Januarfluss
eine überspannte Sinhazinha bin, der man es nie recht machen kann. Es tut mir leid, dass ich sie mit meinem Ansinnen in diese Lage gebracht habe.
» Ach, schade. Nun ja, dann wirst du jetzt die Gelegenheit haben zu zeigen, wie du dich anstellst. «
» Sehr wohl, Senhorita « , sagt sie leise und mit noch immer gesenktem Kopf.
Mia bringt mich auf mein Zimmer. Dort angekommen, schnürt sie mich auf und hilft mir in mein Nachtgewand. Das alles macht sie nicht weniger geschickt als irgendein anderes Dienstmädchen. Den Schlüssel, den ich in meinem Ausschnitt verborgen hatte, kann ich von ihr unbemerkt herausnehmen und unter die Bettdecke gleiten lassen.
» Du kannst jetzt gehen, Mia. Ich werde mich Dom Fernando gegenüber lobend über dich äuÃern. «
Die verhuschte Sklavin lächelt schüchtern, macht einen Knicks und verabschiedet sich mit einem leisen » Danke « .
Als ich endlich allein auf meinem Zimmer bin, atme ich erleichtert durch. Ich bin nicht im Geringsten müde, denn ich habe ja eine Siesta gehalten, und allzu spät ist es noch gar nicht. Ich lege mich aufs Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, und gehe noch einmal den lückenhaften Plan durch, den Lu geschmiedet hat.
Als er ihn mir dargelegt hat, an jenem Abend auf dem Morro da Urca, im strömenden Regen, erschien mir alles logisch und glasklar. Erst jetzt sehe ich all die Mängel, die der Plan aufweist. Unzählige Fragen schieÃen mir durch den Kopf. Warum durchsucht nicht Rosa den Sekretär? Dom Fernando ist manchmal wochenlang fort, da hätte sie doch längst einmal nachschauen könne, ob sich irgendetwas Spannendes darin befindet. Aber würde Dom Fernando verräterische Dokumente überhaupt hier aufbewahren? Wenn ich er wäre, würde ich mir gar nicht die Mühe machen, die Geburtsurkunden von Sklaven zu fälschen. Ich würde sie einfach vernichten. Kein Mensch würde seine Aussage jemals anzweifeln. Er ist ein unbescholtener und angesehener Bürger, und wenn er behauptet, dass keiner seiner Sklaven jünger als siebzehn Jahre ist, würde man ihm glauben. Dasselbe gilt für den illegalen Handel mit Sklaven. Würde es da einen Kaufvertrag oder Belege geben? Natürlich nicht. Er und seine Käufer würden das alles direkt und in bar regeln, sodass es keinerlei Beweise gäbe.
Lus gröÃte Hoffnung war die, dass ich vielleicht Zeugin eines Handels werde, dass ich also beobachten könnte, wie eine Gruppe von jungen Schwarzen auf einen Karren verfrachtet und fortgebracht wird. Aber ganz ehrlich: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Vorgang bezeugen zu können, wenn ich nur wenige Tage hier bin? Und länger als ein paar Tage kann und will ich nicht bleiben.
Den einzigen Punkt, den wir eventuell zu Lus Zufriedenheit regeln können, ist der Kauf von Rosa. Unser Plan sieht vor, dass ich ein übermäÃiges Interesse an ihr bekunde und Dom Fernando irgendwann frage, ob er mir diese auÃergewöhnliche Sklavin verkauft. Ausgerechnet sie. Wenn ich wirklich ein Mädchen kaufen wollte, und nichts liegt mir ferner, würde ich mir von allen Sklavinnen diese zuletzt aussuchen. Ich kann sie nicht leiden, obwohl sie wirklich sehr schön, klug und tüchtig ist.
Wie auch immer. Den Anfang habe ich gemacht. Wir werden sehen, wohin es führt.
24
Werde ich Sie heute noch sehen? « , begrüÃt mich Dom Fernando, der in Ausgehkleidung und mit Hut in der Halle steht, am nächsten Morgen. Er sieht wie gewohnt picobello aus in seinen auf Hochglanz polierten Schuhen und mit tadellos frisiertem Haar. Wirkt dieser Mann denn niemals verschlafen oder verknittert, zerrauft oder erhitzt?
» Natürlich « , antworte ich. » Es sei denn, Sie kämen heute nicht mehr zurück. «
» Doch, doch, aber es könnte später werden. Wie lange gedenken Sie auf Bela Vista zu bleiben? Ich hoffe, ich kann Ihre entzückende Gesellschaft noch ein wenig genieÃen. «
» Ich weià nicht, zwei, drei Tage vielleicht? Länger kann ich Ihre Gastfreundschaft ohnehin nicht in Anspruch nehmen, ohne Sie in Schwierigkeiten zu bringen. Die Sklaven sind geschwätzig, und irgendwie verbreiten sich Dinge schneller, als einem lieb ist. Wenn herauskommt, dass Sie mir Obdach gegeben haben, obwohl ich gesucht werde, wird das für Sie möglicherweise unschöne Folgen haben. «
» Ach, zerbrechen Sie sich darüber
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