Jeden Tag wurde ich dicker und müder: Mein Leben mit Hashimoto (German Edition)

Gewebe und Verdauungsstörungen, sprich Verstopfung. Das Risiko für Osteoporose steigt. Sehnen, Bänder, Bandscheiben und Gelenkknorpel werden geschädigt, das Bindegewebe geschwächt. Das alles führt zu einer beschleunigten Alterung und Faltenbildung der Haut. Heute weiß man, dass auch Gehirn, Nervensystem und Herz auf Dauer von zu viel Cortisol geschädigt werden. Parallel sinkt das DHEA-Level im Körper, und dadurch auch die Testosteronmenge (Folgen siehe weiter unten unter »Testosteron«).
    Für Hashimoto-Betroffene besonders interessant ist der Zusammenhang zwischen Cortisol und Schilddrüsenhormonen: Wenn zu wenig Schilddrüsenhormone im Körper vorhanden sind, werden die Nebennieren angeregt, mehr Cortisol zu bilden. Eine Unterfunktion sorgt also auch für einen erhöhten Cortisolspiegel und seine Folgen. Deshalb ist es unbedingt nötig, eine Unterfunktion zu beheben! Bei der Einnahme von Schilddrüsenhormonen braucht der Körper mehr Cortisol, um den aktiveren Stoffwechsel abzufangen. Zu viel Cortisol wiederum senkt den TSH-Wert künstlich und behindert die Umwandlung von T4 in T3. Das erklärt den für Ärzte oft alarmierend niedrigen TSH-Wert verbunden mit einem schlechten Wohlbefinden, so meine Erfahrung.
    Die Nebennieren sind keine Marathonläufer. Irgendwann erschöpfen sie, der Cortisol- und DHEA-Spiegel (mehr dazu im Kapitel 7) fallen rapide ab. Man wird müde, antriebslos, verwirrt, leicht unterzuckert, zittrig und hat das Gefühl, dem Leben nicht mehr gewachsen zu sein.
    Die meisten Schulmediziner erkennen die Diagnose Nebennierenschwäche, oder wie es im Englischen genannt wird »Adrenal Fatigue«, nicht an. Mir sagte eine junge Ärztin in einem Krankenhaus, dass es nur einen Totalausfall der Nebenniere gäbe. Eine Schwächung und vor allem die daraus resultierenden Beschwerden – die ich am eigenen Leib erfahren habe – stünden in keinem Lehrbuch. Das oben erwähnte Buch von Dr. James Wilson spricht da zum Glück eine ganz andere Sprache!
    Auch bei der Diagnose eines zu hohen Cortisolwertes (Hypercortisolismus) und der Ursachen tun sich viele Ärzte schwer. Man muss nicht unter Morbus Cushing leiden – so heißt die zum Beispiel durch Tumore der Nebenniere, der Hypophyse oder des Hypothalamus ausgelöste Krankheit –, um einen dauerhaft erhöhten Cortisolspiegel zu haben. Die permanent entzündete Schilddrüse und die damit verbundenen Schmerzen, Sorgen, Ängste, Ungewissheiten und Unregelmäßigkeiten sind genug Stress für den Körper, um seinen Fluchtmechanismus einzuschalten. Nur leider kann man vor Hashimoto nicht wegrennen. Lässt man der Natur einfach seinen Lauf, folgt auf jeden Hypercortisolismus wieder eine Nebennierenschwäche. Man muss schnellstmöglich aus diesem Teufelskreis ausbrechen. Denn Stress macht alt und krank, das wissen wir ja jetzt.
    Bei dieser Aufgabe können Sie wahrscheinlich nicht auf die Unterstützung Ihres Arztes zählen. Zumindest nicht ausschließlich! Sie müssen selbst herausfinden, wie Sie am besten entspannen können und was Sie am schnellsten aus dem Hamsterrad zwischen Hashimoto und Alltag befreit.
    Meiner Erfahrung nach bringt einen ein gesunder, erholsamer und tiefer Schlaf in diesem Zusammenhang definitiv weiter. Um den zu erreichen, müssen Sie eventuell zuerst Ihre anderen Sexualhormone in Balance bringen (siehe die weiteren Punkte meiner Liste). Direkte Entspannungsmethoden gibt es viele: Yoga, Meditation, Autogenes Training oder einfach nur ein Spaziergang. Suchen Sie sich Ihren Favoriten heraus. Ganz wichtig auf meinem Weg zu einem stressfreieren Leben war es, meinen Körper von der Belastung durch Allergien, Entzündungen und Infektionen zu befreien. Denn das stresst ihn – und mich! Ich versuche, mich gesund zu ernähren und genügend stilles Wasser zu trinken. Ich lasse die Finger von großen Mengen Kaffee, Cola (auch light) und Energydrinks. Das pusht nur kurzfristig, aber raubt mir auf Dauer den letzten Rest Kraft. Ich bin mir sicher, wenn Sie mal tief in sich hineinhören, wissen Sie auch ganz genau, was Ihnen guttut.
    Ich weiß aber auch, dass das alles leicht dahingesagt ist, wenn man Kinder, einen Job, eine Partnerschaft, Familie, Freunde und andere Verpflichtungen unter einen Hut bringen muss. Aber es ist Ihr Körper, Ihr Leben. Nur wenn Sie die bewusste Entscheidung treffen, etwas für sich zu tun, sich regelmäßig etwas Zeit für sich zu nehmen und sie gut zu nutzen, nur dann kann es Ihnen besser gehen. Und davon profitiert auch