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Je sueßer das Leben

Je sueßer das Leben

Titel: Je sueßer das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darien Gee
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Flur hinunter. »Da steht nämlich deine Schwester in deinem Büro.«
    Julia sieht sich in dem spärlich eingerichteten Büro von Livvy um, in das neben dem Schreibtisch und den zwei Stühlen allerdings auch nichts mehr hineinpassen würde. An der Wand hängt ein billiger Blumendruck. Auf dem Schreibtisch steht ein neueres Foto von Livvy und Tom, das Julia nicht kennt. Tom sieht ein wenig älter aus, hier und dort hat sich ein graues Haar in seinen Schopf geschummelt, aber Livvy sieht aus wie eh und je, heiter und sorglos lächelnd. Es überrascht sie nicht.
    »Julia?«
    Julia dreht sich um. »Livvy.« Ihre Finger umklammern den Riemen ihrer großen Tasche, bis die Knöchel weiß hervortreten. Es bringt sie durcheinander, ihre Schwester zu sehen. Sie hatte vor, mit Edie Gallagher zu sprechen, der Journalistin, von der der Artikel stammt, aber dann hat sie die Frau am Empfang nach Livvys Büro gefragt.
    Als Mark ihr widerstrebend die Zeitung zeigte, dauerte es eine Weile, bis Julia eins und eins zusammenzählte und die Journalistin als die Frau identifizierte, mit der sie gestern im Teesalon gesprochen hatte. Aber dann ergab alles einen Sinn. Die Fragen, das Herumschnüffeln. Mussten sie sich nicht als Journalisten zu erkennen geben oder um Erlaubnis fragen, wenn sie einen Namen in der Zeitung bringen wollten? Nun, offensichtlich nicht.
    Julia beschloss, zur Gazette zu gehen, Edie zur Rede zu stellen und ihr zu sagen, dass sie es nicht gut findet, zum Buhmann gemacht zu werden. Sie ist lange genug von den Leuten angestarrt worden, sie haben mit dem Finger auf sie gezeigt und hinter ihrem Rücken über sie getuschelt. Mark hat ihr recht gegeben und sich beinahe gefreut, als sie dermaßen in die Luft ging und sich darüber aufregte, dass man sie nicht in Ruhe ließ und dass die Leute es eigentlich besser wissen müssten.
    »Zeig’s ihnen!«, sagte er, und Julia musste einen kurzen Moment lang grinsen. Sie war wieder am Redenschwingen, was sie so lange nicht mehr getan hatte. Mark sah sie amüsiert an. »Mein Gott, ich möchte nicht in der Haut dieser Journalistin stecken.«
    Während Julia ihre Sachen zusammensuchte, schimpfte sie weiter. Sie freute sich schon fast auf die Konfrontation. Dann öffnete sie die Haustür und wäre beinahe auf einen der vielen Beutel mit Freundschaftsbrotteig gestiegen, die dort von Unbekannten abgelegt worden waren.
    Mark erschien hinter ihr und starrte verwundert darauf. »Was zum …«
    »Das ist offensichtlich so etwas wie Schmähbriefe in Freundschaftsbrotform«, bemerkte sie zu Mark, der umgehend alle Beutel aufsammelte und in den Müll warf. Es kam ihr wie Verschwendung vor, aber Mark hatte völlig recht, wenn er sagte, sie wüssten nicht, wie alt der Teig in den Beuteln war oder was sich sonst noch darin befinden könnte. Abgesehen davon waren diese Präsente nicht gerade freundlich gemeint.
    »Vielleicht werden wir bald mit Teig beschossen«, spann Julia den Gedanken weiter, was ihr einen finsteren Blick ihres Mannes einbrachte. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie jemand eine mit Teig gefüllte Wasserpistole auf das Haus richtete.
    »Das ist nicht lustig, Julia.« Mark war sauer. Einer der Beutel war aufgegangen, und ein Teil des Teigs lief ihm über die Finger. »Igitt.«
    Julia weiß, dass es nicht lustig gemeint ist, aber amüsant findet sie es trotzdem ein bisschen. Letztlich ist es doch nur Teig, und sie hat schließlich nicht die Vogelgrippe oder etwas Ähnliches unter die Leute gebracht.
    Sowohl Madeline als auch Hannah hatten angerufen, um ihrer Empörung über den Artikel Ausdruck zu verleihen. Madeline erzählte, dass in ihrem Wohnzimmer und im Teesalon lauter aufgebrachte Frauen säßen, die mit einer Unterschriftensammlung gegen die Gazette drohten. Madeline und Connie hatten sie mit Proteinen füttern müssen (»Zum Glück hatte ich gerade ein paar Quiches im Ofen«), um sie wieder zu beruhigen.
    Aber jetzt weiß Julia nicht mehr so genau, warum sie in Livvys Büro steht, und noch weniger, was sie sagen soll.
    Livvy fährt sich mit der Zunge über die Lippen und tritt in das Zimmer. Julia sieht, dass Livvy ein paar Fältchen um die Augen hat und auf den Wangen neue Sommersprossen. Sonne und Livvy sind nicht unbedingt eine glückliche Paarung, und Livvy vergisst ständig, Sonnencreme aufzutragen. Julia überkommt wieder einmal dieses uralte Bedürfnis, ihrer Schwester gute Ratschläge zu erteilen, aber sie ist kein Kind mehr und Julia nicht mehr in der Position,

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