Je mehr ich dir gebe (German Edition)
regnen. Sie horcht, ob in ihr noch etwas nachklingt, aber es ist nur nass zwischen ihren Beinen.
Er bringt sie bis an die Haustür. Küsst ihren Mund. Der brennt noch ein bisschen, von seinen Bartstoppeln.
»Gute Nacht«, sagt sie.
»Bis morgen«, sagt er und wartet, bis sie im Haus ist.
Im Wohnzimmer sitzen Mama und Papa auf dem Sofa und sehen fern. Sie lächeln. »Na, hast du einen schönen Abend gehabt?«
»Ja.« Julia schaut auf den Bildschirm. Auf Arte läuft eine Dokumentation über das Liebesleben der Libelle.
»Wusstest du, dass der Libellenmann äußerst brutal ist?«, sagt Mama und fragt, ob sie sich nicht ein bisschen dazusetzen möchte. »Das Männchen hat so spezielle Haken am Hintern, damit packt er das Weibchen am Kopf, aber manchmal so fest, dass er ihr Löcher in den Schädel haut oder die Augen ausreißt.«
»Ja, aber die Libellenfrau ist auch nicht ohne«, sagt Papa. »Oft frisst sie das Männchen noch während der Paarung einfach auf.«
»Ach ja?«, sagt Julia und geht ins Bad. Den zerrissenen String hat sie in der Handtasche.
»Wo wart ihr denn?«, ruft Mama ihr hinterher. Julia hört an ihrem Ton, dass sie allzu gern wüsste, was sie gemacht haben, überhaupt hätte sie gern ein paar mehr Informationen über Kolja. Immer wieder betont sie, wie sympathisch er doch sei und dass er ihr jedes Mal die Hand zur Begrüßung gebe und sie anschaue, wenn er mit ihr rede. Von Jonas hat sie nicht so geredet. Jonas war auch höflich, aber zurückhaltender.
»Och«, sagt Julia. »Wir waren bei ein paar Freunden von ihm. In Lichterfeld-West.« Dann sagt sie Gute Nacht und geht in ihr Zimmer. Ihr ist noch ganz schwindelig und flau in den Beinen.
Es regnet wieder stärker, der Regen prasselt an die Scheiben. Sie muss das Fenster geschlossen lassen, äußerst ungern, denn sie hat das Gefühl, sie sperre Jonas aus, wenn er sie im Schlaf besuchen will, aber sonst regnet es ins Bett. Was hat sie nur mit Kolja eben gemacht? Es war wie ein Rausch. Wahnsinn! Witzig und riskant. Alles ein bisschen zu schnell für sie, aber jetzt weiß sie wenigstens, was ein Quickie ist.
KAPITEL 26
Überraschungen
Es ist Sonntag und Anne ruft an, fragt, ob sie sich morgen Abend schon in der U-Bahn treffen wollen. Julia ist gerade bei Kolja, sitzt in der Küche, blättert in einer alten Ausgabe von Casabella , einer seiner Architekturzeitschriften. Kolja kocht Steinpilzrisotto, sagt, es sei ganz wichtig, dass man den Parmesan und die Butter erst ganz zum Schluss unterrühre.
Er hat ihr Spitzenhöschen, Strapse und schwarze Stay-ups geschenkt und wollte, dass sie alles mal anprobiert. Ihr war aber gerade nicht nach Anprobieren. Sie hatte das erste Mal das Gefühl, dass sie Jonas betrügt. Aber Kolja war vom Anhalten schon so entzückt, er dirigierte sie vor den Spiegel; sie solle sich nur mal anschauen, wie schön sie damit sei! Er hat ihr auch neue Schuhe gekauft, schwarze Riemchen-High-Heels.
»Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie elegant und sexy du damit läufst. Musst du das nicht auch für deine Schauspielschule können?«
»Was?«
»Na, auf High Heels gehen.«
»Kolja, ich kann auf High Heels gehen.«
»Na, dann zieh doch mal an.« Er hielt ihr die Schuhe hin. »Wenigstens die Stay-ups.«
»Ich möchte aber nicht die Stay-ups und die High Heels zusammen anziehen, ich finde das ein bisschen …«
»Wie denn?«, fiel er ihr ins Wort.
»… nuttig.«
Kolja war entsetzt über dieses Wort. »Aber Julia, kleine Julia, wie kannst du an so was überhaupt nur denken? Du bist eine Heilige, ein Engel, aber doch keine … Hure! Mach dich doch nicht so runter! Natürlich musst du die High Heels nicht tragen, wenn dir nicht wohl dabei ist.«
Er pfefferte die Schuhe unters Bett und die Sache schien erledigt. Fast. Julia merkt, dass er beleidigt ist, sie versteht nicht so recht, warum – Kolja ist so gierig in der letzten Zeit, ständig erregt und auf Sex aus, obwohl ihr manchmal nur Kuscheln reichen würde. Keine Frage, die schwarzen Stay-ups – und auch die Strapse – stehen ihr, aber sie möchte diejenige sein, die entscheidet, wann sie so was trägt. Doch Kolja ließ nicht locker.
»Komm«, sagte er, »trag sie für Jonas«, und er half ihr, die Strümpfe anzuziehen. Es sind keine billigen von H&M , das spürte sie sofort. Wahrscheinlich reine Seide. Wie schön sie auf der Haut schimmerten. Sie schmeichelten ihrem Bein.
Kolja schaute sie an. Sie setzte sich auf einen Küchenstuhl. Er ließ ihr Zeit. Sie
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