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Janusliebe

Janusliebe

Titel: Janusliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mier
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anzusehen. Ihr
Körper und ihre Nerven verlangten nach Bewegung, also gab Carry dem Drängen
nach, zog ihre Laufschuhe an und verließ die Wohnung.
Der Standley Lake Park befand sich in Westminster, eine gute Stunde von Car-
rys Zuhause entfernt. Denver war schnell gewachsen und hatte die umliegenden
Städte wie Arvada, Aurora oder Littleton sozusagen absorbiert. Heute grenzten sie
sich – wenn überhaupt – nur noch durch die riesigen Parks und Reservationen ab,
die wie Inseln in dem Meer aus Häusern lagen.
Denver selbst zeichnete sich übrigens durch eine geradezu pedantische Ord-
nung aus. Keine Kurven, keine verwirrenden Straßenführungen. Alles war hübsch
quadratisch in Viertel aufgeteilt und so sauber, als wäre soeben ein tausendköpfi-
ger Reinigungstrupp durchgezogen. Die Bürger der Stadt waren stolz darauf, in ei-
ner der saubersten und ordentlichsten Städte der gesamten USA leben zu dürfen.
Um an den Standley Lake zu gelangen, musste Carry ihren Mini nehmen, für
den sich immer eine Parklücke finden ließ. Auch heute, obwohl noch viele, viele
andere Bürger der Stadt auf die Idee gekommen waren, den Tag im Park zu ver-
bringen. Selbst jetzt, wo bereits die Dämmerung hereinzog, war das Südufer des
riesigen Sees noch von Sonnenanbetern umlagert, und ein paar besonders Mutige
planschten sogar am Ufer herum. Carry stellte ihren Wagen in der 86th Ave ab und
lief los. Als sie das Parkgelände erreichte, bog sie nach rechts in die Grünwege ab
und nicht wie sonst in Richtung See, weil sich dort heute die Jogger und Walker
mit Sicherheit gegenseitig auf die Zehen traten.
Es dauerte eine Weile, bis Carry sich eingelaufen hatte, aber dann stellte sich
dieses bekannte Gefühl ein, das den Körper unempfindlich macht und den Läufer
    sich als Maschine fühlen lässt, die ewig so im gleichen Rhythmus laufen kann.
Carrys Muskeln fühlten sich geschmeidig an. Sie spürte, wie sich ihr Inneres auf-
tat und die Spannung von ihr abfiel, die sie die ganze Zeit verspürt hatte.
Jetzt konnte sie in Ruhe über das Wochenende mit Lawrence und ihre Gefühle
für ihn nachdenken. Auf einmal sah sie alles viel klarer. Natürlich hatte Daphne
Recht, wenn sie sagte, dass Carry nicht alles so grandios überbewerten sollte. Und
natürlich war es Unsinn, sich über Lawrence’ anscheinende Zurückweisung zu
grämen. Was hatte sie denn erwartet? Dass er sich in eine goldene Rüstung warf
und sie mit Minnegesängen und Lanzenstecherspielen zu erobern versuchte?
Gerade sie hatte es doch eigentlich als Spiel angesehen, ihn zu verführen. Ge-
nau das war ihr inzwischen gelungen. Das Risiko, dabei selbst den Kopf zu verlie-
ren, hatten weder Daphne noch sie berücksichtigt – eine Riesendummheit, wie
sich jetzt herausstellte.
Carry änderte die Richtung, lief ein Stück über eine abgemähte Wiese und
kehrte dann wieder auf einen der gekiesten Wege zurück. In gleichmäßigem Tem-
po lief sie an Bänken vorbei, auf denen junge Mütter mit Kinderwagen die letzten
Sonnenstrahlen genossen oder Pärchen miteinander schmusten. Diesmal emp-
fand Carry keinen Neid. Sie konnte sich sogar über diese Menschen freuen, die ihr
Glück genossen. Irgendwann würde auch sie jemanden finden, der dasselbe für sie
empfand wie sie für ihn, und wenn er nicht Lawrence M. Carlson hieß, sondern
Mitch Mitchmikel, dann würde es auch okay sein.
Nach einer Viertelstunde hatte sie die Straße erreicht, in der ihr Mini stand.
Die letzten Meter bis zu ihrem Wagen legte sie in normalem Gehtempo zurück.
Sie fühlte sich jetzt richtig ausgepowert, aber trotzdem glücklich und hoch zufrie-
den. Zum Teufel mit den Sorgen! Nach dem Duschen würde sie den Sonntagfau-
lenzerabend einläuten, sich ein leckeres Abendessen bereiten und sich vielleicht
sogar ein Gläschen Wein gönnen.
In Gedanken bei den verschiedenen TV-Auswahlmöglichkeiten, die ihr zur
Verfügung standen, überquerte Carry die Straße. Sie hatte ihr Auto fast erreicht, als
das Geräusch eines hochdrehenden Motors sie aus ihren Gedanken aufschreckte.
Entsetzt blickte sie auf. Ein Wagen kam in gewagt hohem Tempo auf sie zuge-
rast. Spinnt der?, schoss es ihr noch durch den Kopf, dann warf sie sich instinktiv
zur Seite, gerade noch rechtzeitig, dann sauste das Auto auch schon an ihr vorbei.
Der Motor heulte, als täte ihm das hohe Tempo weh, dann quietschten Reifen,
das Geräusch des heulenden Motors entfernte sich.
Kopfschüttelnd kam Carry auf

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