Janusliebe
Badewanne, ein weißes, halb in den
Fußboden eingelassenes Luxus-Planschbecken, prangte.
Rund um die Wasserspielwiese war ein breites Sims gemauert, auf dem der Ba-
degast alles vorfand und abstellen konnte, was er eventuell für seine Badefreuden
benötigte.
Dusch- und Waschbecken waren in dem gleichen Weiß gehalten wie die Wan-
ne, während man Wände, Wannenumrandung und Fußboden mit zartgelben Ka-
cheln verkleidet hatte, in die sich wie zufällig hier und da eine weiße Fliese ein-
fügte. Carry schüttete reichlich von dem roten Badeschaum, den sie auf dem Sims
vorfand, in die Wanne und drehte den Wasserhahn auf. Nachdem sie sich über-
zeugt hatte, dass Lawrence sich weder verbrühen noch erfrieren würde, wenn er
ins Wasser stieg, kehrte sie ins Wohnzimmer zurück, wo ihr Patient noch immer
leidend auf dem Sofa lag.
«Es geht mir ja so schlecht», jammerte Lawrence, als sich Carry mitfühlend
über ihn beugte, aber der Glanz in seinen Augen machte sie misstrauisch. Da war
etwas in seinem Blick, das sie warnte.
Hastig verwarf Carry diesen Gedanken. Lawrence war viel zu hinfällig, um auf
dumme Ideen zu kommen.
«Du wirst dich gleich viel wohler fühlen», versprach sie ihm zärtlich. «Steh
jetzt langsam auf und geh ins Bad. Während du im Wasser liegst, besorge ich den
Kaffee, und wenn du den getrunken hast, schläfst du ein wenig. Danach bist du
wieder topfit. Du wirst es erleben.»
Lawrence schenkte ihr ein dankbares Lächeln.
«Du bist so gut zu mir», schmeichelte er mit brüchiger Stimme. «Bringst du
mir den Kaffee ins Bad?»
Carry nickte geduldig. Sie streckte ihm die Hand entgegen, und Lawrence zog
sich mühsam daran hoch.
«Du bist so lieb», sagte er noch einmal, als er endlich auf den Füßen stand.
Stöhnend drehte er sich um und schlich aus dem Zimmer.
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Es war gar nicht so einfach, in der riesigen Villa eine Kanne Kaffee aufzutreiben.
Als Carry eine Viertelstunde später in Lawrence’ Zimmer zurückkehrte, hatte sie
eine lange Suche und einen kurzen Disput mit Butler Purler hinter sich. Der But-
ler hatte nämlich darauf bestanden, seinen Herrn persönlich zu bedienen, und ließ
sich nur ungern vom Gegenteil überzeugen. Aber zuletzt hatte Carry doch gesiegt.
Als sie das Wohnzimmer betrat, begrüßte sie fröhlicher Gesang, der eindeutig
aus dem Badezimmer herüberschallte. Carry stellte das Tablett vorsichtig auf dem
Couchtisch ab und lauschte aufmerksam.
Tatsächlich! Lawrence musste Jesus erschienen sein, der ihn mit einer leichten
Berührung seiner Hand und dem Befehl «Steh auf und wandle!» zu neuem Leben
erweckt hatte. So wie er trällerte und planschte, gehörte Lawrence jedenfalls wie-
der zu den Gesunden des Landes.
Wut stieg in Carry auf. Also war ihr Verdacht vorhin doch nicht so unberech-
tigt gewesen! Lawrence hatte es tatsächlich darauf abgesehen, sich ihr Mitleid
zu erschleichen, um sie dann schamlos auszunutzen und sich auf ihre Kosten zu
amüsieren!
Aber Carry war ein Mensch, der so etwas nicht kommentarlos wegsteckte.
Auf leisen Sohlen schlich sie zur Tür, ließ sie noch einmal, diesmal jedoch kräftig,
zuschlagen und stapfte dann hörbar zum Tisch, um das Tablett zu holen. Sofort
verstummte der Gesang. Grabesstille herrschte hinter der geschlossenen Badezim-
mertür.
Carry lächelte böse. Nun wusste sie es genau. Lawrence trieb seine Scherze mit
ihr. Aber jetzt wollte sie den Spieß umdrehen. Er würde ins eigene Messer rennen.
Voll giftiger Vorfreude nahm Carry das Tablett auf und trat mit der Miene ei-
ner mitleidigen Samariterin ins Badezimmer. Lawrence lag von Schaumbergen
umwallt im Wasser. Nur sein Gesicht, das von der Hitze und dem Dampf leicht
gerötet war, hob sich aus den weißen Hügeln heraus.
Er hielt die Augen geschlossen, öffnete sie jedoch seiner Rolle entsprechend
kraftlos, als Carry das Geschirr neben ihm auf das Sims abstellte.
«Nun, mein Schatz, geht es dir schon etwas besser?», erkundigte sie sich teil-
nahmsvoll. Lawrence schüttelte den Kopf.
«Nein», jammerte er mit versagender Stimme. «Ich bin immer noch wahnsin-
nig müde und schlecht ist mir auch und Kopfschmerzen habe ich ... ach!» Er seufz-
te und sah Carry hilfeflehend an. «Ich glaube, ich bin wirklich krank.»
«Aber Darling.» Carry gab ihrer Stimme einen solch sinnlich-zärtlichen Klang,
dass sie sie selbst kaum erkannte. «Das wird bald besser. Ich bin mir sicher, dass
du in weniger als einer Stunde wieder
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