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Janusliebe

Janusliebe

Titel: Janusliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mier
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die Beine. Wer immer hinter dem Steuer des
Wagens saß, er musste total durchgeknallt sein! Das meinten auch die Passanten
rechts und links auf den Gehwegen, die die Szene voller Entsetzen beobachtet hat-
    ten. Ein junger Mann erkundigte sich besorgt, ob er Carry helfen könne, sie lehnte
sein Angebot freundlich, aber bestimmt ab.
«Ich bin okay, ehrlich. Danke.»
Der Appetit auf ein ausgedehntes Abendessen war ihr allerdings vergangen.
Mühsam humpelte sie zu ihrem Mini, schloss ihn auf und rutschte hinter das
Steuer. In ihrer Wohnung angekommen, ging sie erst mal ins Bad, um sich ihre
Blessuren zu betrachten.
Trinken! Sie musste unbedingt Flüssigkeit zu sich nehmen. Carry füllte ihren
Zahnputzbecher mit Wasser und leerte ihn in einem Zug. Diese Prozedur wieder-
holte sie dreimal, dann betrachtete sie im Spiegel ihren Körper.
An der rechten Hüfte und dem Oberschenkel bildeten sich bereits blaue
Flecken. Ihre Knie, die rechte Wade und der rechte Arm bluteten aus mehreren
Schürfwunden. Carry reinigte sie und bepinselte sie mit einer desinfizierenden
Flüssigkeit.
Morgen würde sie aussehen, als ob sie mit einem Igel gekämpft hatte, und die
Prellungen würden höllisch schmerzen, aber sie war noch am Leben, wofür sie
ihrem Schutzengel aus ganzem Herzen dankte.
Obwohl Alkohol nach einem solchen Schock nicht angeraten war, ging sie in
die Küche, nahm eine Weinflasche aus dem Kühlschrank und öffnete sie. Mit dem
Glas in der Hand ging sie auf den Balkon und prostete den Sternen zu.
Hoffentlich fuhr sich dieser ausgerastete Tiefflieger den Hals ab!
———————
Obwohl die Woche vollgepackt war mit Arbeit, zogen sich die Tage für Carrys
Empfinden endlos lange hin.
Lawrence ließ nichts von sich hören, nur über Daphne erhielt sie spärliche
Informationen über ihn, aber die besagten nicht mehr, als dass sich Lawrence jetzt
nicht mehr mit Händen und Füßen gegen die Hochzeit seines Bruders stemmte.
Ansonsten verbreitete er schlechte Laune, aber das war ja nichts Neues bei ihm.
«Ruf ihn doch mal an», riet Daphne am Samstagnachmittag, als Carry mal wie-
der ihren Posten neben dem Telefon bezogen hatte.
«Ich denke ja gar nicht dran!», wies sie empört von sich. «Erstens ist er am
Zug und zweitens liegt mir nun wirklich nicht so viel an ihm, dass ich mich zum
Narren machen lasse.»
Das Telefon begann zu summen. Die Hast, mit der Carry nach dem tragbaren
Gerät grabschte, strafte ihre Worte Lügen. Allerdings erlosch das glücklich-erwar-
tungsvolle Strahlen auf ihrem Gesicht, als ihr nicht wie erhofft, Lawrence ver-
traute Stimme ans Ohr klang. Stattdessen hörte sie ein Rauschen, so als würde der
    Anrufer an einer belebten Straße stehen und dann eine leise Frauenstimme, die
«Du bist so gut wie tot, kleine Schlampe» zischte. Es klang so boshaft, dass Carry
keinen Moment daran zweifelte, dass es die Sprecherin ernst meinte. Ein unange-
nehmer Schauer lief über ihren Rücken, die feinen Härchen in ihrem Nacken und
auf den Armen stellten sich auf. Angewidert warf Carry den Hörer von sich und
rieb ihre Hände an der Jeans, als hätte sie etwas Unreines, Ekliges berührt.
Daphne sah sie erstaunt an.
«Wer war das?»
Carry holte tief Luft, dann riss sie sich zusammen. Schließlich war das nicht
der erste Drohanruf, den sie erhalten hatte. Es geschah immer wieder, dass sich
jemand durch einen Artikel berufen fühlte, sie zu beschimpfen und ihr schlimme
Dinge anzudrohen. Damit musste sie in ihrem Beruf leben, und bisher hatte sie
sich deswegen nie gefürchtet. Das sollte so bleiben!
«Ach, wieder so ein Spinner, dem wahrscheinlich mein Bericht über diesen
Abtreibungsarzt in Wyoming nicht passt», sagte sie leichthin und lehnte sich ent-
spannt in den Sessel zurück. «Bei dem Thema rasten gewisse Leute doch regelmä-
ßig aus. Kein Grund, sich Sorgen zu machen.»
Daphne runzelte skeptisch die Stirn.
«Ich weiß nicht.» Ihr Blick streifte voller Besorgnis Carrys Erscheinung. «Die-
ser Beinaheunfall letzten Sonntag ...» Sie seufzte. «Vielleicht war das doch nicht so
harmlos, wie du glaubst.»
«Unsinn!» Carrys Ausruf klang unfreundlicher als beabsichtigt. «Wieso soll-
te jemand versuchen, mich umzubringen? Die Mühe bin ich nun wirklich nicht
wert.»
«Und diese komischen Anrufe auf deinem Handy und hier zu Hause, bei de-
nen aufgelegt wird, wenn wir uns melden?»
«Das ist zwei, drei Mal passiert.» Carry stand auf. «Vielleicht haben wir einen

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