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Jasmin - Roman

Titel: Jasmin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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noch dazu mit einem verheirateten Mann? Und gleich darauf wurde sie wütend auf sich selbst: Schon am ersten Tag unterwarf sie sich den alten Sitten, als hätte sie nicht fünf Jahre im Zentrum einer toleranten und modernen Welt gelebt!
    Sie ging ins Dar al-Kutub, das Bücher- und Schreibwarengeschäft, das sie so gerne mochte. Die Verkäuferin, die sie immer mit einem mütterlichen Lächeln empfangen hatte, war nicht da, sicher würde sie gleich kommen. Inzwischen sah sie sich Neuerscheinungen und übersetzte Romane an, die aus Ägypten kamen, blätterte in einigen und ging dann zur Lyrikabteilung über. Sie freute sich, zwei Bücher ihres Vater unter Pseudonymen zu finden, und daneben das neue Werk eines Dichters aus Nablus, Fadwa Tuqan. Zwischen den arabischen Gedichts- und Geschichtsbänden fühlte sie sich zu Hause. Sie versprach sich, hierher zurückzukommen und sich ein paar Bücher zu kaufen.
    An der Ladenschwelle hielt sie inne und fragte die junge, neue Verkäuferin nach Umm Jasmin, ihrer alten Verkäuferin.
    »Allah sei ihr gnädig, sie ist heimgegangen.«
     
    Sie ging bekümmert hinaus, weiter zur Suleiman-Straße. Auch dort herrschte großes Gedränge. Sie hatte eine ruhige kleine Stadt in Erinnerung, deren Einwohner gemächlich ihres Weges gingen und in der alle einander kannten, keine lärmenden Straßen, überflutet von Touristen und deren fremden Sprachen.
    Gestern hatte sie gehört, dass das Bab al-Chalil, das Jaffator, wieder aufgemacht worden war. Sie ging in die Richtung und auf einen spontanen Impuls hin in die Grabeskirche. Hier war
alles so geblieben, wie es gewesen war, der Geruch der Mauern, die schwere Einrichtung und der Weihrauch. Sie stieg zum Büro des Bischofs hinauf. Am Eingang stand sein Sekretär, ein schöner junger Priester.
    »Ist unser Vater da?«, fragte sie und stellte sich vor.
    »Bischof Karatschi ist beschäftigt, es sind Leute bei ihm, aber nehmen Sie inzwischen Platz.«
    Als sie sagte, dass sie lieber ein andermal wiederkäme, bat er sie, einen Moment zu warten, flüsterte ins Telefon und nannte ihren Namen. Sofort trat der Bischof zu ihr hinaus und drückte sie lange Zeit an seine Brust. Zu lange, dachte sie.
    »Abu George hat mir nicht gesagt, dass du schon eingetroffen bist.«
    »Ich bin erst gestern angekommen. Papa hat es noch nicht geschafft.«
    Seine Augen hefteten sich auf ihre Tasche: »Hat Faiz etwas geschickt?«
    »Ja, natürlich«, fielen ihr die Blätter ein, die sie in den Büchern gelassen hatte.
    »Wir müssen uns treffen, wir haben viele Dinge zu bereden.«
    »Gewiss, mein Vater«, sagte sie, und wieder umarmte er sie ausgiebig. Als sie die Stufen hinunterging, errötete sie. Sie würde nie vergessen, wie viel Kraft ihr der Bischof in den Tagen der Trauer gegeben hatte, als sie sich nur zu Azmi ins Grab legen wollte, und doch, sein Blick und seine heftigen Umarmungen waren ihr peinlich.
     
    Sie lief die Stufen zum Basar hinunter. Ihre Ohren fingen ein Lied von Abd al-Wahab auf, das sie seit Jahren nicht mehr gehört hatte: »Du reist alleine fort und lässt mich im Stich, entfernst dich von mir und besetzt mein Herz …« Um zuzuhören, blieb sie vor dem Eingang eines Geschäfts für traditionelle Kleidung stehen.
    »Ja salam! Schau dir dieses Prachtstück an«, sagte der jüngere Verkäufer im Laden und verschlang sie mit seine Augen.

    »Sei vorsichtig, Bruder, du solltest dich schämen«, erwiderte sein Kollege.
    »Um wie viel wollen wir wetten, dass sie eine Inglisia ist?«
    »Woher weißt du das?«
    »Ihre Kleider, die Sonnenbrille, der Geruch«, er schmolz förmlich dahin.
    Er sprach sie in holprigem Englisch an und lud sie mit einer leichten Verbeugung ein einzutreten. Sie unterdrückte mit Mühe ihr Lächeln, und mit einem Mal fuhr der Geist des Übermuts in sie, und sie beschloss, sich als englische Touristin auszugeben. Vielleicht sollte sie ihnen erzählen, dass sie aus London gekommen sei, um sich mit ihnen in der Stunde ihres Unglücks zu solidarisieren, ihnen einen Gruß der Ermutigung zu bringen.
    Auch im Halbdunkel des Ladens nahm sie ihre Sonnenbrille nicht ab. Der junge Verkäufer beeilte sich, ihr Kaffee zu servieren, überschüttete sie mit Fragen, woher sie komme und für wie lange, breitete vor ihr Kaftane und bestickte Blusen aus, Waren noch und noch, die er aus den Schubladen zog. Sie fühlte sich geschmeichelt, umworben und begehrt, nicht wie in den Läden in Paris, wo man wartend an der Theke stand, bis sich jemand einem

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