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Jeden Tag, Jede Stunde

Jeden Tag, Jede Stunde

Titel: Jeden Tag, Jede Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natasa Dragnic
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dich.«
    Dann ein längeres Schweigen, während sie sich küssen.
    »Vermisst du Paris?«, fragt Luka später, malend. Er hat mehrere kleinere Leinwände mitgebracht. Für kleine Wasserstudien, meint er. Er kann nicht genug davon haben. Immer entdeckt er da etwas Neues, eine bis dahin versteckte Nuance, einen unbekannten Zug, einen Schimmer, der sich nur unter bestimmten Wetterbedingungen entwickeln kann und entblößen lässt.
    »Ja. Vor allem vermisse ich das Theater.«
    »Wirst du Probleme bekommen?« Energisch gemischte Farbe spritzt herum.
    »Nein. Ich weiß nicht. Ich glaube nicht. Ich werde einfach ein paar Monate pausieren.«
    »Willst du das tatsächlich?«
    »Nein. Aber ich will bei dir sein.«
    »Dann ist es doch gar nicht schlecht, dass der gute alte König Lear sich das Bein gebrochen hat.«
    Sie lachen.
    »Ja, das hilft ein wenig.«
    Und dann schweigen sie wieder, denn es gibt noch mehr zu sagen und zu fragen und zu entscheiden und zu tun. Vor allem zu tun. Und obwohl das alles in ihnen beiden brennt und sie manchmal nicht schlafen lässt, oder atmen, versuchen sie nicht daran zu denken, so oft wie möglich, was nicht sehr oft ist, denn sie leben mittendrin in diesen Fragen und Unsicherheiten und Ängsten. Und Menschen. Aber heute, heute ist ein Tag der Einsamkeit, der einsamen Zweisamkeit, ideal, um es zu vergessen, zu verdrängen, zu verschieben. Und vielleicht gerade deswegen tun sie es nicht. Denn der Tag ist vollkommen. Das Meer. Die Sonne. Die Luft. Der Himmel. Die Aussichten. Und so sollte alles sein. Ihr Leben vor allem. Also reden sie.
     
    »Ich habe Klara noch nichts gesagt.«
    »Ich weiß.«
    »Ich kann nicht.«
    »Warum?«
    »Wann immer ich sie sehe, hat sie das Kind dabei.«
    »Warum sagst du immer nur ›das Kind‹, warum nennst du sie nicht beim Namen?«
    »Ich weiß nicht. Ich will mich nicht an sie gewöhnen.«
    »Das ist Unsinn, ljubavi moja! Sie ist deine Tochter, du sollst dich an sie gewöhnen.«
    »Ich weiß nicht. Ich habe Angst, glaube ich.«
    Dora umarmt ihn. Er lehnt gerne den Kopf auf ihre Schulter. Sie riecht nach Salz und Sonne und ihm und Dora.
    »Du kannst sie lieben und für sie da sein und ihre Mutter verlassen. Sie musst du nicht verlassen, das sollst du nicht. Auf keinen Fall.«
    »Es ist so schwierig. Wenn ich bei dir bin, ist alles klar. Wenn ich dann nach Hause gehe und du bist nicht da, dann gerate ich durcheinander und weiß nicht mehr, was ich tun soll, außer bei dir zu sein.«
    Lukas Kopf rutscht langsam in Doras Schoß.
    »Du musst das regeln. Ich kann es nicht für dich tun. Sie ist nicht meine Frau, ich habe sie nicht geheiratet, obwohl ich eine andere liebe.«
    Dora ist verärgert und schiebt seinen Kopf von sich weg. Sie wird ungeduldig und allmählich besorgt.
    »Bald werden es zwei Monate sein, dass ich hier bin.«
    »Ich weiß, wir können das feiern!«
    »Luka, lange halte ich es nicht mehr aus. So.«
    Luka sieht zu, wie sie aufsteht, sich streckt und dann den Kopf hängen lässt. Und er weiß, er soll etwas sagen oder, noch besser, etwas unternehmen, das Richtige, und er will es, er will es mehr als irgendetwas anderes auf der Welt, er will Dora und nur sie, aber er ist wie krank, wie gelähmt. Wie lebendig in einem zu kleinen Sarg begraben. Und schon beginnt er zu zählen: Eins, zwei, drei, vier, fünf… Seine Augen schließen sich schwerfällig, und es geht ihm gut, er schwebt über sich und allen Problemen …
    »Lass das, du bist mein, nur mein, öffne die Augen, sieh mich an, mein Prinz, ich werde dich retten, vor Feuer spuckenden Drachen und bösen Hexen und verwünschten Wäldern beschützen, mein Prinz …«
    Dora küsst sein selbstzufriedenes Gesicht ab. Und sie lieben sich.
    Und wieder ist nichts gelöst.

25
    Es ist fast zwei Monate her, dass Dora zum ersten Mal nach sechzehn Jahren wieder nach Makarska gekommen und Luka Vater geworden ist, nachdem er Dora den ganzen Tag und beinahe die ganze Nacht geliebt hat. Es ist fast zwei Monate her, dass Dora und Luka wieder einmal unzertrennlich geworden sind. Niemand wundert sich. Niemand stellt Fragen. Auch die nicht, die sie verurteilen und meinen, das gehe aber gar nicht. Aber alle reden. Alle schauen interessiert zu, denn so etwas hat Makarska noch nicht erlebt. Niemand lacht über sie. Denn es liegt immer noch etwas Seltsames in der Luft, wenn Dora und Luka zusammen sind. Man kann es nicht Frieden und nicht Sturm nennen. Es riecht nach Mandarinen und nach gerösteten Mandeln und nach Meer

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