Jeder kann mal Robin sein
sich!
»Schließlich haben sie die Idee zu unserem Spiel gehabt«, fuhr Martin fort. »Sie sollen mitreden bei der Wahl, und außerdem ...«
»Ist doch klar«, unterbrach ihn Klaus. »Was sagt ihr zu Robinia Hood? Klingt doch ganz gut, oder?«
Paul runzelte die Stirn. »Soll das ’n Witz sein?
Ein Mädchen könnte uns doch niemals gegen Gisborne anführen!«
»Wir können uns genauso gut wehren wie Robin Hoods Freundin Marian«, erwiderte Tine.
»Meinetwegen. Dann sei eben Marian! Aber Robin Hood kann nur ein Junge sein.«
»Das denkst du!« rief Veronica. »Aber vergiß nicht, daß wir ein Spiel spielen. Da darf jeder mal jeden spielen. Wir Mädchen haben nichts dagegen, wenn du mal Marian bist!«
»Ist ja lächerlich!« Paul stampfte wütend in den Schnee. »Sag du doch auch mal was, Ede!«
»Ich?« Ede runzelte die Stirn. »Wenn ich an Fußball denke, da gibt’s doch überall Damenligas. Neulich haben unsere Mädchen sogar die Schwedinnen besiegt. Und die sind prima. Stellt euch vor, drei zu eins.«
»Du mit deinem Fußball. Bist ’ne richtig schräge Flasche«, rief Paul verächtlich.
»Sag das noch mal!« Ede ballte die Fäuste.
»Laßt den Blödsinn.« Martin trat zwischen die beiden. »Jetzt wird gewählt.«
Paul hob die Hand. »Noch bin ich Robin Hood. Und ich sage euch, wenn ihr ’ne Robinia wählt, mach ich nicht mehr mit.«
»Dann bist diesmal du die Flasche«, warf Ede hin.
Paul bekam einen roten Kopf. »Macht doch eu-ern Dreck alleine!« Er riß die grüne Mütze vom Kopf, löste das Holzschwert vom Gürtel, schleuderte beides in den Schnee und ging mit großen Schritten über den Hof.
Veronica wollte ihm nachlaufen, aber Martin hielt sie zurück. »Diese beleidigte Leberwurst. Laß ihn.«
Tine hob die Schultern. »Was machen wir jetzt?«
»Wir wählen«, sagte Martin. »Macht mal Vorschläge!«
»Also«, Klaus fing an, auf dem Podium hin und her zu gehen. »Also, ich bin für Judy.«
»Ich auch«, rief Veronica. »Hebt die Hände! Wer ist noch für Judy?«
Alle hoben die Hände, alle außer Ede.
Veronica stieß Tine an. »Nanu, was ist denn in den gefahren? Er hat doch versprochen ...«
»Klar.« Judy kicherte. »Er wollte, daß sein Schwarm Robin wird.«
Tine preßte die Lippen aufeinander. »Ihr seid gemein!«
»Ist doch in Ordnung.« Martin klopfte Ede auf die Schulter. »Nun mal raus damit! Was hast du gegen Judy?«
»Überhaupt nichts. Ich weiß gar nicht, was ihr wollt. Ist doch einfach blöd ohne Gegenstimme. Oder sind wir ’ne Hammelherde?«
Judy lachte. »Ich find’s bloß schade, daß Paul abgehauen ist.«
»Der kommt schon wieder. Jetzt im Winter ist es ihm ohne seinen Segelclub viel zu langweilig. Er kann ja nicht den ganzen Tag Seemannsknoten knüpfen.« Martin hob das Holzschwert aus dem Schnee und reichte es Judy.
Sie befestigte es an ihrem Jeansgürtel, während Klaus ihr die grüne Mütze auf den Kopf stülpte.
»Es lebe Robin Hood! Und nun das Lied.«
Die Robinianer rückten näher zusammen, reckten sich, hoben die Köpfe und stimmten ihr Räuberlied an.
Hier ist Robin Hoods Revier,
für die Freiheit kämpfen wir.
Kommt der arge Feind gezogen,
Freunde, spitzt die Eschenbogen.
Unkenglüh und Eulenschrei,
Greenwood macht die Herzen frei.
Schützt die Müden und die Schwachen,
lernen wieder bei uns lachen.
Max schmetterte am lautesten. Ihm war ganz feierlich zumute.
Als das Lied zu Ende war, hätte er am liebsten wieder von vorn angefangen, während Klaus erwartungsvoll zu Tine hinüberblickte. »Und was ist mit ’ner Feier?«
Tine zuckte die Achseln. »Du meinst rote Grütze? Ist heute leider nicht drin bei uns.«
»Gebratene Würstchen wären doch auch nicht schlecht, oder?« Judy streckte den Arm hoch. »Da oben in Greenwoods Lauben winkt uns schon eine der armen Bäuerinnen, die wir vor Gisborne gerettet haben. Wetten, daß sie eine Riesenpfanne auf dem flackernden Feuer hat, in der es wunderbar brutzelt?«
Alle hoben die Köpfe. Oben im dritten Stock links streckte Judys Mutter den Kopf aus dem Fenster und winkte mit einem großen roten Küchenhandtuch.
Ohrenbetäubendes Gebrüll war die Antwort auf das Zeichen. Eine Krähe, die sich auf dem Lattenzaun niedergelassen hatte, fuhr erschrocken auf und flog krächzend davon.
Drei Tage nach der Wahl stand Oma im Wohnzimmer und schaute aus dem Fenster. Unten vor dem Haus trippelte Tine auf und ab. Sie wartete auf Ede, der in ihre Klasse ging. Judy und Veronica besuchten eine andere Schule.
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