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Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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fickerig machte. Entschuldigen Sie, ich muss zur Toilette.«
    Liz Thompson verschwand im Bad. Katinka hörte Wasser rauschen. Sie legte sich ihre nächste Frage sehr sorgfältig zurecht. Als die Ärztin zurückkam, hatte sie ihr Haar zu einer ordentlichen Frisur hochgesteckt. Sie ging zum Fenster und zog den Vorhang beiseite.
    »Heiß ist das«, murmelte sie.
    »Wie wurden Ihre Ausführungen in München angenommen?«, fragte Katinka. »Ich nehme an, man sprach von einem Durchbruch?«
    Knall . Liz Thompson fuhr herum und warf die Kamera zu Boden. In Zeitlupe drehte sie sich zu Katinka. Einen kurzen Moment maßen sie ihre Kräfte. Schließlich sagte Liz Thompson:
    »Allerdings. Es gab bislang ein paar Fallberichte über die stimmungsstabilisierende Wirkung der Antikonvulsiva. Aber keine Studien.«
    »Ewald Isenstein ist Ihre persönliche Studie?«
    »Ach was«, winkte Liz Thompson ab. »Er ist nur ein Mann. Er ist keine Studie.« Sie knetete ihre Finger. »Ewald stellt einen Fall dar, in dem zum ersten Mal unter genau berechneten Bedingungen Antikonvulsiva für diese besondere Form des Dostojewski-Syndroms verabreicht werden.«
    Katinka hob ihren Rucksack auf und ging zur Tür.
    »Können Sie guten Gewissens sagen, dass Ewald Isenstein unter dem Einfluss des neuen Medikamentes keine Gewalttaten begehen wird?«
    Dr. Thompson lachte. Es klang beinahe so fröhlich wie vor kurzem, als Katinka sie im Reformhaus getroffen hatte.
    »Ich kann niemals behaupten, dass irgendwer etwas sicher tun wird oder nicht tun wird. Wenn wir nach der Wahrscheinlichkeit gehen, dann versichere ich Ihnen: Es ist unwahrscheinlicher als zuvor, dass Ewald Isenstein, wenn er seine Tabletten nach Verordnung einnimmt, gewalttätig wird.«
    »Danke«, sagte Katinka. Der Schweiß lief ihr über den Rücken. Sie zog die Jeansjacke aus und genoss Dr. Thompsons Blick auf ihre Pistole.
    »Sie kennen nicht zufällig Mariele Isensteins Freund? Veit Behlen?«
    »Sie sind ein gerissenes Weib«, stieß Liz Thompson hervor, aber sie lächelte dabei. »Können Sie sich doch denken, dass ich zur Zielgruppe gehöre.«
    »Sie wissen davon?« Katinka warf sich die Jacke über die Schulter.
    »Frau Privatdetektivin, wenn Sie sich einst im zarten Alter von fünfzig oder später mit einem Mann amüsieren wollen, werden Sie die Vorzüge von Typen wie Veit noch kennenlernen!«
    »Waren Sie vor Charlotte dran?«
    Liz lachte.
    »Ich habe ihn an Charlotte weitergereicht. Sie brachte Ewald zu mir in die Praxis, und Veit ging gerade – meine Mittagspause war zu Ende.«
    »Aber Mariele?«
    »Lady, Mariele ist eine Tarnkappe.«
    »Na dann«, sagte Katinka. »Ich melde mich.«
    Dr. Thompson nickte und sah ihr nach. Als Katinka schon den Korridor entlangging, rief sie ihr nach:
    »Ist das eine Beretta?«
    Katinka drehte sich um. Liz Thompsons Blick bohrte sich unter ihre Achsel.
    »Wiedersehen«, sagte Katinka.
     

21. Veit
    Brittas Auto parkte unschuldig im Innenhof. Auf ihrem Weg zur Luitpoldstraße hatte Katinka sich immer wieder besorgt umgesehen. Einige Tricks kannte sie ganz gut. Erfolgreiche Beschatter gingen ihrem Zielobjekt eher voraus als hinterher. Aber sie hatte niemanden ausmachen können, und so steckte sie einigermaßen erleichtert den Schlüssel ins Zündschloss von Brittas Fiat und fuhr los.
    Auf dem Weg nach Zeil sortierte sie ihre Gedanken. Ewald als Täter konnte sie sich abschminken. Nach allem, was ihr Dr. Thompson berichtet hatte, schien es ihr vollkommen unwahrscheinlich, dass Ewald systematisch Morde beging oder Menschen entführte, geschweige denn, dass er einen Roman aus dem neunzehnten Jahrhundert als Realstück inszenierte. Rabiat verdrängte sie alle Gedanken an Tom.
    »Ich muss das schaffen«, sagte sie laut zu Brittas Talisman, einer winzigen Giraffe aus Bast, die unschuldig am Rückspiegel baumelte. »Ich muss das schaffen.«
    In Zeil parkte sie am Straßenrand und ging zur Eisdiele. Sie bestellte eine Coppa Ipanema und fragte nach Veit. Der Kellner sah groggy aus. Er hob die Schultern.
    »Bei dem Wetter geht’s hier rund wie in der Salatschleuder«, verkündete er. Seine Lippen schimmerten bläulich wie bei einem Herzkranken. »Adelina«, schrie er dem Mädchen hinter der Theke zu. »Wo bleibt der Cappuccino für Tisch fünf?« Das Mädchen blies sich die dunklen Strähnen aus dem Gesicht und zeigte ihm einen Vogel. Katinka grinste.
    »Wie soll ich mich an Freitag erinnern. Jeder Tag hat seine Plage, oder?«, fragte er, ging davon und brüllte

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