Jeder Augenblick ist ewig: Die Gedichte (German Edition)
wird vielleicht der Klang der Stille
all dem Lärmen widerstehen.
Ich liebe dich nicht mehr so wild,
nicht mehr so ungestüm wie seinerzeit.
Doch unbemerkt verrann mir Bild um Bild,
in das ich bannte dich und deine Eigenheit.
Ich liebe dich, so wie man Blumen liebt,
die unbemerkt am Wegrand blühen,
wie einen Regenschauer, der uns Atem gibt
nach eines schwülen Sommertages Mühen.
Ich liebe dich schon fast wie einen Gott,
der unerkannt in meinen Tiefen wohnt,
dem man sich hingibt, trotzend allem Spott,
der niemals straft, der niemanden belohnt,
mit dem man eins ist auf verschiedne Weise
wie man mit Flüssen eins ist an bestimmten Tagen,
die einen streckenweise auf der Reise
nach Hause durch die Jahre tragen.
Und manche müssen unbesehen
und immer wieder unerhört
und groß in ihrem Schicksal stehen,
das so vereinsamt, dass es nicht mal stört,
das einen leiden lässt auf stille Weise,
manche von Kindesbeinen an,
und ebendiese Menschen stehen leise
und immer in der letzten Reihe an,
so als entschuldigten sie sich für ihre Not,
nur um die Glücklichen nicht zu verwirren,
und teilen Liebe, Schmerz und Brot
und lassen sich von allem nicht beirren,
dass man den aufgetragnen Weg beschreitet,
und wissen auch im Leid zu strahlen,
weil sie allein, doch niemals unbegleitet
der Gottheit näher sind und ihren Qualen.
Und wenn sie sterben, gehen sie ganz leise
wie einer, der nur kurz nach draußen geht,
als wär es unverschämt, dass ihre Reise
nun endlich unter einem neuen Zeichen steht.
Zeit der Verwandlung, Zeit zu vergehen,
halte die Stunden fest.
Um aus der Asche neu aufzuerstehen,
bleibe kein dunkeler Rest.
Erst aus der Wandlung wird sich verklären,
was sich dem Tode geweiht,
all die verzehrenden Stunden wären
sonst sinnlos vergeudete Zeit.
Abschied von Tränen und Heldentaten,
Abschied von ich und wir.
Lockre die Erde, halte den Spaten bereit
und versöhn dich mit ihr.
Du liebst und die Naturgewalten
werfen dir ihre Zügel hin.
Die Zeit wird für dich angehalten
und alles blüht in neuem Eigensinn.
Die Welt beschließt, sich wieder neu zu träumen,
und jeder Monat reimt sich nun auf Mai.
Es fallen Federbetten aus den Nadelbäumen
und aus dem Einerlei erwachen zwei.
Die Winde wiehern voll Vergnügen,
weil ihnen du die Peitsche gibst.
Trink nur die Welt in vollen Zügen:
Sie muss einst enden, doch du liebst.
Du liegst so voller Sehnsucht und Vertrauen
in deinen Arm geschmiegt. Ich atme kaum.
Es tut schon gut, dich einfach anzuschauen,
um kurz nur eins zu sein mit deinem Traum.
Du schläfst. Man muss dich nicht bewachen.
Wer so sich schenkt, ist immer gut bewacht.
Du schaffst es selbst im Schlaf, mich anzulachen,
als gäb’s nur uns und keine Niedertracht.
Jetzt weiß ich erst, dass ich mir all die Jahre
verboten hatte, was so glücklich macht,
und es entdeckte sich das Wunderbare
nur kurz als Sternenflimmern in der Nacht.
Das Possenspiel um Abschied, Zwist und Paarung
raubt manchem oft die Lust am Neubeginn.
Was für ein Glück nur, dass ich aus Erfahrung
vielleicht erfahren, doch nie klug geworden bin.
Du schläfst, jetzt kann ich dir’s ja sagen:
ich bin im Lieben gar nicht so versiert.
Geliebt zu werden hab ich gern ertragen.
Statt mich zu führen aber hab ich meist verführt.
Bist du bereit? Wolln wir uns fallen lassen?
Befrein von jeglicher Verlegenheit?
Anstatt uns dem Berechenbaren anzupassen,
erlieben wir uns jetzt die Ewigkeit.
Mutter
Oft schnürte mir die Strenge deiner Liebe
wie eine Last den Hals. Die Tür fiel zu.
Mir war so bang, dass mir für mich nichts bliebe,
vielleicht stiehlt uns das heute noch die Ruh’.
Es tat dir weh, wie ich dich oft verbannte,
um jeden buhlte und dich übersah,
den Süchtigen versucht das Unbekannte,
du warst so selbstverständlich einfach da.
Du warst die Mutter. Die war mein Gewissen.
Was dich bewegte, sah ich lange nicht.
Wie einstmals Gott hab ich dich töten müssen,
jetzt könnt ihr auferstehen im Gedicht.
Es war doch immer nur die eigne Enge,
die mich so oft nicht weiter werden ließ.
Nur so verstummen Verse und Gesänge,
so schwindet der Geschmack vom Paradies.
Du bist dein Eigen. Und nur du
kannst mit kaputtem Rücken gehn.
Die Lügner sehen unbeholfen zu,
die können nicht mal grade stehn.
Da hast du dich schon lang befreit,
wo andre nach
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