Jeder Augenblick ist ewig: Die Gedichte (German Edition)
schnell,
die hielt ich gerne bis zum Morgen hin
nicht eingefasst, wie sonst, in Reime,
nicht ausgewiesen auf Papier,
nicht ausgedrückt, sondern als Keime
und ungeformt nur tief in mir.
Gern leb und schreib ich wie von Sinnen,
verschwende mich und geb mich aus,
nur, was oft andre dran gewinnen,
ist leider nie in mir zu Haus.
Die satten Stunden, selbst die blassen,
die ganze lieb gelebte Zeit
hab ich verdichtet, dann entlassen
in eine neue Wirklichkeit.
Soll das der Preis des Preises sein,
wird nichts, was glücklich macht, verziehn?
Kein Glück stellt sich für immer ein –
selbst Preise werden nur verliehn!
Von den Gärten
Mir träumte von Gärten, die blühen am Rand,
verdrängt von Felsen und Wiesen.
Sie sind ein anders geartetes Land
und in Führern nicht ausgewiesen.
Die Wiesen sind für die Kühe da,
man kann sie gut übersehen,
sie duften derb und sind immer nah
und man kann drauf mit Stiefeln gehen.
Meine Gärten entdeckt man im Nachhinein,
wenn man vorübergegangen,
und man muss schon ein guter Beobachter sein,
sie mit Augen anzulangen.
Ich liebe die Wiesen, das weite Feld,
die dummen und braven Kühe
und ich weiß wohl, wer Acker und Weide bestellt,
hat so seine rechte Mühe.
In den Gärten, geordnet von anderer Hand,
gedeihen der Menschen Seelen.
Ein goldenes, überirdisches Land,
nur von Herz zu Herz zu empfehlen.
Dort zieht es mich, glaub ich, schon lange hin
und sollte es mir einmal glücken,
dann will ich, so ich wahrhaftig bin,
auch meine Seele mir pflücken.
Entsorgung
Wohin mit dem Dreck?
Das ist doch wohl die Frage.
Derzeit.
»Entsorgung«
ist in aller Munde.
Löblich.
Immerhin:
Es tut sich was,
man beruhigt sich mit der
Drei-Tonnen-Trennungs-Philosophie.
(Neuerdings wird ja mit dem Wort Philosophie
wild gewuchert.
Vornehmlich in Fußballtrainerkreisen.
Als wollten sie sich rächen
für die Weigerung des Wortes, sofort und
ohne eigenes Zutun verständlich zu sein.)
Papier, Glas, Bio,
Bio, Glas, Papier.
Ein bisschen Metall,
ein bisschen Frieden,
ein kleiner Korn,
aber dann gleich wieder:
Glas, Bio, Papier
und das alles außer Landes
vor die Haustür unserer unversorgten Nachbarn.
Sorgsame Leute
mit einer guten Philosophie.
Philosophen eben.
Leute von morgen,
die sich mittels Entsorgen
ihrer Sorgen entheben.
Man munkelt gar:
Viele kaufen ja nur deshalb so wild um sich,
um anschließend ordentlich
entsorgen zu können.
Wer aber, frage ich,
kümmert sich
um die Entsorgung unserer Psyche?
Ich meine ganz konkret:
Was geschieht mit all dem Müll,
der tagein, nachtaus
in Form von Talkshows, Gameshows,
volkstümlichen, kuschelrockigen und poppig flockigen Hitparaden
über den armen Äther
in unsere armen Herzen gepeitscht wird?
Wer sorgt sich um den verbalen und musikalischen Müll?
Wer entsorgt die flotten Sprüche
der Rundfunkmoderatoren?
Welcher Prinz Eugen stellt sich dem Heer
der Gute-Laune-Meteorologen?
Welcher rächend rettende Engel
schaltet endlich dem nutzlosen Dasein
all dieser geldgierigen Ätherschänder den Strom ab?
Das ist permanenter
Wellenmissbrauch!
Als würde sich irgendetwas in diesem Universum
von selbst verlieren.
Welcher Gott wäre gnädig genug,
dieses Gestampfe,
das einem aus stolz geöffnetem Autofenster entgegenschwappt,
im Himmel endzulagern?
Welche intergalaktische Eingreiftruppe
verteidigt uns gegen diese tönerne Invasion
der locker-flockigen Sendeanstalten,
die selbst meine Lieder noch spielen würden,
wenn sie Werbeeinschaltungen des
Kolumbianischen Medellin-Kartells bekämen?
Kein Angriff kann infamer sein –
denn selbst wenn wir uns tapfer weigerten,
die Empfänger einzuschalten –
wir würden weiter bombardiert.
Die Augen schließen genügt ja bekanntlich
auch nicht, um einen Haufen Scheiße
loszuwerden, den sie dir vor die Tür setzen.
Ich denke,
wir werden die Festungen der Flottmänner
erbarmungslos stürmen müssen.
Nach langjährigem Pazifistendasein
habe ich mich für die Aufrüstung entschieden:
Wir müssen aus Worten Tempel errichten
Bollwerke gegen den schlechten Geschmack.
Dem Gedudel antworten wir mit Gedichten.
Überhören muss man das geldgeile Pack.
Schreiten wir mit ganzen Sätzen
gegen die Wortvergewaltiger ein.
Auf ihren allgemeinen Plätzen
bleiben wir nur gemein allein.
Schlichtheit gegen das allzu Schrille
und die Kunst, mal abzudrehen.
Dann
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