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Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Isenstein, der Anzeichen von Persönlichkeitsspaltung, Identitätsauflösung, übersteigertem Gefühlsleben, Zerstörung des Ichs aufweist, der aggressiv oder zumindest emotional unbeständig ist und außerdem an Schreibrausch leidet. Wie die Hauptfigur in Hoffmanns Buch.«
    »Schreibrausch«, murmelte Katinka und zog die Stirn kraus.
    »In den ›Elixieren‹ besitzt der Mönch Medardus, die Hauptfigur, ein Talent zum Predigen. Ewald beansprucht für sich ein Talent zum Schreiben. Setzen wir beides für den Augenblick gleich«, argumentierte Hardo.
    Katinka nahm sich ein Blatt Papier und malte einen Kreis, der Ewald symbolisieren sollte.
    »O.k., weiter?« Hardos Aufregung elektrisierte sie.
    »Wir haben einen Mord, der auch ein Unfall sein könnte. Wie in den ›Elixieren‹.« Hardo blätterte in dem Bändchen. Eine Seite segelte heraus. »Hier. Viktorin heißt der arme Mensch, der just in dem Moment in einen Abgrund stürzt, als Medardus hinzukommt.«
    Katinka malte einen Kreis und schrieb: ›Erstes Opfer. In den Abgrund gestürzt‹.
    »Es gibt zwei weitere Morde. Ein Sohn und seine Mutter. Wie im Buch! Die Mutter wird vergiftet. Der Sohn ... nun im Buch wird er erstochen. Unser Opfer wurde erschlagen.« Hardo wischte sich ungeduldig ein paar Schweißperlen aus dem Gesicht. »Weiter. Wir haben im Buch einen leidenschaftlichen Protagonisten, der die Mächte, die ihn treiben, nicht bekämpfen kann. Wie Ewald!«
    Triumphierend legte er das Buch auf den Schreibtisch und packte Katinkas Schultern.
    »Denken Sie nach«, sagte er eindringlich und schüttelte sie. Die Buchstaben auf ihrem Papier wurden krumm. »Wenn diese Parallele nicht nur zufällig existiert, was sagt uns das?«
    Katinka sah ihn an. Seine grauen Augen glühten wie Leuchtfeuer.
    »Ich weiß nicht, Hardo«, murmelte sie. Allmählich tauchten Fragmente des Romans in ihrem Gedächtnis auf. »Soweit ich mich erinnere, reist Medardus in Hoffmanns Roman durch die Welt, um seine Geliebte zu finden.«
    »Eine eingebildete Geliebte. Er verliebt sich in ein Bildnis.«
    »Wobei«, Katinka nagte an ihrer Unterlippe, »wobei Ewald vielleicht im übertragenen Sinn auf der Suche nach der Liebe ist.«
    »Warum?« Hardo setzte seinen investigativsten Blick auf.
    »Charlotte sagt, er hätte kein sexuelles Interesse mehr an ihr. Könnte doch sein, dass Ewald sich eine Geliebte erfindet.«
    »So was gab es schon mehr als einmal«, bestätigte Hardo. »Was weiter?«
    »In Hoffmanns Buch«, dachte Katinka laut, »ging es da nicht um einen Familienfluch?«
    »Ging es«, bestätigte Hardo. Er blätterte durch die zerfledderten Seiten. »Medardus entdeckt seine Abstammung von einem Maler, der das Altarbild der heiligen Rosalia geschaffen hat, welche Medardus wiederum als seine Geliebte identifiziert. Dieser Frau jagt er nach.«
    »Vielleicht jagt Ewald auch jemandem nach.«
    »Das könnte sein. Und noch was, Palfy: Denken Sie an den Titel!«
    Katinka nahm ihm das Buch aus der Hand.
    »‹Die Elixiere des Teufels‹. Und?«
    »Diese geheimnisvollen Elixiere sind der springende Punkt im Buch«, erklärte Hardo. »Medardus bekommt die Leitung der Reliquienkammer übertragen. Zum Inventar gehört das ›Teufelselixier‹. Eine Flasche mit einem geheimnisumwobenen Trunk. Der Satan selbst soll damit den heiligen Antonius in der Wüste versucht haben.«
    »Ich weiß nicht, Hardo«, stammelte Katinka. »Ich bin zwar katholisch, aber was das mit unserem Fall zu tun hat, das ist mir zu weit weg.«
    »Mir nicht! Nicht, je länger ich darüber nachdenke. Der Trunk versetzt jeden in sinnliche Stimmung, der davon trinkt. Medardus tut es. Er hofft, dass die Elixiere sein verloschenes Predigttalent wieder aufleben lassen. Das funktioniert auch. Von nun an trinkt er immer wieder davon. Wahrscheinlich ist es nur ein Wein. Irgendwas Schweres. Ein Messwein.«
    »Messwein!« Katinka schlug sich vor die Stirn und fegte ihren Zettel zu Boden. »Messwein!«
    Hardo hob das Blatt auf und sah Katinka fragend an.
    »Hardo«, flüsterte Katinka. »Sie haben recht! Absolut recht! Ewald besitzt diesen Teufelstrank.«
    »Wie bitte?«
    »Er schleppt eine Flasche mit sich herum, die er ›Teufelselixier‹ nennt. Mein Gott, alles steht in Blockbuchstaben vor unseren Augen und ...«
    »... und was?« Hardo konnte seine Ungeduld nicht bremsen. »Palfy, raus damit!«
    »Er bot mir sogar davon an. Ein schwerer Wein, sehr süß. Ewald sagte Vin Santo dazu.«
    »Vin Santo ist ein Wein, den man in Italien zum

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