Je sueßer das Leben
reicht mir als Ausblick auf deine Zukunft. Mir ist nur nicht ganz klar, wo ich dabei bleibe.«
»Du bist der Mann, der die Windeln wechselt und mitten in der Nacht aufsteht und das Fläschchen warm macht.«
»Edie.« Langsam wird Richard sauer. »Das ist ja wohl keine Frage, dass ich Windeln wechsle und in der Nacht aufstehe. Damit habe ich kein Problem, und das weißt du. Womit ich allerdings ein Problem habe, ist, dass du glaubst, damit wäre es getan. Wie steht es mit Heiraten, Edie? Ich will dich heiraten, und ich weiß, dass du mich auch heiraten willst. Worauf warten wir also noch?«
Edie starrt an die Zimmerdecke. Sie weiß nicht, wie sie es ihm beibringen soll. Sie ist ja mit ihrem Leben oder Avalon nicht unzufrieden, aber in den Alumni-Magazinen ihrer Universität liest sie ständig irgendwelche Geschichten über ehemalige Kommilitonen, die sich mit ihren Erfolgen, mit ihren Veröffentlichungen und ihren guten Stellen brüsten, und das fängt langsam an, ihr an die Nieren zu gehen. Das Einzige, was sie bislang mit einiger Befriedigung gelesen hat, waren die Berichte der Leute über ihren Nachwuchs. Dabei hat sie nur die Augen verdreht und gedacht: Besser, es hat dich erwischt als mich . Es ist der reinste Hohn, dass die Götter ihr jetzt gerade das schenken, woran ihr am wenigsten liegt.
»Ich würde mich einfach gerne ein wenig länger auf meine Arbeit konzentrieren, Richard. Für dich ist es leicht – du hast eine bestehende Praxis übernommen, und fertig: Praxis, Patienten, Sekretärin, Arzthelferin, nicht zu vergessen das Aquarium. Du bist Dr. Richard. Alle lieben dich.« Sie missgönnt Richard seinen Erfolg nicht, aber es ist eben Richards Erfolg und nicht ihrer. »Ich möchte auch etwas leisten, etwas bewirken. Und Berichte über eine Irre, die den Leuten heimlich die Zeitungen klaut und die Gartenschläuche vertauscht, werden es nie bis in eines der großen Blätter schaffen.«
Richard lässt sich frustriert wieder in die Kissen sinken. Er bedeckt seine Augen mit einem Arm und seufzt. »Edie … Edie … Edie …« Gebetsmühlenartig wiederholt er ihren Namen.
»Ich will einfach eine große Story, Richard«, sagt sie. »Und mit diesem Freundschaftsbrot habe ich sie auch, glaube ich. Ich habe übrigens noch etwas herausgefunden. Es gibt ein süßes Brot namens Hemin, das unter den Anhängern des heiligen Pio von Pietrelcina, genannt auch Padre Pio, kursiert. Während man dieses heilige Brot zubereitet, muss man ein Gebet sprechen, und dann muss man natürlich den Teig teilen und weitergeben. Selbstverständlich erklären der Vatikan und die offiziellen Padre-Pio-Gebetsgruppen das Ganze für Humbug, aber das hindert die Leute nicht daran, es zu versuchen, vielleicht funktioniert es ja. Das Rezept unterscheidet sich zwar etwas vom Freundschaftsbrot der Amish, aber im Grunde ist es dasselbe. Du solltest mal hören, wie viele Wunder es angeblich schon bewirkt hat …«
»Genug. Hör auf.« Sanft nimmt Richard ihr Kinn und dreht ihr Gesicht zu ihm. »Mir sind dieses Hemin-Brot und alle Padre Pios der Welt herzlich egal, Edie.«
Edie windet sich. »Okay, aber …«
»Sei still.« Auf seinem Gesicht liegt ein entschlossener Ausdruck, wie ihn Edie noch nie an ihm gesehen hat. »Ich weiß, du kannst Überraschungen nicht leiden, daher lass dich schon mal vorwarnen: Ich habe vor, dich bald groß zum Essen auszuführen und dir im Laufe des Abends eine ganz bestimmte Frage zu stellen.«
»Richard!« Edie kann ihr Missbehagen nicht verbergen. Grundsätzlich gefällt es ihr ja, dass ihr Freund, mit dem sie seit acht Jahren zusammen ist, so romantisch ist, aber sie hat ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie Überraschungen hasst, insbesondere Überraschungen, die in irgendeiner Weise zu einem Foto führen könnten. »Kann das nicht noch ein bisschen warten?«
»Nein, das kann es nicht«, sagt er mit fester Stimme. »Sei froh, dass ich dich überhaupt vorwarne. Es entspricht zwar nicht ganz dem, wie ich es geplant hatte, aber du sollst Zeit haben, darüber nachzudenken und dich womöglich sogar darauf zu freuen.«
Edie hat sich als Kind nie als Braut verkleidet. Sie ist nicht grundsätzlich gegen die Ehe, sie glaubt nur nicht, dass sie in jedem Fall nötig ist. Und die letzten acht Jahre ist es doch ziemlich gut gelaufen. Warum das kaputtmachen?
Beinahe hat sie vergessen, dass sie ein Kind bekommt (und könnte es etwas geben, das mehr kaputtmacht?), als ihr plötzlich wieder übel wird. Schnell legt
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