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Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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von Therapie und Heilung und Medikamenten. Soll er doch schreiben! Soll er doch verrückt sein, mein Gott! Er kann den Kampf gegen sich selbst sowieso nicht gewinnen. Und wissen Sie, was? Es ist unmenschlich, jemandem einen Kampf aufzuzwingen, den er weder aufgeben noch gewinnen kann.«
    Er ließ sich in den Sessel zurückfallen. Katinkas Blick glitt aus dem Fenster und prallte wenige Meter weiter an der nächsten Hauswand ab.
    »Unmenschlich«, murmelte sie.
    Veit nickte.
    »Manches können wir nicht ändern. Sollen wir unsere Gefühle und unsere Lust und unsere Sehnsüchte von Tabletten oder durchgeknallten Psychologen manipulieren lassen? Sollen wir uns Ärzten anvertrauen, die festlegen, welches das richtige Gefühl für uns ist? Und den Pharmazeuten, die im Labor das Mittel der Wahl brauen, um damit den Jahresumsatz ihres Unternehmens zu verdoppeln?«
    Katinka dachte an Dr. Thompson. Biochemie. Das richtige Zusammenspiel der Substanzen.
    »Sie mögen missbilligen, wie ich lebe, Frau Palfy«, redete Veit weiter. »Es passt nicht in Ihr Weltbild. Männer, die in verschiedenen Schlafzimmern eine Schleife drehen, sind Ihnen zuwider. Akzeptiert. Aber mich gibt es dennoch, und es gibt noch ganz andere. Dafür sind wir eben mehrere.«
    »Wie sieht Mariele das?«
    »Das ist Marieles Problem«, sagte Veit.
    »Nein. Es ist Ihres!«
    »Eine Sache der Perspektive.« Veit versuchte es mit einem Grinsen, fasste dann an seine rote Wange und guckte schnell so ernst drein, wie er nur konnte.
    »Testosteron«, sagte Katinka, »macht aggressiv. Sie haben sicher eine gute Dosis auf Lager.«
    »Ich muss meinen Lebenswandel nicht vor Ihnen rechtfertigen.«
    Katinka seufzte. Es war müßig, zu diskutieren. Irgendwie hatte er recht. Und irgendwie lag er fürchterlich daneben. Sie konnte nicht sezieren, wo die Betrachtungsweise knickte, und momentan war ihr das auch gleichgültig. Sie hatte keine Zeit für argumentative Spitzfindigkeiten. Sie hatte ihren Fall.
     
    Im Auto rief sie Carla an. Hardo hatte sich nicht gemeldet, von Tom wussten sie nichts. Katinka sah auf die Uhr. Kurz nach drei. Ihr Magen knurrte.
    Sie glaubte Veit. Sie mochte ihn nicht, aber sie glaubte ihm. Er hatte die Morde nicht begangen. Er war nicht der Typ, der sich die Hände schmutzig machte. Er wollte so viel Spaß wie möglich, ohne unangenehme Konsequenzen. Er war keiner, der sich für seine Überzeugung zu weit aus dem Fenster lehnte. Keiner, der bei Regen gerne nass wurde. Keiner, der sich der Gefahr aussetzte, in den Knast zu kommen. Ein Credo, das diese Dringlichkeit verlangen könnte, gab es für ihn nicht.
    Damit schied er aus, und es blieben Charlotte Isenstein, Liz Thompson und Markus Isenstein. Und Ewald selbst. Und vielleicht Mariele.
    Sie startete den Motor. Im Rückspiegel fiel ihr kurz ein dunkler Wagen auf, dessen Bamberger Kennzeichen ihr flüchtig bekannt vorkam.
     

22. Ewald Isenstein
    Sie trafen sich wie abgemacht in Brittas Wohnung. Katinka stellte sich ans Fenster und fächelte sich Luft zu. Hitze und Panik machten ihr das Atmen schwer.
    »Kommissar Superschlau hätten wir ausgetrickst«, verkündete Britta selbstzufrieden. »Wozu darf ich die Damen einladen? Vanilleeis mit roter Grütze? Oder lieber was Deftiges? Schinkenbrote?«
    »Deftig«, bat Katinka und berichtete von ihrem Gespräch mit Veit.
    »Wo er recht hat, hat er recht«, bestätigte Britta. »Und das wirft ein düsteres Licht auf Frau Doktor und ebenso auf Charlotte Isenstein.« Sie schnitt einen mächtigen Laib Landbrot an.
    »Er liegt falsch«, widersprach Carla. »Er stellt seine Untreue und seine sexuellen Begierden auf eine Stufe mit Ewalds Krankheit.«
    »Krankheit und Gesundheit sind eben nah beieinander«, entgegnete Britta.
    »Auf einer Skala zwischen krank und gesund ist die Mitte sicherlich schwer bestimmbar«, nickte Carla. »Aber die Pole sind ziemlich gut auseinanderzuhalten.«
    Katinka hockte sich auf Brittas Küchenbuffet.
    »Egal. Vergesst ihn. Er war es nicht.«
    »Dann hast du noch zwei Motorradfahrer im Angebot«, sagte Britta. »Frau Doktor und Markus.«
    »Markus. Er hat Schulden. Wusstet ihr das?«
    »Uups«, machte Britta. »Wie viel?«
    »Die Bank hat ihm fünfhundert Mille zugesteckt.«
    Carla und Britta starrten Katinka ungläubig an.
    »Sieh an«, bemerkte Carla. »Ich wollte mal vierzigtausend für eine neue Werkstatt. Da lief nichts.«
    »Du heißt nicht Isenstein«, ereiferte sich Britta. »Ich kann’s mir denken. Mama hat gebürgt.«
    »Aber

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