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Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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was bringt es Markus, seinen Vater zu terrorisieren«, insistierte Katinka. »Finanziell, meine ich. Mein Gott. Ich habe schon wer weiß wie oft die gleichen Gedanken gesponnen. Nichts kommt dabei raus.«
    »Es sei denn, Ewald Isenstein hat richtig Kohle und Markus würde das erben.«
    »Er hat bescheidene Ersparnisse«, sagte Katinka. »so hat Hardo das ausgedrückt.«
    »Bescheidene Ersparnisse? Die enden bei maximal zehntausend.« Britta öffnete ein Glas Cornichons und fing an, die Schinkenbrote zu verzieren.
    »Also nichts, wofür es sich aus Markus‹ Sicht zu morden lohnt. Außerdem ist ja nicht Ewald ermordet worden.« Katinka sah zwanzig Fingern zu, die Brote schmierten und belegten. Tom. Wenn es nur irgendeinen Hinweis gäbe. Wenn sich jemand melden würde. Wenn. Wenn. Wenn.
    »Liz Thompson kann Tom nicht entführt haben«, sagte Katinka. »Sie war in München. Und Markus hat kein Motiv.« Ihr fiel ein, wie Hardo gesagt hatte, Motive seien wichtig, aber manchmal müsse man umgekehrt anfangen.
    Sie aß unter Brittas sanftem Drängen zwei Butterbrote und legte sich dann aufs Sofa, in der Hoffnung, Ruhe zu finden. Was nicht funktionierte. Ein Pyrotechniker veranstaltete ein Feuerwerk in ihrem Kopf. Sie rief Hardo an. Er wusste nichts zu berichten und versuchte, sie zu beruhigen.
    »Wo sind Sie?«, fragte er argwöhnisch.
    »Zu Hause.«
    »Lügnerin.«
    »Hardo, bitte, ich ...«
    »Ich bin nicht so schwer von Kapee.«
    »Könnte ich mit Sabine sprechen?«
    »Sie hat frei.«
    »Dann rufe ich sie zu Hause an.«
    »Tun Sie das.«
    Katinka stopfte sich Brittas geliebten Stoffseehund unter den Nacken und wählte Sabines Privatnummer. Ein Anrufbeantworter forderte sie blechern auf, eine Nachricht zu hinterlassen. Katinka bat um Rückruf, egal wann. Sie rutschte in einen unruhigen Schlaf, durchsetzt von gifttropfenden Träumen. Als sie schweißgebadet hochfuhr, saß Carla neben ihr.
    »Ist gut, Katinka. Ist gut. Du hast nur geträumt.«
    Die Wirklichkeit war noch mörderischer als der Traum.
    »Hat jemand angerufen?«
    »Nein.«
    »Ich halte es nicht mehr aus.«
    Carla sagte nichts.
    »Wie schaffst du das?«, fragte Katinka.
    »Ich weiß nicht. Habe ich ein Recht, zu jammern und zu klagen? Immerhin«, sie nahm Katinkas Hände in ihre, »habe ich ...« Sie sprach nicht weiter.
    Ihn weggegeben, ergänzte Katinka im Geist.
    »Das spielt keine Rolle«, sagte sie. »Was war, spielt keine Rolle. Nur das, was kommt. Wie spät ist es?«
    »Kurz vor neun. Es wird gleich regnen. Die Schwüle ist kaum mehr zu ertragen.«
    Katinka sah aus dem Fenster. Dicke Wolken schoben sich in Schichten über die Stadt. In der Ferne grollte der Donner.
    »Wo ist Britta?«
    »An ihrem Rechner. Sie schreibt. Es beruhigt sie, sagt sie.«
    »Es sind jetzt sechsunddreißig Stunden.«
    »Ich weiß.«
    Schon beim ersten Klingelton sprang das Handy nachgerade in Katinkas Finger.
    »Palfy?«
    »Frau ... Frau Palfy?«
    »Wer ist da?« Sie hörte ein Keuchen. Hart, wie das eines Läufers nach einem Sprint.
    »Ewald Isenstein. Frau Palfy, bitte treffen Sie sich mit mir. Meine Frau ist nicht da. Ich muss mit Ihnen sprechen.«
    Carla hielt ihr Ohr ganz nah neben Katinkas.
    »Sie kümmern sich doch um die Briefe? Nicht wahr? Treffen Sie sich mit mir? Jetzt gleich?«
    Nein, formte Carla mit den Lippen.
    »Natürlich. Ich komme zu Ihnen.«
    Carla schüttelte eindringlich den Kopf.
    »Ich bin nicht zu Hause.«
    »Wo sind Sie dann?«
    »An der Schleuse beim Jahnwehr.« Ewald schnaufte wie ein Dampfross. »Ein Doppelgänger ist hinter mir her.«
    »Ich komme.«
    Katinka legte auf, stopfte das Handy in ihren Rucksack und sagte:
    »Ewald braucht jemanden zum Reden. Ich treffe mich an der Schleuse Bamberg mit ihm.«
    »Lass mich mitkommen.«
    Doch Katinka schnappte sich schon Brittas Autoschlüssel und stürmte aus der Wohnung. Noch tapsig vom Schlaf zu ungewohnter Stunde und gleichzeitig bis zum Anschlag aufgedreht, setzte sie den Fiat mit kreischenden Reifen auf die Straße und raste los, fluchend, weil sie wegen der Brückenbaustelle einen Umweg fahren musste. Es wurde düster. Die Gewitterwolken sperrten das Abendlicht aus. Doppelgänger. Sie jagte parallel zum Main-Donau-Kanal über die verlassenen Straßen. Die Bäume und Büsche am Ufer tanzten in den Böen. Wer unterwegs war, hastete auf einen sicheren Unterstand zu.
    Katinka ließ Brittas Wagen auf der Brücke stehen und sprang heraus. Die Schleuse lag im Dunkeln. Das Becken war randvoll mit schwarz

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