Januskopf
Kichern und unheimliche Geschwätz des furchtbaren Doppeltgängers, aber zuletzt sich verlor in ein seltsames Summen, wie wenn der Südwind Schwärme feindlicher Insekten geweckt hat, die giftige Saugrüssel ansetzen an die blühende Saat. 5 5
Hardo fuhr Katinka nach Hause. Als sie in die Wohnung kamen, saß Carla mit dem Telefon auf dem Schoß in der Küche.
»Katinka!«, rief sie und sprang auf, als habe man ihr einen Elektroschock versetzt. »Es ist schon nach neun. Ich hätte beinahe ...« Sie brach ab und sah Hardo an. »Wissen Sie etwas? Wissen Sie etwas von Tom?«
Selbst in all ihrem Elend konnte Katinka noch Bewunderung aufbringen für Hardos Geschick, sie und Carla zu beruhigen. Sie lauschte seiner tiefen, samtigen Stimme, als er ihnen die nächsten Schritte erklärte, in einem Tonfall zwischen Sachlichkeit und Anteilnahme.
»Ich muss in die Polizeidirektion«, sagte er schließlich. »Sie beide sollten hier nicht alleine sein. Ich sehe zu, dass ich Sabine Kerschensteiner vorbeischicke. Oder wollen Sie Ihre Reporterfreundin anrufen, Palfy?«
Katinka nickte. Sie hielt Hardo das Telefon hin und diktierte ihm die Nummer. Hardo rief an. Er sprach kurz mit einer offenkundig verschlafenen Britta. Als er auflegte, sagte er:
»Katinka, ich möchte nicht, dass Sie das Haus verlassen. Tom wurde aller Vermutung nach entführt, um Sie am Ermitteln im Fall Isenstein zu hindern.«
Vishnu huschte herbei und strich dem Kommissar um die Beine.
»Das haben wir schon besprochen«, sagte Katinka müde. »Aber ich ...«
»Sie bleiben hier«, bestimmte Hardo. »Ich rufe Sie regelmäßig an. Melden Sie sich sofort, wenn sich irgendetwas tut. Auch, wenn Sie einen Anruf von einem unserer Verdächtigen bekommen. Klar?«
Katinka nickte. Sie würde sich nicht abhalten lassen, rauszugehen, um zu ermitteln, wenn es notwendig würde. Nur hatte sie nicht vor, dies gerade jetzt vor Hardo breitzutreten.
Er strich ihr kurz übers Haar, nickte Carla zu und ging. Die Tür schlug zu und seine Schritte verklangen im Treppenhaus. Es war ganz still. Katinka hörte die Küchenuhr ticken. Ein Tick und ein Tack , um die Sekunden über das Zifferblatt zu schieben, langsam und gleichgültig. Sie sah auf und blickte in Carlas weit aufgerissene Augen.
»Erzähl mir«, bat Carla. »Bitte.«
Katinka wischte die bleierne Erschöpfung beiseite. Sie berichtete von ihrem Besuch bei Charlotte Isenstein an diesem Morgen, von Markus und ihrem Gespräch mit Hardo in der Detektei. Sie ging zur Spüle, wusch sich die Hände und nahm sich einen Pfirsich. Er schmeckte nach Kraut. Sie warf ihn weg.
Britta klingelte kurz vor zehn.
»Schande über Schande!«, rief sie, während sie in die Wohnung stürmte und sogleich wie ein Staubsauger alles verschlang, was Katinka und Carla ihr über die letzten achtundvierzig Stunden berichteten.
»Ein Motiv sucht ihr?«, fragte Britta schließlich. »Ihr habt zwei zur Auswahl. Geld und Sex.«
»Geld funktioniert nicht«, widersprach Katinka. »Niemand hat finanzielle Vorteile, wenn Ewald in eine Klinik kommt.«
Britta machte ein säuerliches Gesicht.
»Dann nimm eben Sex.« Britta hielt eine Plastiktüte hoch. »Sprechen wir über Sex, bekomme ich sofort Hunger.«
Katinka betrachtete gleichgültig die Brötchen, Käsepäckchen und Marmeladengläser, die Britta auf den Tisch stellte.
»Wenn Geld keine Rolle spielt, und alles am Sex hängt, dann kommt nur einer in Frage: Veit Behlen«, sagte Katinka und erläuterte Britta, was sie und Hardo sich zusammengereimt hatten.
Britta hörte schweigend zu, während sie Teller und Besteck heraussuchte, Servietten faltete und das ein oder andere Argument mit einem unwirschen »hm« kommentierte.
»Ihr habt sicher nichts dagegen«, verkündete sie, »dass ich mir diese Story im Kopf so zurechtlege, als wollte ich eine Reportage darüber schreiben. Ihr verdächtigt jemanden, der Geld will, weil Ihr jemanden habt, der Geld braucht: Markus.«
»Aber der, sollte er der Briefeschreiber sein, sich eine sinnlose Technik ausgesucht hat, um an Geld zu kommen«, widersprach Carla.
»Vom momentanen Stand der Dinge her, ja«, gab Britta zu. »Ihr verdächtigt weiterhin einen Mann, der Sex will. Der die Briefe schreibt, um zu mehr Sex zu kommen.«
Katinka goss Kaffee in die Tassen. Ihre Hand zitterte leicht.
»Aber er wird nicht mehr oder besseren Sex haben, wenn Ewald in eine Klinik eingewiesen wird oder sich im Wahn umbringt«, führte Britta weiter aus.
Katinka sah
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