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Jeden Tag ein Happy End

Jeden Tag ein Happy End

Titel: Jeden Tag ein Happy End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Devan Sipher
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wie beim letzten Mal, als wir uns gesehen hatten. Nur sein Gesicht war ein wenig runder geworden. Er trug eine Brille, was neu war, und als er mich zur Begrüßung umarmte, stellte ich fest, dass er auch schon einige graue Haare und Lachfalten um die Augen hatte. Das traf mich völlig unvorbereitet. Was war denn aus meinem kleinen Bruder geworden, der immer im Schlafanzug bei uns durchs Haus gerannt war?
    »Leslie wollte eigentlich mitkommen, hat sich aber dann doch dagegen entschieden. Dann wollte sie wissen, ob du etwas Bestimmtes zu essen haben willst, und ich hab ihr gesagt, dass du einfach nur pünktlich abgeholt werden willst. Dann war sie beleidigt, und ich war genervt. Oder umgekehrt. Jedenfalls musste ich mich bei ihr entschuldigen, sodass es noch länger gedauert hat, und jetzt steh ich hier und hab leider nur diese schlechte Ausrede.«
    Ich wollte bleiben. Ich war ganz klar. Ich wollte unbedingt hier bei Brooke bleiben. Ich verdiente, das zu haben,was Gary hatte. Was anscheinend alle hatten. Einen Menschen in ihrem Leben, der sie nervte. Den sie liebten. Der ihnen Gesellschaft leistete. Ich wusste nicht, ob Brooke dieser Mensch für mich war, aber wenn ich jetzt ging, würde ich es auch nie herausfinden.
    Ich erzählte Gary von ihr. Ich hörte, dass es so klang, als wäre mir eine wildfremde Frau wichtiger als er. Unsere Beziehung war immer schon etwas angespannt gewesen, und als der Jüngere von uns beiden hatte er mir oft vorgeworfen, ich würde ihn als selbstverständlich hinnehmen und nicht richtig zu schätzen wissen. Das hatte ich jedes Mal zu hören bekommen, wenn ich eins seiner Fußballspiele verpasst hatte. Ihn jetzt einfach stehen zu lassen, nachdem er an einem Samstagabend quer durch die halbe Stadt für mich gefahren war, würde dieses Gefühl bestimmt noch verstärken.
    Er sah verletzt aus. Ich war ein furchtbarer Bruder. »Ist aber auch nicht so wichtig«, sagte ich. »Ich bin halt ständig auf Hochzeiten, und da kann man sich der romantischen Stimmung nicht immer entziehen. Berufskrankheit, sorry.« Ich war lediglich für vierundzwanzig Stunden in der Stadt. Was für ein Arsch musste man denn sein, um da keine Zeit für seinen Bruder zu haben?
    »Ist sie heiß?«, fragte er und kam damit zumindest seiner Meinung nach zum eigentlichen Punkt.
    »Sie sieht sehr gut aus.«
    »Gut im Sinne von ›hübsche Grübchen‹ oder von ›in dem Handtuch sah sie zum Anbeißen aus‹?«
    »Zum Anbeißen.«
    »Dann musst du bleiben.«
    Ich war dankbar, dass er das sagte, aber ich hatte immer noch ein schlechtes Gewissen. Er bemerkte mein Zögern. »Wenn du nicht bleibst, tu ich’s.«
    Es sollte ein Witz sein, aber es steckte auch ein wenig Ernst dahinter. Er sah nicht glücklich aus. Ich wollte gern wissen, was los war, aber es war nicht unbedingt die Art Gespräch, die man mitten auf der Straße führt. »Das würde Leslie bestimmt nicht lustig finden«, sagte ich.
    »Ach, die Geschichte mit Leslie nervt mich sowieso langsam.«
    »Ihr seid erst seit sieben Monaten zusammen.«
    »Fast acht«, sagte er. »Und es gibt eine ganze Menge Frauen da draußen, die super in einem Handtuch aussehen. Und sogar noch mehr, die super ohne alles aussehen.«
    Übte ich hier gerade einen schlechten Einfluss auf ihn aus? Seltsamer Rollentausch. »Du bedeutest ihr sehr viel.«
    »Sie mir ja auch, aber das heißt noch lange nicht, dass ich mein ganzes Leben mit ihr verbringen will.« Wie konnten zwei so unterschiedliche Menschen wie wir nur dieselbe Mutter haben?
    »Na los, geh wieder zu deiner Party«, sagte er und schlug mir auf die Schulter. »Und denk dran: ›Lieber ein König für eine Nacht als ein Bettler fürs Leben.‹ Das hat De Niro gesagt, kannst du nachschlagen.« Er setzte sich ins Auto und ließ das Fenster herunter. »Ruf mich an, wenn du heute Nacht keinen Schlafplatz findest. Aber ich warne dich schon mal vor: Damit werde ich dich für den Rest deines Lebens aufziehen.«
    Während er in die Nacht verschwand, hörte ich aus den Lautsprechern Kanye West vom ›Good Life‹ singen. Ich lief zurück zum Festzelt, auf der Suche nach Brooke. Ihr Tisch befand sich weiter hinten, und ich rannte darauf zu. Aber sie war nicht da. Sie stand auch nicht in der Nähe. Auch nicht an der Bar. Auf der Tanzfläche hatte sich eine Traube um Ari und Roxanne gebildet, die zu Kanye tanzten, aber Brooke war nicht darunter.
    Draußen spazierten Gäste über das Grundstück. In der Dunkelheit war es schwer, auf die Entfernung

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