Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
Er veränderte seinen Standort so, dass er die Tür und die beiden im Auge behalten konnte. Sein schlechtes Gefühl verstärkte sich. Alvarez lag richtig, er würde es nicht fertigbringen, die beiden kaltblütig zu erschießen, egal, wie sehr sie es verdient hatten. Mit Notwehr konnte und musste er in seinem Job leben, aber wenn er seine Prinzipien vergaß, war er keinen Deut besser als die Verbrecher, die er jagte. Mit Alvarez als Geisel rechnete er sich gute Chancen aus, ein Fahrzeug zu bekommen und zu verschwinden. Es war höchste Zeit, wieder die Kontrolle zu übernehmen.
»Ich weiß nicht, warum Sie auf Zeit spielen, aber damit ist jetzt Schluss. Ich will einen Wagen, und Sie werden mich ein ganzes Stück begleiten. Verstanden?«
Alvarez behielt sein Lächeln und wirkte entspannt und amüsiert. Das Verhalten des Mannes machte Jay wahnsinnig.
Die Tür, die zum Flur führte, wurde vorsichtig geöffnet.
»Halt, sagen Sie Ihren Männern, dass sie verschwinden sollen.« Jay jagte eine Kugel direkt vor Alvarez in den Boden und endlich reagierte der Mexikaner so, wie er es erwartet hatte. Sichtlich erschrocken wich der Drogenboss zurück. »Entweder Sie tun, was ich sage, oder die nächste Kugel zerschmettert Ihr Knie.«
Auf dem Flur erklang der gequälte Aufschrei einer Frau. Automatisch sah Jay zur Tür hinüber.
»Jay!«
Elizabeth. Das war unmöglich. Er hätte sich niemals ablenken lassen dürfen. Der Blonde hechtete auf ihn zu. Jay bekam keine Ausweichbewegung mehr hin. Zusammen gingen sie zu Boden, und die Waffe entglitt seinen gefesselten Händen. Er ignorierte die Schmerzen durch den harten Aufprall und kämpfte verbissen, obwohl ihm klar war, dass er mit gefesselten Händen und in seinem geschwächten Zustand keine realistische Chance hatte. Es gelang ihm bei dem Gerangel, einen Tritt in den Magen des Blonden anzubringen, der ihm Luft verschaffte. Jay sprang auf und erstarrte mitten in der Bewegung, als er den Lauf einer Waffe an seinem Hinterkopf spürte.
»Netter Versuch, DeGrasse.«
Den Spott hätte Alvarez sich sparen können. Schwer atmend, konnte Jay den Blick nicht von Elizabeth abwenden. Sie war blass und sah mitgenommen aus, aber anscheinend war sie unverletzt. Seine Erleichterung über den unverhofften Anblick hatte nur wenige Sekunden gedauert. Noch während der Auseinandersetzung mit dem Blonden war ihm bewusst geworden, dass sein Alptraum damit eine neue Dimension erreicht hatte. Übelkeit stieg in ihm auf, und er spürte, dass es ihm nicht länger gelang, seine ausdruckslose Miene beizubehalten.
Ein Mexikaner riss Elizabeth mit einem brutalen Griff an den Oberarmen zurück, als sie sich auf Jay stürzen wollte. Jay schloss die Augen und biss die Zähne so fest zusammen, dass sein Kiefer schmerzhaft pochte. Alvarez wusste bereits, was sie ihm bedeutete, damit hatte er endgültig verloren. Er konnte nur noch auf eine weitere Gelegenheit hoffen.
Langsam öffnete er die Augen wieder, drehte sich zu Alvarez um und hob demonstrativ die gefesselten Hände. »Schneiden Sie die durch.«
»Und warum sollte ich das tun?«
»Tun sie es einfach. Sie haben gewonnen, und das wissen Sie. Wollen Sie es schriftlich haben?«
Der Blonde übernahm es, seine Fesseln zu lösen. Ohne den Blick von Elizabeth abzuwenden, ging Jay zu dem Schreibtisch und klappte sein Notebook auf. Auf ein Zeichen von Alvarez wurde Elizabeth weggebracht, und Jay ballte kurz die Hände zu Fäusten. Dann hatte er sich ausreichend im Griff, um seinen Benutzernamen und das Passwort einzugeben. Er schob den Computer von sich, als ob er giftig wäre.
»Jetzt zufrieden?«
»Erst wenn wir uns sehr ausführlich unterhalten haben. Warum sollte ich mir durchlesen, was Sie mir ebenso gut erzählen können?«
Der Blonde hob den zuvor umgefallenen Stuhl auf und drückte Jay auf den Sitz.
Alvarez bedachte seinen Sicherheitschef mit seinem verdammten Wolfslächeln. »Die Wette geht an dich, aber dass war es mir wert.« Er beugte sich zu Jay vor. »Eigentlich hatten wir vor, mit Ihrer Chefin weiterzumachen, wenn wir bei Ihnen nicht weitergekommen wären. Als Druckmittel gegen Sie erschien sie uns ungeeignet, aber als feststand, dass unsere Informationen nicht so gut wie erwartet waren, haben wir beschlossen, dass es einen Versuch wert ist. Ich muss zugeben, dass mich der Erfolg dann doch überrascht. Aber mein Sicherheitschef meinte gestern schon, dass Sie auffallend extrem auf die Nachricht des vermeintlichen Todes Ihrer Chefin reagiert
Weitere Kostenlose Bücher