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Jeder Hund kann gehorchen lernen

Titel: Jeder Hund kann gehorchen lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Lenzen
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erhalten.
    Den Hund wegzugeben kam nicht infrage, die Brehmes waren bereit zu kämpfen. Mit konsequentem Training bekamen sie ihren Hund so weit in den Griff, dass ein einigermaßen geregelter und entspannter A lltag wieder möglich war: Die beiden zogen eine gemeinsame Linie durch, lasteten Boris durch viel Fahrradfahren a us, fanden einige Hündinnen, mit denen er regelmäßig spielen konnte, und mieden beim Freilauf Orte mit hoher Hundedichte. Doch obwohl die Brehmes ihr Bestes gegeben haben, wird Boris in ihrer Obhut nie ein Hund werden, den man bedenkenlos a uf einer Hundewiese laufen lassen und jederzeit a brufen kann. Zu sehr hat er sich in der Prägephase a ls dominanter Rüde a usgelebt. Deshalb war ich mir ziemlich sicher, dass neue Probleme a uftauchen würden, sobald die Brehmes Familienzuwachs bekämen.
    Als ich Boris nach a nderthalb Jahren Trainingspause wiedersehe, merke ich sofort, dass seine konsequente Erziehung nachgelassen hat. Boris spielt sich schon a n der Wohnungstür a ls Hausherr a uf und zeigt dominante A llüren. Zum Glück nicht so schlimm wie bei unserer ersten Begegnung, a ber a usreichend, um die Brehmes, die kurz zuvor Eltern geworden sind, fast a n den Rande eines Nervenzusammenbruchs zu treiben. Das Baby schläft in der Wiege direkt neben dem Ehebett, Boris wie gewohnt im Wohnzimmer in seinem Körbchen. Immer wenn das Baby a ufwacht und a us Hunger oder einem a nderen Grund zu schreien beginnt – a lso ziemlich oft und mehrmals pro Nacht –, reagiert Boris mit einem Bellkonzert, rennt zur Wiege und springt daran hoch. Wenn das Baby nur leise wimmert, hörbar a tmet oder sich mit irgendwelchen Geräuschen bemerkbar macht (was häufig der Fall ist), a ntwortet Boris mit Dauerfiepen. Nach drei mehr oder weniger schlaflosen Nächten ruft mich Familie Brehme zu Hilfe. »Boris will unsere kleine Tochter beschützen, wenn sie weint«, so ihre Interpretation. Ich beobachte die Situation: Boris will das Baby nicht »beschützen«, er ist irritiert von den veränderten Lebensumständen. Ein neues Rudelmitglied stellt die bisherigen Gewohnheiten a uf den Kopf. Es macht Geräusche, die er bisher noch nie in der Wohnung gehört hat, es bringt unbekannte Gerüche ins Haus und zieht ständig die A ufmerksamkeit von Herrchen und Frauchen a uf sich.
    Herr und Frau Brehme wiederum sind hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, Boris a us Rücksicht a uf die kleine Tochter zu maßregeln, und einem schlechten Gewissen, weil sie nur noch wenig Zeit für ihn a ufbringen. Die Rücksichtnahme a uf das Baby bremst a uch die Hundeerziehung a us: Statt Boris deutlich zu korrigieren, flüstern sie »Aus!«, sobald Boris zu bellen beginnt oder a n der Wiege hochspringt, damit die Kleine nicht gestört wird. Kurz nach der halbherzigen Korrektur wird Boris schon wieder gestreichelt – wenn sie gerade mal eine Hand frei haben.
    Das muss sich nun ändern: Deshalb bekommt Boris in der Wohnung die Leine umgelegt, damit er leicht und schnell zu kontrollieren ist. Familie Brehme muss ihn fortan mit einem kurzen Leinenruck a us dem Handgelenk in Verbindung mit dem Kommando »Nein!« (siehe Kapitel 3, » Mit der Leine a rtgerecht ›beißen‹«) korrigieren, sobald er A nstalten macht, zu bellen oder zu fiepen oder sich in Richtung Baby zu bewegen. Boris soll lernen: Wenn ich mich der Wiege bzw. dem Baby nähere, tut mir das nicht gut. Mir geht’s besser, wenn ich mich fernhalte. Das klappt sehr gut. Nach nur einer halben Stunde Korrektur-Training haben wir Boris so weit, dass er das Baby meidet. A uch Bellkonzerte und Dauerfiepen stellt er a b.
    Familie Brehme bekommt a n diesem Punkt weitere Instruktionen, um das bisher Erreichte zu halten und zu vertiefen: Boris muss in der Wohnung weiterhin die Leine tragen und wird, sobald er bellt oder fiept, mit einem kurzen Leinensignal korrigiert. A ußerdem muss die Familie darauf a chten, dass beim Füttern des Babys kein Essen a uf den Boden fällt, denn die »Beute« des Babys ist für Boris tabu. Ganz wichtig: Die Familie hat für Boris zwar weniger Zeit a ls früher, a ber der Hund darf nicht zu kurz kommen oder a usgeschlossen werden. Die Brehmes sollen (wie a lle Hundehalter mit Kindern!) versuchen, ihren Tag so einzuteilen, dass sie Boris in der ihm zur Verfügung stehenden Zeit so intensiv wie möglich a uslaste n – und ihm a uch die verdienten Streicheleinheiten zu geben, etwa wenn das Baby schläft.
    Sechs Wochen nach dem »Baby weint, Hund bellt«-Notruf

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