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Je sueßer das Leben

Je sueßer das Leben

Titel: Je sueßer das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darien Gee
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lernen, wie man einen Kompass liest. Bis zuletzt ließ sie sich nicht davon abbringen, »links« und »rechts« zu sagen, was natürlich Unsinn ist, da solche Richtungsangaben je nach Standort wechseln. Kardinalpunkte dagegen – also Nord, Süd, Ost und West – sind unabhängig davon, in welche Richtung man blickt. Er schiebt die Erinnerung beiseite. »Ja, ich habe es gefunden, vielen Dank, aber das war wirklich nicht nötig.«
    »Natürlich war es nicht nötig, aber ich musste sofort an dich denken, als ich ihn sah. Ich finde, er passt zu dir.«
    Er versucht es mit einem Witz. »Falls ich mich jemals draußen im Wald verirren sollte, meinst du?«
    Vivians Stimme klingt ernst. »Falls du wissen willst, in welche Richtung du gehen sollst.«
    Verlegenes Schweigen breitet sich aus. Schnell sagt Mark etwas. »Also, Dorothy und ich haben uns überlegt, dass wir bald mit dem Team mit einem Glas Sekt anstoßen sollten, und als kleines Dankeschön wollen wir Kinokarten oder so etwas verteilen. Ich möchte allerdings damit warten, bis es dir bessergeht und du wieder im Büro bist.«
    »Das ist lieb«, sagt sie.
    »Nein, nur gerecht. Ohne dich hätte ich das nie hingekriegt.« Er sollte seine Klappe halten. Was redete er denn da für ein Zeug?
    »Ich hoffe, ich bin morgen wieder auf dem Damm«, sagt Vivian. »Vielleicht solltest du aber sicherheitshalber die kleine Feier für übermorgen ansetzen.«
    »Gut, übermorgen.« Er wiederholt das Wort langsam und schreibt es auf ein Blatt Papier. »Okay. Prima. Pass auf dich auf und gönn dir ein bisschen Ruhe, Vivian.«
    »Mark …« Vivian seufzt und klingt müde, fast so, wie Julia die ganze Zeit über klingt. »Falls dein Angebot noch steht –da gibt es tatsächlich etwas, das du mir besorgen könntest.«
    Mist . Am liebsten würde er einhängen, und gleichzeitig will er ihr helfen.
    »Mineralwasser mit Zitrone. Und ein Baguette. Ich möchte irgendetwas essen, das meinen Magen beruhigt. Ich würde ja selbst einkaufen, aber ich traue mich nicht aus dem Haus. Wobei ich es natürlich verstehe, wenn du keine Zeit hast …«
    Mark denkt fieberhaft über eine Alternative nach, aber es fällt ihm nichts ein. Na gut. »Nein, nein, das ist überhaupt kein Problem«, versichert er ihr. Er kann die Sachen besorgen, sie bei ihr vorbeibringen und nach höchstens zehn Minuten wieder verschwinden. Er wird sich einfach nicht in ein Gespräch verwickeln oder sich die Wohnung zeigen lassen, auch wenn er ziemlich neugierig darauf ist. Wie lebt eine Frau wie Vivian?
    Sie erklärt ihm den Weg, und er verspricht ihr, nach der Arbeit kurz bei ihr vorbeizusehen. Er betont das Wort kurz.
    »Klar«, sagt Vivian. »Wenn ich die Tür nicht aufmache, habe ich mich hingelegt. Ich hoffe, das macht dir nichts aus. Klopf einfach, und wenn ich nicht reagiere, stellst du die Sachen vor die Tür. Ich bin dir wirklich dankbar, Mark.«
    Sie legen auf, und Mark seufzt erleichtert, dann muss er lachen. Er führt sich wie ein Idiot auf. Vivian will nichts von ihm – dafür ist er doch viel zu alt und viel zu verheiratet. Vivian hat Julia kennengelernt, oder? Er runzelt die Stirn und versucht sich zu erinnern. Vielleicht auch nicht, aber egal. Vivian ist eine alleinstehende Frau, die genug Zeit und Energie hat, ihre beruflichen und privaten Beziehungen zu pflegen. Deshalb ist sie auch so erfolgreich und wird von den Kunden so geschätzt.
    Das Telefon klingelt, ein Mitarbeiter möchte ihn sprechen. Erleichtert wendet sich Mark seiner Arbeit zu, kehrt in seinen Alltag, sein Leben zurück.
    In der Küche sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Überall ist Mehl verstreut, in der Spüle stapeln sich die schmutzigen Backformen. In der Luft hängt ein warmer, süßlicher Geruch. Vier Laib Freundschaftsbrot kühlen auf Gittern aus, zwei weitere sind im Backofen.
    Kurz gesagt, ein herrliches Chaos.
    Auf dem mit einer feinen Mehlschicht überzogenen Fußboden sieht man die Fußstapfen der barfüßigen Gracie. Sie hätte auch gerne eine Schürze wie Julia gehabt, aber Julia besitzt nur eine, und die ist Gracie viel zu groß. Rasch macht Julia ihr mithilfe des Hefters eine Schürze aus einem Geschirrtuch und einem Band. Gracie kriegt sich gar nicht mehr ein vor Freude darüber, und auch Julia ist ein bisschen stolz auf sich.
    Die Beutel mit dem Teig fangen langsam an, ihnen über den Kopf zu wachsen. Gracie hat letzte Woche drei Beutel mit in den Kindergarten genommen, und diese Woche wollte sie eigentlich wieder

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