Janusliebe
wand.
Es musste wunderbar sein, diese festen, runden Brüste, deren Konturen er an
seiner Brust fühlte, zu berühren.
An dieser Stelle seiner Träume angekommen, wurde Lawrence jäh unterbro-
chen. «Aua!»
Sein Aufschrei klang gepeinigt. Lawrence ließ Carry los und blickte sie er-
nüchtert an.
«Oh, das tut mir leid», beeilte sie sich ihm zu versichern. Dabei zauberte sie
einen so tief zerknirschten Ausdruck auf ihr Gesicht, dass er ihr umgehend vergab.
«Hat es sehr wehgetan?»
Und ob es wehgetan hatte!
Immerhin wog Carry sechsundfünfzig Kilo, die sie allesamt mit einem kurzen
boshaften Tritt auf Lawrence’ großen Zeh verlagert hatte. Kurz gesagt, sie war ihm
auf den Fuß getreten, und das mit voller Absicht.
Wie sonst sollte sie sich vor einem Mann retten, dessen jäh erwachte Leiden-
schaft so hohe Wellen schlug, dass Carry sie überdeutlich fühlen konnte? Law-
rence hatte sie immer enger an sich gepresst in einer Art und Weise, die langsam
peinliche Ausmaße annahm und bereits das Interesse einzelner Gäste auf sich
zog.
«Wollen wir uns nicht setzen?», schlug sie vor, als die Farbe in Lawrence’ Ge-
sicht zurückkehrte.
Carry wartete die Antwort nicht ab, sondern marschierte ihm voraus von der
Tanzfläche, froh, wieder frei atmen zu können.
Dieser Mann hatte einen Griff wie ein Schraubstock! Und da behauptete Daph-
ne, dass er kalt sei wie Polareis! Das, was Carry eben mit ihm erlebt hatte, war alles
andere als kalt gewesen. Und wenn sie den Blick seiner meerblauen Augen richtig
deutete, hatte ihn der kleine Tritt noch längst nicht abgekühlt.
Anscheinend kannten weder Vincent noch Daphne und wohl auch Lawrence
selbst nicht die Abgründe, die in ihm wohnten. Er hatte Carry heute so viele Über-
raschungen geliefert, dass sie sich allmählich nach etwas Ruhe sehnte.
Der ganze Tag war turbulent gewesen. Nichts von dem war eingetroffen, was
Daphne und Vincent prophezeit hatten, und nichts stimmte mit dem Bild des Law-
rence M. Carlson überein, das Carry sich vor ihrer Begegnung von ihm gemacht
und das er selbst von sich entworfen hatte.
Ihr Bedarf an Neuigkeiten war gedeckt. Allerdings wäre es eine glatte Lüge ge-
wesen, zu behaupten, dass sie das kleine Spiel mit dem Feuer nicht genossen hätte.
Es war schon äußerst reizvoll, die wachsende Glut eines Mannes zu beobachten,
der allgemein als Prinz Eisenherz bezeichnet wurde. Und noch viel schöner war es
für Carry, zu sehen, wie eben dieser Mann seine eigenen Grundsätze einen nach
dem anderen über den Haufen rannte.
Gut, Lawrence mochte noch weit davon entfernt sein, sich wirklich in sie zu
verlieben, aber etwas mehr als Interesse brachte er schon für sie auf.
Carry fühlte seinen Blick auf ihrem Busen, der sich deutlich unter dem engen
Top abzeichnete. Dieser Blick machte sie unruhig. Wenn dieser Abend nicht bald
ein Ende fand, dann würde sie sich doch noch zu einer Dummheit hinreißen las-
sen, die sie gewiss am nächsten Morgen bitter bereuen müsste. Und das wollte Car-
ry sich nun wirklich nicht antun.
Sie war nicht der Typ, der das Leben tierisch ernst nahm, das ganz gewiss nicht.
Aber sie zählte auch nicht zu den Menschen, die jedes sich bietende Abenteuer
mal eben auf die Schnelle mitnahmen. Für sie war Liebe mehr als nur ein Wort,
und Lawrence mit seinen dunklen Haaren und den meerblauen Augen konnte
bei Carry schon ein gewisses Herzflattern hervorrufen. Aber sie hätte es nicht
ertragen, nach einer leidenschaftlichen Nacht von Lawrence womöglich als geld-
gierig, strohdumm oder hoffnungslos romantisch bezeichnet zu werden. Denn,
dessen war sie sich sicher, morgen würde Lawrence wieder der Alte sein. Wenn
sie überhaupt hoffen konnte, irgendetwas in ihm bewegt zu haben, so nur, dass
er vielleicht der Beziehung zwischen Vincent und Daphne etwas mehr Toleranz
entgegenbrachte.
Carry fühlte Lawrence’ Hand auf ihrer Schulter. Die Hitze, die von ihr ausging,
drang durch den Stoff ihres Tops und ließ ihre Haut kribbeln.
«Lass uns von hier verschwinden», murmelte Lawrence dicht an ihrem Ohr.
Sein warmer Atem streichelte die empfindliche Stelle an ihrem Hals und sofort
überzog sich Carrys gesamter Körper mit einer feinen Gänsehaut.
«Ja, es wird Zeit, dass wir nach Hause gehen», stieß sie atemlos hervor und
versuchte, sich aus Lawrence’ Umarmung zu winden. Da es sich jedoch um eine
sehr halbherzige Bemühung handelte, konnte Lawrence sie nur umso fester an
sich ziehen. Carry
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