Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
Das ergibt doch keinen Sinn.«
Anscheinend hatten die beiden sich eine andere Reaktion vorgestellt, denn Elizabeth pustete sich sichtlich genervt eine störende Haarsträhne aus dem Gesicht, die ihrem Zopf entkommen war. »Eins nach dem anderen, Jay. Gott hatte auch sieben Tage, um die Welt zu erschaffen. Außerdem ist die Antwort recht einfach: Wann beißt ein Hund? Wenn er Angst hat und in die Enge getrieben wurde. Vielleicht steckt unser Maulwurf dahinter und nicht Alvarez direkt.«
Jay dachte an den vorläufigen Bericht zu der Schießerei und den Männern aus dem Restaurant. »Du meinst, dass der Maulwurf frei über die Ressourcen von Alvarez verfügen kann? Die Kerle von der Schießerei sind zwar Mexikaner, haben aber keine nachweisliche Verbindung zu Alvarez. Bei den Typen aus dem Restaurant sieht es anders aus. Einen Sinn sehe ich da noch nicht. Außerdem hat der Maulwurf keinen Grund, sich zu fürchten, denn wir haben keine Ahnung, wer es ist.«
Tina war aufgestanden und tigerte unruhig durch den Raum. »Ich habe da eine Idee, die mir seit vorhin keine Ruhe lässt. Unser Maulwurf muss doch denken, dass er erst mal in Sicherheit ist, weil er uns mit Clive den perfekten Sündenbock präsentiert hat. Zusätzlich ist da dieser Telefonanruf, den die von der Internen gar nicht übersehen können. Damit stehen wir alle unter Generalverdacht. Warum also dann noch der Anschlag auf euch? Das ergibt nur einen Sinn, wenn ihr kurz davor seid, etwas aufzudecken, das ihm gefährlich werden kann. Aber was ist das und woher weiß er davon?«
»DEA.« Elizabeth ließ den Namen der Behörde zunächst ohne weitere Erklärung im Raum stehen. »Wusste Clive, dass diese Schwachköpfe dich beschattet haben?«
»Nein, ich hätte ihm nach der Festnahme davon erzählt. Aber wieso …«
Die Frauen ließen ihn nicht ausreden, sondern ein fragender Blick von Tina reichte, und Elizabeth erzählte ihr eine Kurzversion der Ereignisse bei Pedros Strandbar. Als Elizabeth fertig war, schlug Tina mit der flachen Hand so heftig auf den Schreibtisch, dass sein Notebook bedrohlich wackelte.
»Das wird es sein! Wenn diese verdammten Idioten mit uns reden würden, hättet ihr die fehlenden Puzzleteile und wüsstet, worum es geht. Was tun wir jetzt?«
Damit waren sie wieder an dem Punkt angekommen, an dem Jay vor dem Überfall auf sie gewesen war. »Mit denen von der DEA reden und die richtigen Fragen stellen.«
Tina runzelte die Stirn. »Das ist dann wohl der Punkt, an dem ich nicht weiter nachfragen soll. Aber passt bloß auf euch auf, Tote können keine Fragen stellen. Ich lass euch dann mal alleine. Aber eins noch: Auch wenn es kribbelig wird, ein Wort reicht, und wir sind da, egal, was das Gesetz sagt.«
Ehe er das Angebot annehmen oder kommentieren konnte, war Tina aus dem Büro gestürmt. Jay kehrte zu seinem Schreibtisch zurück und fluchte im nächsten Moment. Er war aus gutem Grund aufgestanden. Die leichten Verbrennungen auf seinen Schultern juckten höllisch und trieben ihn allmählich in den Wahnsinn. Der Arzt hatte ihm zwar eine Lotion mitgegeben, die dagegen helfen sollte, ihm aber nicht verraten, wie er sie dort verteilen konnte, ohne vorher zum Schlangenmenschen zu mutieren.
»Was ist das eigentlich für eine Sprache, in der du andauernd fluchst? Und was ist los?«
»Nichts. Und ich fluche auch nicht andauernd, sondern nur, wenn es angebracht ist.« Das kam schärfer als geplant rüber.
Elizabeth stand auf. »Damit hast du keine der Fragen beantwortet. Wie geht es deinem Rücken?«
War sie mittlerweile Gedankenleserin geworden? »Gut.« Das klang nicht scharf, glich aber einem Knurren.
»Zieh dein Hemd aus.«
»Wie bitte?«
»Hast du was mit den Ohren? Ich kann dir auch gerne helfen.«
»Es gibt auch für weibliche Vorgesetzte Regeln im Umgang mit Untergebenen.«
Sie trat dicht an ihn heran. »Dann beschwere dich doch wegen sexueller Belästigung, aber jetzt halt den Mund und tu, was ich dir gesagt habe.«
Wenn Elizabeth so dicht vor ihm stand und ihn anfunkelte, kam er auf Gedanken, für die nicht sie, sondern er sich eine Beschwerde wegen sexueller Belästigung einhandeln konnte. Wie hatte er sie nur jemals für eine Eiskönigin halten können?
Er hatte zu lange gezögert, Elizabeth beugte sich zu ihm herunter und löste den obersten Knopf seines Hemds. Ihre Finger fuhren über seine nackte Haut, ehe sie sich den zweiten Knopf vornahm. Er hätte vor Stunden niemals seine Krawatte in den Schrank schmeißen und
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