Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Je mehr ich dir gebe (German Edition)

Je mehr ich dir gebe (German Edition)

Titel: Je mehr ich dir gebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Dölling
Vom Netzwerk:
wir was machen, ja?«
    »Morgen, morgen …«, mault er. »Meinst du nicht, das viele Schauspielern in der letzten Zeit ist ein bisschen zu viel für dich?«
    Julia zieht vorsichtig ihre Hand aus seiner. »Wieso?«
    »Na ja, sich immer in andere Rollen zu versetzen, ist anstrengend, gerade jetzt, wo du noch nicht wieder so richtig festen Boden unter den Füßen hast.«
    »Ja, aber das schadet mir nicht. Im Gegenteil, da kann ich mal an was anderes denken.«
    »Was anderes als was? Als an Jonas?«
    Sie zögert. Sagt aber dann doch »Ja«.
    Kolja zuckt leicht mit den Lippen. Hat ihm das jetzt wehgetan? Er weiß doch, dass sie ständig an ihn denkt und dass es ihr besser geht, wenn Jonas ihr nahe ist. Das weiß er doch! Er stellt sich ihr ja sogar zur Verfügung, damit sie Jonas näher sein kann.
    »Ich dachte, das macht dir nichts«, sagt sie leise.
    »Nein, macht mir auch nichts. Ich wünsche es mir sogar!«
    Wie tief er ihr in die Augen schauen kann.
    »Dich liebe ich ja auch«, sagt Julia und verkneift sich das »irgendwie«.
    »Meine kleine Julia!« Kolja greift wieder nach ihrer Hand, drückt jeden einzelnen Finger von ihr an seinen Mund und küsst sie. Julia schließt die Augen. Jetzt hat sie es gesagt und spürt, wie Kolja diese Worte gierig aufsaugt. Sie sieht ihn an. Seine Augen schimmern. Ab morgen wird sie einen Ring tragen, mit drei echten Diamanten.
    »Du bist das Wichtigste auf der Welt, was ich habe. Und das Kostbarste!«, flüstert er. Sie schaut auf ihre Hand, die fest umschlossen in seiner liegt.

KAPITEL 25
    My life as a duck
    Kottbusser Tor ist bei Weitem der hässlichste Ort von Berlin, so hässlich, dass er schon wieder schön ist. Das war er immer schon: Standort von Fixern, Pennern und Punks inmitten von »Klein Istanbul«. Es riecht nach Döner, Pisse und Auspuff. Die Bürgersteige sind übersät mit Kotzflecken und Hundekot, unter der Hochbahntrasse hocken kranke Tauben, die Treppen sind von ihrem Dreck verkrustet. Zwischendrin steht ein riesiger Obst- und Gemüsestand, Autos rasen um den Kreisverkehr; die U 1 rattert alle paar Minuten überirdisch durch die Szenerie. Es ist laut, stickig und versifft und alle sind relaxed. Ist man erst mal mittendrin, gibt es nur noch chillende Leute mit Bierflaschen in den Händen oder Junkies, die, vom Heroin gelähmt, wie verwunschen auf dem Bordstein hocken und kopfüber in ihrem Rausch verharren. Die angesagtesten Bars befinden sich neuerdings am Kotti, für all die Touristen aus den schicken Städten, die zu Hause nicht auf die Straße kotzen dürfen.
    Julia und Kolja kommen gerade von der Oranienstraße wieder, dort haben sie einen Frozen Yoghurt mit Himbeeren gegessen. Kolja hat vorher den Ring für sie abgeholt, ihr auf den linken Ringfinger geschoben und sie geküsst. Er passt jetzt perfekt. Schön fühlt er sich an und die drei Diamanten funkeln in der Sonne.
    Kolja möchte, dass Julia mal über Nacht bei ihm bleibt.
    Über Nacht bleiben möchte Julia aber nicht.
    »Warum nicht? Keine Angst, mein Vater schneit nicht einfach so rein. Der ist verlässlich und kündigt sich immer an.«
    »Es hat nichts mit deinem Vater zu tun. Ich weiß auch nicht. Ich kann nicht. Lass mir noch ein bisschen Zeit, ja?«
    »Gut. Ich will dich ja auch nicht drängen, aber ich kann mir halt sehr gut vorstellen, wie schön das wäre, wenn wir uns eine ganze Nacht lang liebten …«
    Die Nacht ist ein Schiff … geht es ihr durch den Kopf, aber sie hat keine Ahnung, wohin das Schiff fährt.
    »… ich bring dir dann auch morgens das Frühstück ans Bett, und Jonas hätte auch mehr Zeit, bei dir zu sein.«
    Vor ihnen springt die Ampel auf Rot und alle gehen rüber. Julia beschäftigt etwas anderes als eine gemeinsame Nacht. Sie hat ihren Text für die Prüfung im Sinn und würde ihn gern lesen und sprechen. Der Workshop war so intensiv, leider ist er schon wieder vorbei, sie muss viel mehr üben! Sie weiß nun, was sie zu erwarten hat, und muss sich ein Konzept machen, sich vorbereiten – und mit dem Singen hapert’s noch. Sie hat das Lied Lili Marleen gewählt, das ist so schön nostalgisch. Das singt man nicht so einfach runter! Die beiden Spielszenen kriegt sie schon hin. Sie hat sich für das klassische Stück Kabale und Liebe entschieden, von Schiller. Und für das zeitgenössische Stück Gier , von Sarah Kane, einer jungen britischen Dramaturgin und Regisseurin, die sich mit Ende zwanzig erhängt hat. Das Stück ist gewaltig. Die Stimmen, A, B, C und M sprechen

Weitere Kostenlose Bücher