noch aus den Büschen dringen, legen sich andere Laute, die zuerst weder in ihrem Ursprung noch in der Richtung, aus der sie kommen, zu bestimmen sind. Langsam schwellen sie an, und eine Zeit lang klingt es wie ein gedämpftes Konzert tausender Trompeten, denen ebenso viele Spieler immer wieder den gleichen melodischen Ton entlocken. Als die Laute schließlich aus allen Richtungen zu kommen scheinen, tauchen vor dem vom Abendrot überzogenen Himmel imposante, tiefschwarze Silhouetten großer Vögel auf, die auf ihren mächtigen Schwingen segelnd noch einmal eine letzte Schleife durch die Luft ziehen, bevor sie mit ihren lang ausgestreckten, im Verhältnis zum Körper filigran wirkenden Beinen zur Landung ansetzen.
Jane Goodall und ihr Freund Tom Mangelsen, seit Jahrzehnten einer der weltweit besten Naturfotografen, sind an das Ufer des Platte River gegangen, um das Naturschauspiel zu erleben, das sich seit Menschengedenken jedes Frühjahr wieder genau an derselben Stelle abspielt. Die großen Vögel sind Kanadakraniche, die von ihren Überwinterungsrevieren im Südwesten der US A und im nördlichen Mexiko kommen und auf dem 8 000 Kilometer langen Flug zu den Brutgebieten in Kanada, Alaska und Sibirien hier am Platte River eine mehrwöchige Rast einlegen. Den Tag haben sie weit ab vom Fluss zur Nahrungsaufnahme auf den abgeernteten Feldern verbracht und jetzt, bei Anbruch der Nacht, fallen sie in riesigen Schwärmen am Flussufer ein. In der Flachwasserzone in Ufernähe werden sie die Nacht im Stehen verbringen und sind so sicher vor ihren Fressfeinden wie Wölfen, Luchsen, Kojoten und Waschbären.
Früh am nächsten Morgen sind Jane Goodall und Tom Mangelsen wieder unterwegs. Es sind jetzt sicher Zehntausende von Kranichen, die in der Uferzone stehen und ihre Rufe ausstoßen. Einzelne von ihnen, die für die bevorstehende Brutperiode noch keinen Partner gefunden haben, beginnen ihren Paarungstanz. Mit weit ausgebreiteten Schwingen führen sie kurze, elegante Luftsprünge aus, um auf diese Weise Angehörige des anderen Geschlechts, die ebenfalls noch nicht verpaart sind, auf sich aufmerksam zu machen. Durch ihr kleines Fernglas beobachtet Jane Goodall, wie sich einer der Kraniche mit langsamen, kraftvollen Flügelschlägen in die Luft erhebt und andere ihm mit lang nach vorn gestrecktem Hals und nach hinten ausgestreckten Beinen folgen – ein Bild von
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