Janusliebe
vertiefte. Carry konnte seine Bedeutung nicht entziffern. «Ich
muss manchmal längere Strecken fahren, und da möchte ich es so angenehm ha-
ben wie nur möglich.» Das Lächeln verbreiterte sich zu einem Grinsen. «Leider
kostet die Bequemlichkeit. Der Motor schluckt wie ein Quartalssäufer. Mein Tank-
wart hat sich ein Haus gekauft.» Er beugte sich vor. «Halten Sie hier irgendwo.»
Der Chauffeur nickte artig. Gott, was für ein Leben!, dachte Carry beeindruckt.
Man sagt nur «tun Sie dies – tun Sie das» und die Leute springen und hüpfen wie
die Leierkastenäffchen!
Sie hatten die Denver Downtown erreicht.
«Hier, Sir?»
Lawrence blickte sich kurz um. Was er sah, schien ihm zu gefallen. Er nahm
seine Sonnenbrille aus der Jackettasche und schob sie sich auf die Nase.
«Ja, bitte.»
Und schon glitt die Limousine an den Bordstein. Mit klopfendem Herzen sah
auch Carry durch die Scheibe auf die belebte Einkaufsstraße. Natürlich kannte sie
sich hier aus. Aber aus diesem Blickwinkel hatte sie die Schickimicki-Meile noch
nie gesehen. Es war eben doch etwas ganz anderes, die Stadt aus dem Beifahrer-
fenster einer Nobelkarosse anzuschauen oder durch die Frontscheibe eines Minis!
Beim Aussteigen hätte Carry Lawrence beinahe die Beifahrertür gegen den
Bauch gerammt. Verdammt, sie war es eben nicht gewohnt, dass ihr jemand beim
Aussteigen behilflich war! Lawrence überging den Fauxpas und reichte ihr galant
die Hand, um sie auf den Bürgersteig zu geleiten, wo er vertraulich den Arm um
Carrys Schultern legte. Es war eine herzliche Geste, die nichts Anzügliches oder
Schmieriges an sich hatte wie bei gewissen Herren, denen beim Anblick einer jun-
gen Frau der Sabber aus dem Mund tropfte.
Nein, Lawrence’ Geste hatte eher etwas Kameradschaftliches an sich, deshalb
klopfte Carry ihm nicht auf die Finger, sondern ließ sich von ihm in die Menge der
Passanten ziehen, die mit ihnen in Richtung Arco Tower strömten.
Es tat gut, diesen Frauenkörper an seinem eigenen zu spüren. Lawrence zog
Carry unauffällig noch etwas näher an sich, sodass er ihre Hüfte fühlen konnte, die
bei jedem Schritt die seine streifte.
Schlank war sie, aber nicht so dürr wie diese Hyänen, die ihm auf Partys oder
Empfängen auflauerten. Nein, das war eine Frau aus Fleisch und Blut, die man an-
fassen, umarmen, küssen konnte!
Lawrence blieb so abrupt stehen, dass Carry ins Stolpern geriet. Erschrocken
klammerte sie sich an seinem Jackett fest, um Halt zu finden.
«Haben Sie etwas vergessen?», erkundigte sie sich, als sie in Lawrence’ ver-
wundertes Gesicht blickte.
Er senkte den Kopf, der Blick seiner meerblauen Augen machte Carry umgehend
schwindelig. Wie konnte ein Mensch nur so blaue Augen haben! Augen, die verzau-
berten, lähmten und zugleich wahre Feuerstürme in ihrem Inneren auslösten.
Sie wollte sich abwenden, aber stattdessen blieb sie wie angewurzelt stehen
und schaffte es nicht, den Blick von Lawrence’ Augen zu lösen.
«Ich habe tatsächlich vergessen, mich nach Ihrem Namen zu erkundigen»,
sagte er leise.
«Caroline Wright», murmelte Carry mit seltsam gefühllosen Lippen. «Meine
Freunde nennen mich allerdings alle Carry.»
«Carry.» Lawrence wiederholte den Namen, als spräche er ein Gebet. «Caro-
line – Carry – Carry – Carry ...» Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er schob
die Sonnenbrille hoch, dass sie wie ein Schmuckreif in seinem Haar steckte. «Ich
werde dich Carry nennen, wenn du nichts dagegen hast. Der Name passt zu dir. Du
siehst aus wie ein kleiner, frecher Foxterrier.»
Reizender Vergleich! Carry wollte vor Lawrence’ erhobener Hand gekränkt
zurückweichen, aber das Lächeln in seinem Gesicht versöhnte sie sofort. Wider-
standslos ließ sie es sich gefallen, dass er ihr Haar berührte, dort, wo es in kleinen
Löckchen in die Stirn fiel.
«Ein kleiner, frecher Terrier, ja», murmelte Lawrence mit einem Timbre in der
Stimme, das Carry wohlige Schauer über den Rücken jagte.
Sein Zeigefinger strich leicht über ihre Augenlider.
«Mit Bernsteinaugen und ...» Nun war sein Finger an ihrer Nase. «... einer klei-
nen Schnuffelnase und einem entzückenden Mäulchen.»
Oh Gott, nein! Noch so ein Vergleich und sie würde anfangen zu bellen und
Lawrence in die Hand beißen.
Doch Lawrence’ romantisches Vergleichsvokabular war erschöpft. Er ließ die
Hand sinken, aber sein Blick ruhte weiterhin auf Carrys Gesicht. Sie begann sich
unter der
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