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Jede Sekunde zählt (German Edition)

Jede Sekunde zählt (German Edition)

Titel: Jede Sekunde zählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lance Armstrong , Sally Jenkins
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hinter Winokurow her, der einen Ausbruchversuch gestartet hatte. Ich hielt mich rund 15 Meter hinter Beloki, als wir mit rund 80 Sachen in die Kurve gingen.
    Belokis Vorderrad rutschte weg.
    Er versuchte zu bremsen – und sein Rad blockierte. Als es unvermittelt wieder griff, machte sein Fahrrad einen regelrechten Satz und kippte zur Seite weg.
    Beloki stürzte und knallte direkt vor mir auf den Asphalt. In einem Haufen rutschten Mann und Maschine über die Straße.
    Ich stieg in die Bremsen – und nun blockierte mein Hinterrad. Ich war drauf und dran, die Kontrolle über das Fahrrad zu verlieren.Mir blieben zwei Möglichkeiten: entweder voll in Beloki hineinrasen oder ausweichen und von der Straße fahren.
    Ich wich aus – und ratterte über ein Feld. Ich hatte keine Ahnung, was hinter mir mit Beloki los war. Ich wusste nur, dass ich von Glück reden konnte, noch im Sattel zu sitzen. Da hätte eine Klippe neben der Straße sein können oder eine Mauer. Stattdessen erstreckte sich da ein offenes Feld, ein Feld zumal, das abgemäht war und nicht voller Pflanzen stand.
    Mein Rad holperte über Traktorfurchen und zerknickte Stängel. Einen Moment lang erwog ich umzudrehen, aber das hätte nur wertvolle Zeit gekostet. Mit einem kurzen Blick nach vorn erkannte ich, dass die Straße in einem Bogen um das Feld führte und ich mit einem Querfeldeinritt auf die Straße zurückkehren konnte. Instinktiv riss ich den Lenker herum und trat in die Pedale, holperte über knirschende Stängel und rechnete jeden Moment damit, über den Lenker katapultiert zu werden oder mit einem Platten liegen zu bleiben.
    Schließlich hatte ich das Feld überquert und sah mich schon zurück auf der Straße, da tat sich vor mir plötzlich ein Graben auf. Obwohl ich so hart bremste, wie ich nur konnte, wäre ich um ein Haar kopfüber in den Graben gestürzt. Da kein Weg zu sehen war, der außen herum führte, sprang ich vom Rad, wuchtete es mir wie einen Sack Kartoffeln auf den Rücken und setzte zum Sprung über den Graben an, wobei ich einen guten halben Meter den Graben hinunterrutschte und eine kleine Staubwolke hinter mir aufwirbelte.
    Ich landete auf der anderen Seite, rannte zur Straße vor und schwang mich wieder in den Sattel. Genau in dem Moment kam Tyler vorbei und winkte mir zu, es war eine Art Salutieren. Einfach glücklich, noch im Rennen zu sein, kurbelte ich los und jagte der Führungsgruppe hinterher.
    Am Ende der Etappe befand ich mich in halbwegs passablem Zustand – und immer noch im Gelben Trikot. Gleichzeitig jedoch fühlte ich mich lausig wegen Beloki. Noch am selben Abend riefich seinen Teamarzt Pedro Celaya an und erkundigte mich, wie es ihm ging. Beloki hatte sich den Oberschenkel, das Handgelenk und den Ellbogen gebrochen. Celaya war bei ihm im Krankenhaus, als ich anrief, und ich ließ ihm mein ehrliches Mitgefühl ausrichten. »Es tut mir sehr Leid, was passiert ist«, sagte ich. »Sagen Sie ihm, dass er großartig war.« Und genauso meinte ich es auch. Niemand sieht es gerne, wenn ein scharfer Konkurrent durch einen Sturz aus dem Rennen ausscheidet. Stürze wie dieser sind nicht die Ruhmesblätter der Tour.
    Danach entstand zwischen Beloki und mir so eine Art Kameradschaft. Den Rest der Tour über meldete er sich immer wieder mal bei Johan, um mir viel Glück zu wünschen und die Daumen zu drücken.
    Sollte ich gehofft haben, mit dem Ausflug in das Feld wäre die Serie meiner Missgeschicke abgeschlossen, dann hätte ich mich nicht gründlicher irren können. Genau das Gegenteil war der Fall. Einige Tage später stand ein wichtiges Einzelzeitfahren über 47 km von Gaillac nach Cap Découverte auf dem Programm. Wieder brannte die Sonne erbarmungslos vom Himmel, und schon beim Aufwärmen floss mir der Schweiß in Strömen herunter. Ich war noch nicht einmal auf der Straße und fühlte mich bereits erschöpft und durstig. Vor mir legte Jan Ullrich eine schnelle Zeit vor.
    Ich schoss die Startrampe hinunter und kauerte mich hinter den Lenker. Anfangs lief alles gut, aber bald schon war es so heiß, dass ich ständig zu meiner Wasserflasche griff. Nach einem Drittel der Strecke lagen Ullrich und ich genau gleichauf.
    Die Hitze kroch unter meinen Helm und unter mein Renntrikot, staute sich dort, und nichts schien sie vertreiben zu können. Ich trank und trank. Dehydration beginnt, Tage bevor sie einen wirklich erwischt. Nun erwischte es mich: Mit einem Mal fühlte ich mich völlig ausgedörrt und kraftlos.
    Und dann ging

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